Für das zweite Album einer Power-Metal-Nachwuchsband aus dem deutschen Underground kann sich „Masquerading Of The Wicked“ absolut hören lassen. Hat man sich erst einmal an den dumpfen Grundklang gewöhnt, kann man hier eine recht souverän agierende Band erleben, deren Songwriting mit einer Menge guter Ideen aufwartet.
Grundsätzlich hört man den Einfluss von Bands wie GRAVE DIGGER oder den alten HELLOWEEN natürlich deutlich heraus. Die traditionell teutonischen Metal-Traditionen werden jedoch mit zart progressiven Anklängen gewürzt, ein Faible für epische Klänge ist nicht zu überhören. Dabei überzeugt vor allem der Abwechslungsreichtum, für den der variable Gesang von Frontmann Dirk Schmitt und das versierte Riffing von Gitarrist Dave Brixius sorgen.
Die teilweise etwas billig klingenden Keyboard-Sounds wurden relativ weit in den Hintergrund gemischt, wo sie mit wechselndem Erfolg und ausgiebigem Tonleiter-Geklimper die vereinzelt hörbaren Klanglöcher zu stopfen versuchen. Hier besteht noch Entwicklungsbedarf.
Thematisch reitet man mal auf Biker-Klischees herum („Turning Wheels“), mal gibt man sich politisch („Captured“), in jedem Fall sind die Texte aber durchdacht, so dass man über vereinzelte sprachliche Holprigkeiten gerne hinweghört. Aus der Reihe tanzen das gesprochene Zwischenstück „Can You Hear Them?“ und das Mantra-artige Outro „Life“ mit seinen sphärischen Akustik-Klängen.
Zu den Highlights zählt das hymnenhafte „Shrouded“ mit seiner ohrwurmigen Refrainmelodie. Dieses wird jedoch von dem Herzschmerz-Song „Bleeding Hearts“ in den Schatten gestellt, das nicht – wie es der Titel argwöhnen lassen könnte – als kitschige Ballade daherkommt, sondern als Gothic-lastiges Stück, das dezentes SISTERS OF MERCY-Flair atmet und mit etwas Phantasie so etwas wie der weniger düstere Bruder von deren „Temple Of Love“ sein könnte.
Als kleine Starthilfe hat man sich unter anderem IRON SAVIOR-Kopf Piet Sielck und Bernd Aufermann (ex-RUNNING WILD) ins Boot geholt, die mit ihren Beiträgen ein Album abrunden, dass auch ohne ihre Mitwirkung bestehen könnte. Die Band hat definitiv eine Menge Potential, dass es in der Zukunft noch weiter auszuschöpfen gilt. Genre-Fans dürfen aber auf jeden Fall ein Ohr riskieren.
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