Earth Ship - Withered

Review

Galerie mit 16 Bildern: Earth Ship - Dudefest 2019 Part II

Vier Jahre, drei Alben. Die Berliner Sludge-Rabauken EARTHSHIP sind wahrlich fleißige Zeitgenossen. Und das, obwohl man auch im Vorfeld des neuen Langeisens „Withered“ wieder einmal ein munteres Stühlerücken innerhalb der Band veranstaltet hat: Mit Florian Häuser an den Kesseln und Marcel Schulz an der Sechssaitigen begrüßte die Band jüngst zwei Neuzugänge. Allerdings ist lediglich Drummer Florian in zwei der neuen Songs zu hören („Veil Of Gloom“, „Emerald Blades“), den Großteil der Platte zimmerte die alte Besetzung ein.

Denkt man an EARTHSHIP, denkt man vor allem an Eines: Überraschungen. Denn nach dem doch recht sperrigen Erstling „Exit Eden“ (damals zählte noch ein gewisser Herr Staps zum Lineup) folgte mit „Iron Chest“ eine ziemliche Walze – roh, geradlinig und immer fröhlich-konsequent in die Magengrube. Das war seinerzeit vielleicht nicht ganz die verquere Frickel-Kost, die sich so mancher (THE OCEAN-)Fan nach dem verschachtelten Debüt erhofft hatte. Und auch der internationale Durchbruch (nur der Teufel weiß, warum) blieb der Band verwehrt. Man hätte daher durchaus erwarten können, dass die Mannen aus der Hauptstadt auf ihrem dritten Werk versuchen, auf den derzeit hippen Retro-Zug aufzuspringen und zwischen Tür und Angel erneut acht oder zehn neue Bolzen zusammenschroten – mit Halbresonanzklampfen, Groove, Gebell und ein bisschen Dreck dabei.

Allein, dazu ist es nicht gekommen. Denn „Withered“ stellt sich schnell als erneute Überraschung heraus – mit viel mehr Tiefgang, Schwere und Eigenständigkeit als das auf dem Vorgänger-Werk der Fall war. Zum einen präsentieren sich die Songs etwas weniger Riff-lastig, vielmehr sind es komplex gestrickte Brocken, die es erst einmal zu fassen gilt, bevor sie ihre Mächtigkeit vollends entfalten. Zum Zweiten bietet die Scheibe die bis dato abwechslungsreichste Gesangs-Performance des EARTHSHIP-Katalogs, was unter anderem zur Folge hat, dass die Berliner mal als fies-düstere Doom-Walze, mal als bietrunkene Stoner-Zausel daherkommen.

Zu den Songs im Einzelnen: „Sanguine“ eröffnet die Scheibe zunächst mit dröhnenden Klampfen, schleppt sich in der Folge zu brachialen Vocals zäh und ruppig voran, wobei eine dissonante, kalte Gitarrenmelodie für fast schon morbiden Charme sorgt. Bei „Serpent Cult“ machen die Erdmatrosen dann Ernst und lassen zum ersten Mal den Hammer kreisen: Der Groove des Tracks lässt die Hosenbeine ordentlich flattern – zwischendurch unternimmt die Nummer zudem immer wieder Ausflüge in krautige Stoner-Rock-Gefilde der Marke RED FANG. Als Farbtupfer fungiert der durige Schlusspart, der stetig behäbiger wird und schließlich rumpelnd zum Stillstand kommt. Ziemlich dick, das Ganze.

Das folgende „The Garden“ wiederum ist einer der etwas weniger spektakulären Tracks der Platte – ganz im Gegenteil zu den Highlights im weiteren Verlauf: Da wären das markante „Dead Faint“, welches merklich in Richtung angesprochener RED FANG und auch MASTODON schielt, die vehemente Dampframme „Veil Of Gloom“, das fett groovende und vor allem gesanglich bemerkenswerte „Lament Of Torment“ sowie der mit getragenen Klavierklängen beginnende Titeltrack, der sich bald zur erbarmungslosen Abrissbirne steigert. Das mit wütender Hardcore-Attitüde vorgetragene „Emerald Blades“ rundet die Scheibe schließlich in starker Manier ab.

Fazit: EARTHSHIP bestätigen erneut, dass sie eine der eigenständigsten und kreativsten Kapellen der deutschen Metal-Szene sind. Lobend zu erwähnen ist sicherlich der auch überzeugende Sound von „Withered“, den Fronter Jan Oberg im heimischen Studio weder zu altbacken-reduziert, noch mit übertrieben viel Hochglanz gestaltet hat. Vor allem aber ist die Scheibe authentisch: Jeder Ton, jedes Riff transportiert die Hingabe, die in dieses Werk geflossen ist. Bei aller Sympathie für die Berliner: Sicherlich setzen Oberg und Kollegen mit „Withered“ keine neuen Maßstäbe. Aber sie sind ehrlich, mitreißend und glaubhaft – Attribute, die zweifelsfrei nicht jeder heutzutage für sich beanspruchen darf.

18.09.2014

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