E-L-R - Vexier

Review

Der Start als Band hätte für das Schweizer Trio E-L-R sicherlich kaum besser laufen können. Nach dem ersten Demo direkt ein Vertrag bei Prophecy Productions und 2019 ein durchaus erfolgreiches Album-Debut mit „Mænad“, dem allenthalben mindestens Potential attestiert wurde. Danach teilte die Post-Metal- bzw. Doomgaze-Formation natürlich das Schicksal aller Kapellen, die sich erst in jüngerer Zeit gegründet haben. Lockdown, lange Live-Pause und damit wenig Möglichkeiten auf sich aufmerksam zu machen. Also wurde aus der Not mal wieder eine Tugend gemacht – man zog sich zurück und feilte massiv am eigenen Songwriting. Konnte das Trio auf „Vexier“ also die Kritikpunkte an „Mænad“ ausmerzen?

E-L-R – Grundrezeptur unverändert

Die Grundrezeptur ist auch auf dem neuen Album erst einmal prinzipiell unverändert. Wechsel zwischen Post-Rock und metallischen Passagen und ein Gesang, der eher als Singsang im Hintergrund funktioniert. Hier wird aber auch bereits der erste Unterschied deutlich: Obwohl der Stil gleich geblieben ist, zeigen sich die Vocals auf „Vexier“ deutlich präsenter und vor allem durch die chorartigen Passagen noch atmosphärischer.

Wie sorgt man ansonsten für mehr Spannung in einem Genre, in dem feinste Nuancen darüber entscheiden, ob ein Album durchschnittlich ist oder eben doch aus der Masse herauszuragen vermag? Darüber haben sich E-L-R vermutlich gar keinen Kopf gemacht, sondern einfach zwingendere Riffs geschrieben. Dabei sind die Genregrenzen dieses Mal noch fließender gestaltet. Egal ob rockig, doomig oder teilweise sogar im Black Metal schrammelnd, all diese Inspirationen fließen auf „Vexier“ spielerischer zusammen und schaffen gemeinsam mit der mystisch-beschwörerischen Atmosphäre viel häufiger fesselnde Passagen als auf dem Vorgänger.

Auch der Aufbau der wieder oft überlangen Songs gestaltet sich variabler, so wird nicht konstant auf ewig ausladende, reduzierte Intros gesetzt sondern auch mal direkt packend losgelegt, wie z.B. zu Beginn von „Seeds“. Richtig spannend wird es dann mit den bereits erwähnten schwarzmetallisch angehauchten Passagen, wie z.B. in „Fleurs Of Decay“ oder in der zweiten Hälfte des Mammut-Songs „Foret“. Die gab es zwar auch schon auf dem letzten Werk, aber auch hier fügt sich das stets hoch melodische Tremolo-Picking einfach deutlich besser in den Gesamtsound von E-L-R ein.

Zwingenderes Songwriting – „Vexier“

Außer einem ausgewogeneren Sound, der sich vor allem in Sachen Drums deutlich heraushören lässt, machen E-L-R auf „Vexier“ gar nicht so viel anders als auf „Mænad“. Schamanischer Gesang, teilweise repetitive Riffs, Elemente aus allen Post-irgendwas Subgenres und ganz viel Atmosphäre. Den entscheidenden Unterschied macht definitiv das deutlich zwingendere Songwriting – und das obwohl die Spielzeit der einzelnen Songs definitiv nicht kürzer geworden ist.

Durch eine bessere Verknüpfung einzelner Einflüsse und mehr Abwechslung an den richtigen Stellen entfaltet „Vexier“ eine deutlich stärkere Sogwirkung und schafft es besser, trotz Parallelen zwischen den einzelnen Songs, dauerhaft zu fesseln. Dafür tut der kraftvollere Mix sein übriges, der im Übrigen trotzdem nie überladen klingt und damit die Naturverbundenheit, die E-L-R ausdrücken wollen, gekonnt unterstreicht. Definitiv ein kleines Jahres-Highlight für alle Post-Metal-Freunde.

21.03.2022

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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