Dungeons & Dragons - Dragonlance. Im Schatten der Drachenkönigin
Review
DUNGEONS & DRAGONS verfügt als ältestes Rollenspielsystem der Welt über zahlreiche Spielhilfen und Ergänzungsbände. Dazu gehören bereits seit den Anfängen Erweiterungsmodule mit vorgefertigten Abenteuern aber auch ganzen Spielwelten. Am bekanntesten davon sind wahrscheinlich die Vergessenen Reiche, doch auch die Welt Krynn aus „Dragonlance“ hat viele Fans, nicht zuletzt dank zahlreicher begleitender Romane. Die darin beschriebene Invasion der Drachenarmeen auf dem Kontinent Ansalon kann durch diesen Band in Teilen am Spieltisch miterlebt werden.
Was ist denn dieses „Dragonlance?“
„Dragonlance. Im Schatten der Drachenkönigin“ ist nun das Update dieser Spielwelt für die 5. Edition von DUNGEONS & DRAGONS. Diese Einordnung gibt das Buch selbst jedoch nicht, denn nicht nur fehlt ein einleitendes Vorwort, sondern jegliche Erwähnung bisheriger „Dragonlance“-Veröffentlichungen. „Fluch des Strahd„, der aktuelle Band zur Spielwelt „Ravenloft“, verfügt hingegen über eine solche Einleitung, die von Tracy Hickman verfasst wurde.
Eben jener Tracy Hickman war es auch, der vor gut 40 Jahren die Welt von „Dragonlance“ für den damaligen D&D-Verlag TSR gemeinsam mit seiner Frau Laura kreierte. Danach verfasste er gemeinsam mit Margaret Weis zahlreiche „Dragonlance“-Romane. die dazu beitrugen, dass die Spielwelt zu einem millionenschweren Franchise wurden.
Als es jedoch um das Update für die 5. Edition und vor allem neue Romane in der Spielwelt ging, kam es bald zu einer rechtlichen Auseinandersetzung zwischen Hickman & Weis und dem aktuellen D&D-Verlag Wizards of the Coast. Der Verlag zeigte sich offenbar nicht mit den neuen Romanentwürfen des Duos einverstanden und lehnte diese ab, woraufhin Hickman & Weis Schadensersatz forderten. Die Romane erscheinen nach einer Einigung nun schließlich doch noch, aber in „Im Schatten der Drachenkönigin“ werden die prägenden Kreativen des Franchise und ihre bisherige Werke vielleicht gerade deswegen nicht mehr erwähnt.
Eine gebrochene Welt
Ohne Vorwissen mag „Dragonlance. Im Schatten der Drachenkönigin“ aufgrund dieser fehlenden Einordnung wie eine komplette Neukreation erscheinen. Tatsächlich hat man es aber mit einer sehr dicht beschriebenen Fantasy-Welt samt umfassender Hintergrundgeschichte zu tun. Krynn wurde vor einigen Jahrhunderten durch einen gewaltigen Kataklysmus verwüstet, mit dem die Gottheiten der Welt vor allem die hochmütigen Priesterkönige des Imperiums von Istar bestrafen wollten. Danach wandten sie sich völlig von den Sterblichen ab und überließen diese ihrem Schicksal.
Zum Zeitpunkt von „Im Schatten der Drachenkönigin“ haben sich die Völker des Kontinents Ansalon zwar noch nicht vollständig von den Auswirkungen des Kataklysmus erholt, leben inzwischen aber verhältnismäßig friedlich und stabil in kleineren Nationen, Stadtstaaten oder freien Siedlungen. Das Buch konzentriert sich in seinen Beschreibungen auf die Region rund um die Stadt Kalaman, die zum Zentrum der Abenteuer in diesem Band wird.
Zweckmäßige Beschreibungen zur Kriegsvorbereitung
Der Rest der Welt ist bruchstückhaft oder gar nicht beschrieben. Selbst die Informationen über Kalaman sind zu dürftig, um sich zum Beispiel eigene Abenteuer in der Gegend auszudenken. Nein, der erste Abschnitt des Bandes ist ganz und gar zweckmäßig gedacht und liefert nur die grundlegenden Informationen, die zum Spielen der Kampagne nötig sind. Immerhin läuft die Spielleitung dadurch nicht Gefahr, sich in Details zu verzetteln und kann sich ganz auf die Hauptstory konzentrieren.
Mit dabei sind natürlich auch angepasste Regeln zur Charaktererschaffung. Nicht jedes der Völker aus dem regulären DUNGEONS & DRAGONS-Spielerhandbuch ist auf Krynn verfügbar. Anstelle von Halblingen gibt es zum Beispiel die tollkühn-frechen Kender. Kleriker und Paladine können trotz abwesender Gottheiten gespielt werden. Zu Beginn der Kampagne erhalten sie im Rahmen einer Vision ihre Zauberfähigkeiten und sind danach als absolute Ausnahmen die Herolde ihrer Gottheiten.
Schlachten „im Schatten der Drachenkönigin“
Die grundlegende Story der Kampagne, in deren Verlauf die Charaktere von Stufe 1 bis Stufe 11 aufsteigen werden, kann spoilerfrei und knapp zusammengefasst werden. Die Armeen der Drachenkönigin, die tatsächlich aus sehr vielen echten Drachen bestehen, sind auf dem Kontinent Ansalon eingefallen und haben bereits das Land Nordmaar erobert. Doch da die örtliche Infrastruktur immer noch unter den Auswirkungen des Kataklysmus leidet, bekommt man in der benachbarten Region Kalaman nur Gerüchte darüber mit.
Die Spielfiguren können sich also ganz gemütlich bei der Beerdigung eines gemeinsamen Freundes im Dorf Vogler kennenlernen, dabei erste Anzeichen der Invasion entdecken, diese aber natürlich nicht abwenden und finden sich schnell in den ersten Scharmützeln wieder. Sie begleiten Flüchtlinge in die Stadt Kalaman, fallen durch weitere Heldentaten der Obrigkeit auf, übernehmen schließlich gehobene Verantwortung, werden auf Missionen außerhalb der Stadt geschickt und können nach vielen Abenteuern schließlich einen wichtigen, wenn auch nicht entscheidenden Sieg gegen die Drachenarmee erringen.
Derart zusammengefasst mag die Story formelhaft und dröge wirken, doch sie steckt voller guter Ideen und spannender Szenen. „Im Schatten der Drachenkönigin“ erzählt eine epische Geschichte am Rande eines noch epischeren Konfliktes, voller Wendungen und Emotionen, angetrieben durch Verrat und Freundschaft, ständig begleitet von der bitteren Realität des Krieges. Hinzu kommt, dass die undurchsichtigen Drachen und ihre Diener eine weitaus spektakulärere Bedrohung darstellen, als jede Horde Orks das jemals könnte.
Peak „Railroading“
Untypisch für DUNGEONS & DRAGONS ist der Handlungsspielraum der Charaktere dabei stark eingeschränkt. Außerdem enthalten die Abenteuer viele NSCs, die ganz eigene Geschichten durchlaufen, die ebenfalls vorgegeben sind und nicht beeinflusst werden können. Im Wesentlichen geht es von Szene zu Szene, wie mit einem Zug, der auf festgelegten Schienen fährt.
Deswegen sprecht man in diesem Zusammenhang von „Railroading“, bei dem die Spielfiguren die Handlung so wenig wie möglich beeinflussen sollen, entsprechend häufig trotz aller Anstrengungen doch zu spät irgendwo ankommen, die Einstellungen von NSCs trotz Magie und einem hohen Überreden-Wert nicht ändern können, die Schlachten nun einmal so ausgehen wie vorgegeben.
Dies liegt daran, dass „Im Schatten der Drachenkönigin“ eben keine gänzlich neue Geschichte erzählt. Die Kampagne spielt im Fahrtwasser der Romane von Hickman & Weis, die bereits vor Jahrzehnten erzählt haben, wie dieser Konflikt ausgeht und wer am Ende den Oberbösewichten den Garaus macht.
Dennoch handelt es sich hierbei um sehr gut gelungenes Railroading. Wer sich beim Rollenspiel gerne von einer guten Geschichte mitreißen lassen möchte und deswegen zum Beispiel die eng an den Metaplot gebundenen Kampagnen des Systems DAS SCHWARZE AUGE schätzt, wird mit diesem Ausflug nach Krynn vollauf bedient. Wer hingegen solche Eisenbahnfahrten meidet wie der Teufel eine STRYPER-Platte, sollte um diesen Band einen Bogen machen.
Vom Schlachtfeld zur Schnitzeljagd
Allerdings beinhaltet „Im Schatten der Drachenkönigin“ selbst für Railroading-Fans einige Mängel. Gerade zu Beginn fängt die Kampagne die Atmosphäre verzweifelter Schlachten gut ein. Es sind sogar Bodenpläne der jeweiligen Schlachtfelder enthalten, allerdings nicht in entsprechender Größe um kopiert und am Spieltisch sinnvoll genutzt werden zu können. Auch die Illustrationen sind sehr gut und zeichnen ein intensives Bild des heldenhaften Überlebenskampfes.
In der zweiten Hälfte sind die Spielfiguren seltener auf Schlachtfeldern, sondern häufiger in Dungeons unterwegs. Diese kleinen und größeren Schnitzeljagden bringen zwar Abwechslung in die Handlung, nehmen ihr aber gerade gegen Ende auch den Schwung. Das Finale fällt schließlich sehr bombastisch und unterhaltsam aus, ruft der Spielrunde aber letztlich doch ins Gedächtnis, dass sie trotz aller Mühen eben nur einen kleinen Teil des Konfliktes miterleben, dabei aber nicht beeinflussen konnten. Sie waren eben nur „Im Schatten der Drachenkönigin“ unterwegs und haben ihr nicht selbst gegenübergestanden.
Epische, aber auch passive Heldentaten
Unterm Strich beinhaltet dieser Band eine gute, gradlinige Kampagne. Diese strotzt vor epischen Momenten und ist fantastisch illustriert. Gegen Ende nutzt sich das Gefühl ab, gegen einen übermächtigen Gegner alles in die Waagschale zu werfen. Denn aufgrund der eng vorgegebenen Handlung rückt die Spielrunde zunehmend in eine passive Rolle, was sie zu Getriebenen werden lässt.
Auch die fehlende Einordnung in bisherige „Dragonlance“-Veröffentlichungen wirft die Frage auf, warum man sich nicht ohnehin für eine völlig neue Geschichte entschieden hat, die mehr Freiheiten und vor allem mehr Tiefe geboten hätte. Alternativ hätte auch eine umfangreiche Weltbeschreibung, mit deren Hilfe eigene Abenteuer auf Krynn hätten gestaltet werden können, Sinn ergeben. Trotzdem bietet „Im Schatten der Drachenkönigin“ eine gute Rollenspiel-Kampagne vor dem Hintergrund eines beginnenden Krieges in einer trotz aller Standards immer noch frisch wirkenden Fantasy-Welt.
Holt die Drachen zu dieser Musik vom Himmel: TRAVELER – Prequel to Madness / VANAHEIM – Een Verloren Verhaal / SENTRY – Sentry
Würfeln und blättern, statt lauschen und headbangen – In der Rubrik „Dice ‚em All“ stellen wir euch ausnahmsweise keine Musik vor, sondern Rollen- und Brettspiele.
Dungeons & Dragons - Dragonlance. Im Schatten der Drachenkönigin
Band | |
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Wertung | |
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Stile | Rollenspiele |
Anzahl Songs | 0 |
Spieldauer | |
Release | |
Label | Wizards of the Coast |