Dronning Maud Land - Bedlam

Review

Bekanntlich ist manch Musik wie ein jähes Wurmloch in eine weit zurückliegende Ära der eigenen Biografie… Kaum waren einst Sturm und Drang mit Krachigem aus der Bay Area bewältigt, war da plötzlich Zeit für verträumte Besinnung: Die DREADFUL SHADOWS und SECRET DISCOVERY lösten alte Platzhirsche ab dank machtvoller Atmosphäre, gemessener Besonnenheit und vor allem kolossaler Melodie, in der noch Jahre später intensive Erinnerungen konserviert sind. – Was jedoch Mitte der Neunziger unter dem Namen „Gothic Rock“ noch als selbstbewusster Zweig am Stamm der Pathos-verliebten Gothic-Szene gedeihte, schien mit dem alten Millenium gänzlich verwelkt; die Szenegrößen fast gänzlich untergegangen oder im großen Chartsstrom erodiert. – Knapp vier Jahre nach dem letzten Lebenszeichen dieses düsteren Phänomens jedoch öffnen Dronning Maud Land mit „Bedlam“ eine gut erhaltene Konserve – die allerdings arg nach einem naturbelassenen Eintopf beider oben genannter Leitgestirne mundet. Noch länger eingemottet als ihre gesamte Heimatszene (das letzte Werk „Maelstrom“ liegt bereits 9 Jahre zurück!) entmumifizieren die sechs Bonner anno 2003 das Genre mit unbefangener Treue zum Original, angefangen beim ausgezeichneten Gesang, unverkennbarem Chorus-Gitarrensound und noch nicht endend beim spartanischen, aber ausreichenden Drumming. Auch wenn der Funke bei den bemühten Melodien und charakteristischen Dreadful-Shadows-Harmonien noch nicht gänzlich überspringen will, ist es dennoch nicht das, was mir das Album trotz allem Bestreben so durchlässig und temperamentlos erscheinen lässt – vielmehr ist es das stetige, anstrengende Gefühl, Musik zu lauschen, die sich mit ihren Vorbildern anlegt, doch gleichzeitig nur in deren Schatten zu existieren und sich musikalisch nicht abzugrenzen vermag. – Auch wenn es mir schwer fällt, allen Emotionen, die ich mit dieser Musik verbinde, die Tür zu weisen: Diese Musik wirkt wie eine warmherzige Kopie, wie ein gelungenes, durchaus expressives Remake der „Buried Again“-Ära – nicht aber wie ein eigenständiges, modernes Werk einer eigenständigen Band, das es doch offensichtlich sein will.

05.11.2003
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