DRIFT & DIE aus Schwäbisch Hall sind eine der größten Überraschungen des Jahres und dürften, wenn es auch nur ansatzweise nach Plan läuft, bald zu den größten Hoffnungen der deutschen Rock-Welt gehören. Ich habe keine Ahnung, warum von Seiten des Labels ein NICKELBACK-Vergleich angeführt wird, gerecht wird das der Musik jedenfalls nicht. Während sich nämlich sich Chad Kroeger und Co. bereits ein Plätzchen im lieblichen Mainstream-Zuckerpop/Rock gesichert haben, klingen DRIFT & DIE eher wie eine Reinkarnation von SOUNDGARDEN und Co. Es sind ganz große Namen, die einem in den Sinn kommen, wenn man sich „Back To Paradise“, das umwerfend gute Debüt der Schwaben anhört. Dass mangels Budget und Weltruhm hier noch nicht Alles auf Hochglanz poliert klingt, ist vollkommen klar, lässt aber umso deutlicher erkennen, in welche Richtung der Wind weht, der sich durchaus langsam zu einem unbändigen Orkan zusammenbrauen könnte.
„Nowhere“ ist der furiose Opener, der mit Riffgewalt und hartem Rockvibe ein wenig an jene Bands einnert, die sich ab der zweiten Hälfte der Neunziger einer erneuerten Form des Grunge-Sound annahmen, in punkto Rohheit und vor Allem auch bezüglich des Gesangs streift man ein wenig am Debüt von CREED. „Part Of You“ klingt wie SOUNDGARDEN zu „Superunknown“-Zeiten, der Text ist noch ein wenig arg platt (die Lyrics sind das einzige wirklich nennenswerte Manko der Scheibe), die Musik aber ist großartig. Ehrliche, emotionale Rockmusik mit exakt dieser Atmosphäre, dieser SABBATH- und ZEPPELIN beeinflussten Frühneunziger-Schule, hört man heutzutage viel zu selten. Wie toll das alles ist.
Aber es gibt ja noch viel mehr: „White Flag“ tönt ruhiger, „Loose And Leave“ beginnt mit einem ALTER BRIDGE-artigen Intro und mausert sich dann zu einem schmutzig-rohen Straßenrocker, der ein wenig den Spirit von MOTORJESUS atmet und zudem mit einem mitreißenden Refrain gesegnet ist. „Scars“ ist dann wieder ein wenig grungiger, „Come This Day“ ebenfalls, Schwäbisch Hall ist heute Deutschland’s Seattle. Dazu gibts bluesig-metallische Riffs, Sänger Sascha geht teilweise ähnlich leidenschaftlich wie Eddie Vedder zu Werke. Dessen Einzigartigkeit erreicht er freilich (noch) nicht, aber wer erwartet das auch von einer dermaßen jungen Band? Beim Titelsong (die Gitarren!), und „XxX“ wirds dann wieder härter. Wieder sind die Texte vor Allem des letztgenannten Songs ein klein wenig arg klischeehaft, aber egal, denn hier regiert zum ersten Mal der Spaßfaktor. Und es funktioniert, Nachdenklichkeit und Lebensfreude können sehr wohl nebeneinander bestehen. Am Ende steht mit „Solitary Place“ noch eine Ballade, die mit teils mehrstimmigen Gesang überzeugt und auch in punkto Kreativität meilenweit aus dem Underground hervor ragt. DRIFT & DIE atmen die Essenz des amerikanischen Rock, klingen nicht nach miefiger deutscher Provinz sondern nach elend langem Highway, nach Einsamkeit und Suche nach Freiheit, aber vor Allem nach Hingabe zu ehrlicher und mitreißender Musik.
DRIFT & DIE werden es sicherlich schaffen, die kleineren Schwachpunkte, wie die angesprochenen textlichen Ausrutscher und den stellenweise etwas zu sehr in den Vordergrund gemischten Gesang, auszumerzen. Vielleicht kann da schon ein erfahrener Prouducer helfen, der weiß, wie man die Quintessenz der Band auf ein noch höheres Niveau hieven kann. Wenn das gelingt, und dazu drücke ich alle Daumen, dann wird uns diese Band bald von den ganz großen Bühnen der Welt grüßen. „Back To Paradise“ ist Pflicht für jeden Rockfan, der sich jetzt angesprochen fühlt, und DRIFT & DIE verdienen euren Support. Von wegen der deutsche Undergrund hat nichts mehr zu bieten.
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