Dresh-A-Peel - Tonic Agent

Review

Freitag 15 Uhr, B 65, Nähe Hannover. Regen, notorische 80-Fahrer mit „Ich-bremse-auch-für-Mücken“-Mentalität, zärtliche Annäherung an die Stoßstange – dann Stauende, Vollbremse, der Wackeldackel begrüßt die Windschutzscheibe. „Fick Dich doch ins Knie, Du Sau!!!“ HAARGH !!! Strafanzeige: Nötigung, Beleidigung. – So oder ähnlich könnte das Ergebnis aussehen, wenn man den Fehler begehen sollte, sich der progressiven Hardcore/Newmetal-Hölle von Dresh-A-Peel im Straßenverkehr emotional gänzlich auszuliefern. Rohe Härte, Aggression und schier unendliche Ausdauer sind die Attribute, die einem beim Inhalieren des Werkes dieser vier BerlinerInnen entgegenschlagen. Gegen diese Kraft scheint kein Kraut gewachsen, selbst die immer wieder auf arglistiges Säuseln und cleanen Gesang zurückgeschraubten Vocals (für Melodie ist gesorgt!) vermögen ihre Sturmlust auch so kaum zu verbergen – ohnehin brechen sie im nächsten Moment wieder in hirnmarterndes Schmettern, ersterbendes Gurgeln oder wahnsinniges Schreien aus, oft unterstützt und ergänzt durch vollendenden, mehrstimmigen Background-Gesang. Insgesamt lässt dieses vokale Inferno am ehesten Erinnerungen an Sepultura, Slipknot oder Soilwork zu. Auch die instrumentale Basis steht solch großen Vorbildern in wirklich nichts nach; im Gegenteil überzeugt man in Behändigkeit und unerwarteter Dynamik des Songwritings teils mehr als die bekannte Konkurrenz. Da wird hier mal ein Takt gekrümmt, dort eine Synkope durchgedrückt, ansderswo in Triolen geknüppelt. Der Basssound wurde ultraaggressiv produziert (würde der konservative gemeine Metaler weibliche Kraft als Urheber vermuten?), die Bassdrum ist ein Hieb ins Verdauungsviertel, die Snare gibt von oben mächtig auf die Glocke – hierfür ist die sensitive Brutalität von Drummerin Sabine verantwortlich. Ferner springt einem die Gitarre rücksichtslos an die Kehle, die genre-typischen Halbton-Donnerriffs werden begrünt durch allerlei Läufe und Flageoletts, und schließlich bahnt die mächtige Produktion der Musik mit aller Gewalt den Weg in jeden Kopf. Man kann dieser Band nur wünschen, dass sie den Verlust ihres mittlerweile ausgestiegenen Sängers Jörg verschmerzen kann und in dem „Neuen“ namens Pero würdigen Ersatz findet. Auf der kommenden EP wird dieser seinen Einstand geben. Bis dahin werde ich mich auch weiterhin von der auf diesem Werk hinläglich gebotenen Aggression vereinnahmen lassen und schlurchige Sonntagslenker auf den Mittelstreifen fluchen – Geil geil geil!!! (Song-Download unter (Link))

05.06.2001
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