Dreadful Shadows - Beyond The Maze

Review

Undeutliche Laute, Stimmen in weiten Räumen. Trommeln, dort ein unwirkliches Flüstern, ein Rauschen, das Klirren gefrorener Blätter, dumpfe Schreie in der Dunkelheit. Dann hebt sich ein tiefer Choral aus dem kuttenverhangenen Dunkel, die Schläge werden rhythmisch, es kristallisiert sich eine Geige aus dem Nebel, es fügt sich etwas zusammen – und schließlich erhebt sich ein glasklarer Chor in Moll, der Rest der entrückten Welt verstummt. – So etwa lässt sich das viereinhalbminütige Intro „Crusade“ illustrieren, eine phantastische Fremde von undefinierbaren Urlauten, verdichtet hin zu klarer Melancholie voller Tiefe. Das folgende „Fall“ lässt alsbald keinen Zweifel an der angestrebten Rockability der Songs: Ein amtlich strebsamer 4/4-Treiber, dazu eine rockig fulminante Gitarre gießen das Fundament für eine Fülle an Weite verleihender Instrumentierung; dazu gehört neben dem eigentümlichen Klang der akkustischen Gitarre eine wunderschön eingebetteten Violine. Das alles in seinen Bann ziehende Kunstwerk jedoch ist von Beginn an das gewaltige Organ von Sänger und Multiinstrumentalist Sven Friedrich, das meistenteils in einer ruhevollen Milde die Songs beherrscht, in seiner unendlichen Tiefe den Zuhörer fesselt und wie ein Rauhreif sich über alle Facetten der musikalischen Vielfalt legt und auf geheimnisvolle Weise bindet. Nur in wenigen Momenten scheint wie aus einem anderen Ich Friedrichs ein leidvoller Wehschrei den Friede zu durchbrechen, die „Figures Of Disguise“ zu Tage zu treten. Wahrlich übertreffen jedoch tun sich die fünf Berliner mit „Ties Of Time“. Das einleitende Streicherensemble weicht auch der einsetzenden Akkustikgitarre nicht von der Seite, die infinite Klanggröße Friedrichs nun bettet sich weich auf diesen Federn, weich genug um in voller Pracht schließlich einen Refrain zu erschaffen, der die Augen schwimmen lässt, Emotionen in beispielloser Intensität regiert. – Es folgt das in klaftertiefem Bariton beschwörende, erdenruhige „Craving“; Stücke wie „The Drowning Sun“ und vor allem „Desolated Home“ hingegen fächern das gesamte Soundvolumen auf, das auch nicht, wie in diesem Genre oft gehabt, den Einsatz wuchtiger Gitarren scheut und dadurch wesentlich an harter Seriosität gewinnt. „Burning The Shrouds“ zuletzt stellt eine fulminante Schlussrunde dar, einen Orgasmus von Chören, Melodie und Wucht! Entlassen jedoch wird der Hörer erst mit dem Titeltrack „Beyond The Maze“, einem verträumten Nachruf auf das Gehörte, ein halbreales Requiem am Ende eines unauslöschlichen Kapitels der Gothicrock-Geschichte.

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17.01.2001

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16 Kommentare zu Dreadful Shadows - Beyond The Maze

  1. Watutinki sagt:

    Die Band ist für mich das Beste was in Sachen Gothic Rock jemals das Dunkel der Welt erblickt hat. Zwar finde ich den Vorgänger noch ein gutes Stück besser und persönlicher, weil Beyond The Maze mir teilweise schon etwas zu professionell daherkommt, aber beide Alben haben eine fette 10/10 verdient!
    Sven Friedrich ist gesanglich einfach eine Wucht und Solar Fake zwar kein DS Ersatz, aber defintiv mehr Gothic, als 95 % von dem, was sich heutzutage Gothic nennt.

    10/10
  2. Stormy sagt:

    „Die Band ist für mich das Beste was in Sachen Gothic Rock jemals das Dunkel der Welt erblickt hat“

    ROFL

    5/10
  3. Cynot sagt:

    „„Die Band ist für mich das Beste was in Sachen Gothic Rock jemals das Dunkel der Welt erblickt hat“

    ROFL“

    LOL

    10/10
  4. nili68 sagt:

    Hm.. naja, geht so. Gibt Besseres, z.B. London After Midnight, The Sisters Of Mercy (klar, musste kommen), Eva O.. und nein, Fields Of The Nephilim nicht, die sind langweilig.

    5/10
  5. MetalGerhardt sagt:

    Da habe ich nach dem starken „Buried Again“ mehr erwartet.
    Treu geblieben ist man sich im Hinblick auf ein hörspielartiges, überlanges Intro, danach lässt „Fall“ erstmal hoffen, doch was sich dann in der Mitte abspielt, hätte ich so nicht erwartet. Die Songs werden sehr ruhig, haben nichts mehr mit Rock zu tun und mir persönlich war das echt zu kitschig/schnulzig. Erst mit „Desolated Home“ und „Burning the Shrouds“ haben mich die Jungs dann wieder bekommen, denn die Härte steht ihnen sehr gut und diese Songs sind nochmal echte Highlights.
    Das Album ist schon wirklich sehr gut gemacht, trifft mit seinen vielen ruhigen, relativ kitschigen Tönen aber meinen Geschmack nicht so richtig. Nicht, weil ich keine Balladen mag, sondern einfach weil der Band Rock/Metal besser steht. So geht’s zumindest mir. Deshalb auch nur 6 Punkte!

    6/10
  6. Watu sagt:

    Deslotaed home ist für mich die DS Hymne. Kriege jedes mal Gänsehaut, wenn ich den Song über Kopfhörer höre.

    Existiert heute dieser Grufties Sound/Vibe eigentlich in Großem und Ganzen noch oder ist das auch in erster Linie ein Relikt aus vergangenen Jahrzehnten? Und wenn nicht, woran liegt das? Zumindest mir kommt dieses kaum noch in die Quere.

  7. MetalGerhardt sagt:

    Keine Ahnung, ob es den noch gibt, aber wer da sucht, findet bestimmt noch irgendwas mit den entsprechenden Vibes. Dafür bewege ich mich dann allerdings zu wenig in der Szene und höre eher bekanntes Zeug wie „End of Green“, „The 69 Eyes“ usw. Denke aber schon, dass dieses Feeling, welches du meinst, eher mit früheren Produktionen verbunden werden kann.

  8. Watu sagt:

    Ja, aus meiner persönlichen Sicht ist das traurig. Für mich war das schon immer das Nonplusultra der „Schwarzen Szene“, dieser Gruftie Vibe, alles andere sehe ich als eher Kompromiss an, wenn man es nicht besser hinbekommt. Wahrscheinlich wieder puristisches Denken, aber wenn man mir das auch hier nachsagt, kann ich damit leben. Dieses Klassik-Bombast Zeugs hat doch meiner Meinung nach nichts mit einer „Schwarzen Szene“ zu tun.

  9. nili68 sagt:

    >Für mich war das schon immer das Nonplusultra der „Schwarzen Szene“<

    OMG wie unterschiedlich man das doch wahrnehmen kann! Das ist keine Kritik an deiner Aussage. Für dich stimmt das so, aber es ist immer wieder "faszinierend" wie unterschiedlich Menschen doch sind. Das hat mich glatt reflexartig dazu veranlasst, diesen unsinnigen Kommentar zu verfassen.. da es doch so viel Besseres in dem Bereich gibt. 😀 No hate, peace out. 😉

  10. Watu sagt:

    „da es doch so viel Besseres in dem Bereich gibt. 😀 No hate, peace out. 😉“

    Meinst jetzt die Dreadful Shadows oder was genau?

  11. nili68 sagt:

    Die sind doch für dich das Nonplusultra.. oder meintest du die Szene generell? *verwirrt sei*
    Man sollte vielleicht auch nicht noch nebenbei YouTube laufen haben.. 😀

  12. ultra.silvam sagt:

    „Die Band ist für mich das Beste was in Sachen Gothic Rock jemals das Dunkel der Welt erblickt hat“

    Das ist schon mal eine wuchtige Aussage wenn man bedenkt was sich sonst ganz objektiv betrachtet so in dem Genre tummelt/getummelt hat… Is jedenfalls für mich keine Band die ich unter den Top50 des Genres aufführen würde, aber gut.

  13. Zauberelefant sagt:

    Also, wenn ich ein Genre benennen müsste, das tot ist, dann würde mir wohl als erstes Gothic einfallen. Was sicher nicht wirklich stimmt, aber ich tue mich sehr schwer nach den 1980ern noch künsterlisch relevantes zu erinnern.
    69 Eyes waren schon eine Art Retro-Band imho, und deren Aufstieg ist schon 25 Jahre her.
    Aber passiert noch was im Gothic Rock?

  14. Watu sagt:

    „Die sind doch für dich das Nonplusultra.. oder meintest du die Szene generell? *verwirrt sei*“

    Ja, der Gruftie Vibe halt, generell. Der hat mich damals fasziniert und das ist eigentlich auch das Einzige, was ich unter Gothic verstehe.

    „Das ist schon mal eine wuchtige Aussage wenn man bedenkt was sich sonst ganz objektiv betrachtet so in dem Genre tummelt/getummelt hat… Is jedenfalls für mich keine Band die ich unter den Top50 des Genres aufführen würde, aber gut.“

    Ich schrieb ja bewusst für mich. Es gibt da sicherlich größeres, bekannteres etc., für mich persönlich ist es der Höhepunkt. Vor allem hat es so eine eigene, persönliche Gruftie Note, es will damit nur eine bestimmten Typ von Hörern ansprechen. Daher auch die teils polarisierenden Bewertungen, meine ich.
    Natürlich kann man demgegenüber einige alte Klassiker auffahren, aber ob das ein wirklich fairer Vergleich wäre.

    Mich würde besonders interessieren wie das Leute sehen, die Bruied again eine 10 und Beyond The Maze mind. eine 9 vergeben würden. Kennt ihr besseres? Ich nicht.

    „Also, wenn ich ein Genre benennen müsste, das tot ist, dann würde mir wohl als erstes Gothic einfallen.“

    Und warum ist das deiner Meinung so? Hat sich die Musik einfach weiterentwickelt? Oder war die Gruftie Szene einfach am Ende angekommen? Und wenn ja, wieso?

  15. Zauberelefant sagt:

    Einerseits denke ich, dass die „Schwarze Szene“ sowieso ziemlich eklektisch zusammengesetzt ist – Gothic (Rock) ist da ja nur ein Baustein neben EBM, Industrial, Metal, Mittelalter, Folk, experimentellem Zeug, etc.
    Insofern geht’s dieser Szene vermutlich besser als dem Subgenre Gothic Rock – und jenes finde ich einfach, wie den frühen Punk auch, ziemlich limitiert in Ausdruck und muskalischen Mitteln.
    „Tot“ ist dann auch nicht 100% zu verstehen, Fans gibt es ja offenbar immer noch, also gibt’s die Musik auch noch, aber die Popularität und Bindungskraft, die etwa Souxie and the Banshees oder die Sisters hatten, das ist halt perdu.
    Und ja, Gruftie war auch eine Mode, und Moden wechseln. Thrash Metal war auch mal „das Ding“ und ist heutzutage entweder stark verändert oder wird als Nischen/Liebhabergenre gepflegt. Für Gothic würde ich dann etwa Lord of the Lost als populäre Band mit Gothic Einfluss sehen – aber Gothic Rock sind die auch nicht (mehr).

  16. Watu sagt:

    „Subgenre Gothic Rock – und jenes finde ich einfach, wie den frühen Punk auch, ziemlich limitiert in Ausdruck und muskalischen Mitteln.“

    An den Punkt hatte ich auch schon gedacht. Eine sinnvolle Weiterentwicklung zu erreichen, ohne den Grufties Sound/Vibe zu verlieren, scheint schwierig bis kaum möglich zu sein. Vielleicht ist das sogar der entscheidende Grund. Schaut man sich das am Beispiel der Dreadful Shadows an, die haben mit The Cycle den Versuch unternommen sich weiterzuentwickeln und dabei nicht nur großteils den Gruftie Sound verloren, sondern auch deutlich an Klasse. Offenbar führte das dann auch zu einer Selbsterkenntnis und später zur Auflösung.

    „Für Gothic würde ich dann etwa Lord of the Lost als populäre Band mit Gothic Einfluss sehen – aber Gothic Rock sind die auch nicht (mehr).“

    Ehrlich? Also von dem Gruftie Sound/Vibe vernehme ich da null. Aber Du meintest das jetzt auch auf den modernen Gothic Sound bezogen.
    Ich würde mich da lieber an Katatonia krallen. Ich denke der Dark Rock/Metal von heute kommt dem Gruftie Vibe von früher vielleicht noch am nächsten, besitzt heute aber eine stark alternative Note und wirkt dadurch für mich glatter.