Drab Majesty - Modern Mirror

Review

Mit unserer Rubrik Synth or Die haben wir ja bereits die seit einigen Jahren schon sehr populäre Synthwave-Bewegung aufgegriffen… Neonfarben, Palmen, 80er, Miami Vice Flair, das sind die ersten Verortungspunkte in dieser sich herrlich in Retromanie suhlenden Musik. Im Metal war diese Retromanie ebenfalls nie weg, wie man ja an zig Kapellen, die fröhlich den 70ern, 80ern und 90ern in jeglicher Richtung, egal ob Heavy, Stoner, Doom oder Death, frönen und sich größter Beliebtheit erfreuen, ahnen kann.

DRAB MAJESTY sind aber gewissermaßen neu. Es gab auch schon Pop-Reviews hier oder Tellerrandblicke in andere Richtungen, aber Synthpop wie diesen gab es meines Wissens nach noch nicht. Seit 2011 existiert das Projekt aus Los Angeles, erdacht von Multiinstrumentalist Deb DeMure (Andrew Clinco), der neben seiner vorigen Alternative-Rock-Band MARRIAGES eine neue Spielwiese brauchte. Seit 2016 wird DeMure live und auch auf den neuen Alben von Mona D (Alex Nicolaou) an Keyboard und mit Gesang unterstützt.

Die Musiker kombinieren androgyne Gestaltung ihrer Alter Egos auf der Bühne und in den Videos mit ihrem retro-futuristischem Sound, den sie selber „Tragic-Wave“ getauft haben. Nach einer in Eigenarbeit aufgenommenen und veröffentlichten EP namens „Unarian Dances“ (2012) wurde Dais Records auf das Projekt aufmerksam. Bislang sind hier die zwei Alben „Careless“ (2015) und „The Demonstration“ (2017) erschienen. Manch ein Metalhead mag sogar vielleicht über die Split „Who taught you how to love?“ mit KING DUDE oder deren gemeinsame Tour schon von dem Duo gehört haben.

Nun steht mit „Modern Mirror“ also ein neues Werk ins Haus. Und das hat es konzeptionell in sich: Es wird die alte Narzissus-Sage von Ovid an unserer heutigen Gesellschaft zwischen Facebook, Influencern und allgegenwärtigem Hedonismus erneut aufgearbeitet. Aufgenommen und produziert wurde passenderweise dabei auch in Athen.

„Modern Mirror“ zeigt uns einen Spiegel…  musikalisch aus den 80ern, textlich aus alten griechischen Sagen

Nun zu sagen, dass DRAB MAJESTY mit ihrem luftigen und familiärem 80er Sound, der sich aus flächigen Synthies, Gitarren mit reichlich Reverb und Snares mit viel Hall, sowie butterweichen Refrains nährt, erst mal die „schöne alte Zeit“ wieder aufleben lassen, ist wahrlich „Eulen nach Athen tragen“. So viel anders als ihre unzähligen Mitbewerber tut die Band auch nicht. Allerdings haben sie ein gutes Gespür für nachhaltige Melodien und wissen auch, bis zu welchem Schmerzpunkt man diese noch wiederholen kann und darf.

Obwohl von den verarbeiteten Ideen die Songs nicht sehr viel dichter als der durchschnittliche Popsong ausgestattet sind, bringen DRAB MAJESTY es fertig, diese weit über Pop-Songlänge zu strecken und nicht langweilig werden zu lassen. Symptomatisch ist das nur von leichten Synthies unterlegte Intro „A Dialogue“, welches vier Minuten sein Grundmotiv nicht ändert, aber trotzdem traumwandlerisch sicher „Modern Mirror“ einläutet.

„The Other Side“ nimmt sich mit sechs Minuten durchaus viel Zeit und variiert minimal Elemente, um die Sache noch spannend zu halten. Die erste Single „Ellipsis“ ist im besten Sinne wunderbar poppig und remineszent an den alten Synth-Pop der vergangenen Tage, samt natürlich in passendem Look daher kommendem Video.

„Noise of the Void“ und  „Dolls in the Dark“ werden stellenweise schön melancholisch und langsam und bringen einen Stimmungswechsel auf „Modern Mirror“ mit sich. „It is the Emptiness“ heißt es in ersterem – indeed. Diese „Emptiness“ macht sich bei Songs wie „Long Division“ oder auch „The Other Side“ bei zu häufiger Repetition leider manchmal eben bemerkbar… Ein wenig mehr an musikalischen Ideen wäre da über die Lauflänge durchaus drin gewesen.

Das positive Gegenbeispiel ist Rausschmeißer „Out of Sequence“, der sich langsam aufbaut und wächst und wächst und das schale Gefühl des „Schon-mal-gehört-habens“ über 8 Minuten gekonnt unterdrückt,  ja sogar beinahe schon unverschämt „metallisch“ mit verzerrten Gitarren in den Äther wieder entlässt.

„Two modern minds won’t say what they want to/ To push a button in real time“ – DRAB MAJESTY lullen klanglich ein und sind textlich verloren unterwegs

So simpel sich die Musik beim ersten Anhören macht, so mehr Feinheiten stecken in den programmierten Drums, aber auch etwa Bassläufen, die man nur durch wiederholtes und aufmerksames Zuhören herauskitzelt. Das belohnt mehrere Durchläufe und macht DRAB MAJESTY für die nächste Party, aber auch für einen gemütlichen Abend unter den Kopfhörern kompatibel und interessant.

Allein – großartig Überraschungen oder kompositionelle Meisterleistungen wird man auf „Modern Mirror“ eher weniger finden. Dazu ist das Album in seiner Laufzeit von einer Dreiviertelstunde dann doch etwas zu gleichförmig. Der Vorgänger „The Demonstration“ war im Ausbrechen in andere (elektronische) Pfade da doch ein wenig gewagter und interessanter, „Modern Mirror“ ist im Vergleich ein wenig auf Nummer sicher komponiert und bedient die Klischees des Genres dann ein wenig zu sehr.

Somit bleibt „Modern Mirror“ eine Verbeugung vor den 80ern im hin und wieder Gothic-gefärbten New/Synthwave, die eigenständig genug ist, um nicht im Pulk unterzugehen, aber auch ein wenig Potential liegen lässt. DRAB MAJESTY sind das perfekt durchgestylte Produkt: Sound und Image bedingen sich gegenseitig und werden bei Fans der Schaffensphase sicher als authentisches Abbild ankommen.

Aber hat das Bild auch Substanz und sollte es sich mit zu viel Substanz vielleicht sogar auflösen? Für alle Liebhaber dieser Schaffensperiode oder auch Bands wie THE CURE, NEW ORDER, DEPECHE MODE und Ähnlichen sei ein Reinhören, -lesen und -sehen in „Modern Mirror“ empfohlen. Auch weiter Interessierte können gern ein Ohr riskieren. Ob damit der Synthpop nun zurück kommt oder DRAB MAJESTY ihn nun gewinnbringend bereichern, mag dahingestellt werden… dass kaum eine Band ihn momentan so stilsicher inszeniert, ist jedenfalls nicht abzustreiten.

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30.07.2019

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1 Kommentar zu Drab Majesty - Modern Mirror

  1. deadhouse sagt:

    Nicht so start wie „The Demonstration“, aber immer noch führend wenn es um Post Punk geht.

    9/10