DOWNFALL OF GAIA haben das vergangene Jahrzehnt sehr gut genutzt. Ursprünglich dem crustpunkigen DIY-Sektor und diversen Jugendzentren entspringend, veröffentlichten sie ihr Debüt “Epos” 2010 auf einem Indie-Label und stehen seit dem hervorragenden 2012er-Nachfolger “Suffocating In The Swarm Of Cranes” beim Branchenriesen Metal Blade unter Vertrag. Dabei buhlten DOWNFALL OF GAIA nie um Massengeschmack. Im Gegenteil: Aus den anfänglich noch stärker von Post Metal und Crust inspirierten Songs wurde mit der Zeit ein expressionistisches Gebräu aus Crust, Post Metal, Sludge, gelegentlichem Shoegaze und in den letzten Jahren immer häufiger Black Metal. Dabei beeindruckte stets auch die Regelmäßigkeit, mit der die Band neue Alben veröffentlichte und sich anschließend als außerordentlich überzeugende Live-Band profilierte. Das Album, an dem sie in Zukunft gemessen werden könnten, legen die quasi-Norddeutschen allerdings erst in diesem Jahr mit “Silhouettes Of Disgust” vor.
DOWNFALL OF GAIA zeigen der Menschheit den Finger
Waren Seelennöte und Depressionen auf “Atrophy” (2016) und Nihilismus auf “Ethic Of Radical Finitude” (2019) die vorherrschenden Themen bzw. Geisteshaltungen, so scheinen sich DOWNFALL OF GAIA auf “Silhouettes Of Disgust” dem delikaten Thema der Misanthropie zu widmen. Anlass dazu gibt es in der realen Welt gewiss genügend und das Thema passt grundsätzlich hervorragend zur insgesamt eher lichtarmen Musik der Truppe. Musikalisch hingegen gibt sich das Quartett so urwüchsig wie seit seinen ersten beiden Alben nicht mehr. Heißt, es gibt auf “Silhouettes Of Disgust” erkennbar weniger Black-Metal-Anteile als auf den letzten beiden Alben; dafür hören sie sich umso giftiger an. Kontrastiert werden diese von überraschend straighten und erdigen Crust- und D-Beat-Parts, die sie schon länger nicht mehr im Programm hatten, aber die Wurzeln der Band symbolisieren. Augenblicklich fühlt man sich an Konzerte mit zu vielen Leuten und einer Mini-PA in winzigen, modrigen Kellern Alternativer Jugendzentren erinnert und erwischt sich häufiger beim rhythmischen Fäusteschütteln. Der markante Opener “Existence Of Awe” und das großartige “While Bloodstreams Become Rivers” sollen an dieser Stelle als Beispiele dienen.
Mit diesem Esprit ist dem Album ein gewisser Rahmen gegeben, der es zum rundesten und bisher komplettesten aller Alben von DOWNFALL OF GAIA macht. Denn trotz dieser grundsätzlichen Ausrichtungen scheut sich die Band nach wie vor nicht, nach links und rechts auszubrechen. Ob es die stimmungsvollen Gothic-Elemente in “Bodies As Driftwood” sind oder der Gesang von Gastsängerin Lulu Black (THIS IS OBLIVION) in “Eyes To Burning Skies” sind (was den Song etwas in die CELTIC-FROST-/TRIPTYKON-Ecke drängt) – die Elemente sind zurückhaltend eingesetzt und stimmig zusammengeführt, sodass “Silhouettes Of Disgust” entgegen seiner düsteren Themen recht harmonisch wirkt. Großartig ist auch der tiefschwarze Hassbatzen “Final Vows”, der in seinen manischen Eruptionen latent an das letzte Album von WIEGEDOOD erinnert.
“Silhouettes Of Disgust” versaut euch den Frühling auf die schönste Weise
Ein Album, das von solch mannigfaltig negativen Empfindungen geprägt ist, ist vielleicht nicht unbedingt der optimale Soundtrack für den sich anbahnenden Frühling. Fans wissen allerdings, dass sie von DOWNFALL OF GAIA üblicherweise keine besonders leichtfüßige, heitere Musik zu erwarten haben. Für die richtige Gefühlslage, die von Melancholie über Weltschmerz bis zu manifester Verzweiflung reichen kann, haben sie allerdings die perfekte Begleitmusik erschaffen und veröffentlichen mit “Silhouettes Of Disgust” das Album, das alle bisherigen, stets guten bis sehr guten Veröffentlichungen der Band ziemlich alt aussehen lässt.
Freue mich sehr auf das komplette Album! Die veröffentlichten Songs gefallen mir bis jetzt alle.