Down - Diary Of A Mad Band
Review
Es brauchte seit ihrem großartigen und längst zum Klassiker des Sludge-Genres beziehungsweise New-Orleans-Sounds avancierten, so treffend betitelten Debüt „NOLA“ doch tatsächlich 15 lange Jahre, bis DOWN mit einer Live-Veröffentlichung aus den Sümpfen Louisianas um die Ecke kommen.
Vorstellen muss man die Band mit Supergroup-Charakter und Kult-Faktor dabei eigentlich nicht mehr, besteht sie doch aus Mitgliedern der insbesondere aufgrund ihrer Anfang der Neunziger Jahre entstandenen Werke einflussreichen und bekannten Formationen PANTERA (Phil Anselmo, Rex Brown), CORROSION OF CONFORMITY (Pepper Keenan), CROWBAR (Kirk Windstein) und EYEHATEGOD (Jimmy Bower).
DOWNs „Diary Of A Mad Band“ ist ein umfangreiches 2-CD/DVD-Live-Paket geworden – leider wieder einmal im ungeliebten Digipak, das im Vergleich zu anderen Formaten besonders schnell von Gebrauchsspuren wie Fettabdrücken, Kratzern und eingekatschten Ecken verschandelt ist.
2006, vier Jahre nach Veröffentlichung ihres zweiten Albums, rafften sich DOWN ohne Label und sonstige Unterstützung im Rücken zu ihrer ersten Europa-Tournee auf und fanden darüber als Band wieder zusammen. Neben den Bonus-Kaspereien „Tyrades And Shenanigans“ bietet die DVD in der Hauptsache eine 130-minütige Konzertcollage, die sich aus während eben dieser Tour etwa in Hamburg, Köln, Glasgow, Oslo oder auf dem Download-Festival gedrehten Schnipseln und kurzen, die üblichen Eindrücke und Blödeleien (Männertitten-Vergleich oben ohne und Ähnliches) bietenden Interview- und Backstage-Zwischensequenzen zusammensetzt. Zu Beginn gibt es dann auch gleich den Hinweis, dass es sich bei dem nun folgenden Film um eine Hommage an Konzertfilme der 70er Jahre – etwa LED ZEPPELINs „The Song Remains The Same“ – handelt. Dementsprechend wird das gesamte Material im Format 4:3 und einer alles andere als optimalen Bildqualität inklusive Rauschen fast in Youtube-Konzertmitschnitt-Manier geboten. Das dadurch entstehende amateurhafte und schlammig-schmutzige Flair kann man entweder als zu DOWN passend begrüßen oder man stellt die Frage, was zuerst da war – die Idee, die Sache so umzusetzen, oder vielleicht doch eher das qualitativ nicht gerade berauschende Material?
Als ein wirkliches Manko muss man bei der Collage-artigen, Liedschnipsel und Auftrittsfetzen zusammenschusternden Machart aber in Kauf nehmen, dass Audiospuren über nicht passenden Bildspuren liegen, als Folge beispielsweise Töne gegriffen werden, die gerade gar nicht gespielt werden oder die Musiker wie von Geisterhand plötzlich mitten im Lied ihre Klamotten gewechselt haben. Echter Konzert-Genuss sieht anders aus.
Da die Aufnahmen schon von 2006 stammen, gibt es zwar nichts vom Drittwerk “Over The Under“, dafür wird mit den Klassikern „Lifer“, „Hail The Leaf“, dem an BLACK SABBATHs „Planet Caravan“ angelehnten „Jail“, dem absoluten Über-Hit „Bury Me In Smoke“ und sechs weiteren Nummern fast das komplette Debüt aufgefahren und mit „Lysergik Funeral Procession“, „The Seed“ oder „New Orleans Is A Dying Whore“ auch genügend Material – insgesamt sieben Stücke – vom zweiten Album „Down II: A Bustle In Your Hedgerow“ von 2002 geboten.
Anders als die Lieder von diversen Konzerten aus verschiedenen Städten versammelnde DVD, enthalten die beiden CDs das komplette, gut zweistündige 2006er-Konzert der Southern-Sludge-Truppe aus London. Die Tracklist der CDs weicht dabei minimal von jener der DVD ab, bei Erstgenannten fehlt nämlich mit „There’s Something On My Side“ eine Nummer vom zweiten Album.
Phil Anselmos singt hier zwar in Anbetracht der Live-Umstände und Tour-Strapazen insgesamt noch akzeptabel, dennoch tönt er oft nicht so kraftvoll und treffsicher wie auf den Studioalben (man höre nur das ziemlich verhunzte „Jail“) und manche Ansagen laden doch mitunter arg zum Fremdschämen ein. Abgesehen von diesem Makel aber können die sehr dynamischen Kompositionen des Quintetts zwischen hartem Metal und Bluesrock-Wurzeln ihre Wirkung bei gutem, authentisch grobem Sound entfalten und die energiegeladene Stimmung transportieren.
Ein pralles Live-Dokument für Augen und Ohren ist „Diary Of A Mad Band“ schon, aber kleine und ein bißchen größere Mängel – etwa die aufgrund des Potpourri-Charakters des Konzertfilms nicht immer gegebene Deckungsgleichheit von Bild und Ton bei der DVD und qualitativ schwankender Gesang bei den beiden CDs – machen die Veröffentlichung zu einer nicht restlos überzeugenden Angelegenheit.
DOWN-Kenner haben die gebotenen Stücke zwar sowieso als (qualitativ bessere) Studio-Version zu Hause in der Sammlung stehen, bekommen aber immerhin Mehrwert in Form eines für sie interessanten, atmosphärischen Konzertfilms (in streitbar „dreckiger“ Umsetzung) und einer kompletten Live-Performance auf CD geboten. Neulinge können bei diesem Live-Best-Of-Paket der ersten beiden Alben zugreifen, sind aber mit dem immer noch ungeschlagen guten Debüt, dass sie sich früher oder später sowieso zulegen werden, wahrscheinlich zunächst besser bedient.