THE CRANBERRIES hatten ihren grössten Hit zweifelsfrei mit „Zombie“ und ich erinnere mich, dass das 1994er Album „No Need To Argue“ monatelang in meinem CD-Player rotierte, vor allem wegen diesem einen Song und der eindringlichen und einzigartigen Stimme von Dolores O’Riordan, die mit gefühlter Ehrlichkeit im Ausdruck schlichtweg wohlige Gänsehaut verursacht. Nach insgesamt fünf Alben löste sich die Band 2002 zu meinem Bedauern schliesslich auf. Fünf Jahre sind seitdem vergangen und nun liegt das erste Soloalbum der ehemaligen Frontfrau, Sängerin und Songschreiberin der THE CRANBERRIES vor.
„Are You Listening?“ erfüllt alle Wünsche in Hinblick auf ein geniales Rockalbum und enthält gleich mehrere potentielle Hits. Die markante Stimme von DOLORES O’RIORDAN und ihr Faible für wunderschöne, ausdrucksstarke Songs sorgen aber auch dafür, dass es kaum auffallen würde, wenn einer der Songs auf einer CD der THE CRANBERRIES veröffentlicht würde. Dennoch ist „Are You Listening?“ nicht das selbe in Grün, sondern geht sehr viel weiter und wildert manchmal sogar in Metal-Gefilden! Vier Jahre hat sich O’Riordan für dieses Album Zeit genommen, was man auch hört, und liess sich dabei insbesondere von ihrem privaten Leben inspirieren.
So handelt der Opener und zugleich die erste Singleauskopplung „Ordinary Day“ zum Beispiel von der Geburt ihrer Tochter Dakota. Die Melodie geht direkt ins Ohr und schon nach einmaligem Hören bekommt man sie nicht mehr aus dem Ohr. Locker-leicht geht es mit „When We Were Young“ weiter, wobei hier die akustischen Gitarren dominieren. Metal-lastig geht es bei „In The Garden“ zu, wobei diese Nummer sicherlich auch auf einem EVANESCENCE-Album gepasst hätte. Sehr aussergewöhnlich geht es dann mit Panflöten und Pianoklängen im Song „Human Spirit“ weiter, wobei die Panflöten schon etwas gewöhnungsbedüftig sind, aber in Verbindung mit den Lyrics („Don’t let life consume you, it could eat you up inside…“) eine besondere Art irischer Melancholie zaubern. „Stay With me“ schliesslich ist einer der Songs, die auch auf einem Album der THE CRANBERRIES hätten veröffentlicht werden können, sehr rockig aber leider viel zu durchschnittlich für dieses vielseitige Soloalbum. Ein weiteres Highlight ist das merkwürdig versponnene, zunächst ruhige „Black Widow“, in dem Dolores den Tod ihrer Schwiegermutter verarbeitet. Mit stakkato-artigen Metalgitarren wird der Schmerz der Sängerin eindrucksvoll verdeutlicht und durch die Streicher am Ende des Liedes hört man die Spinne förmlich krabbeln. Creepy! Interessanterweise erinnert das folgende „October“ an LINKIN PARK. Doch auch solche Rhythmen stehen O’Riordan ausgesprochen gut.
Mit diesem stark rockenden, manchmal poppigen aber auch Metal-lastigen Album hat sich O’Riordan definitiv freigeschwommen, obwohl man sie durch ihre Stimme auch weiterhin mit den THE CRANBERRIES in Verbindung bringen wird. Im Endeffekt ist „Are You Listening?“ ein sehr persönliches und vor allem kreatives Album geworden und offenbart die Seelenwelten einer Musikerin, die zu einer gewissen Ausgeglichenheit ohne Zeitdruck zurückgefunden hat.
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