Dødsengel - Bab Al On

Review

Die Norweger DØDSENGEL gehörten noch nie zu den Easy-Listening-Bands des Black Metals. Wieder fünf Jahre nach dem Vorgänger “Interequinox” hat das Duo aus der Küstenstadt Ålesund weiter an der schwarzmagischen Formel geschraubt und präsentiert mit dem inhaltlich stark von Aleister Crowley beeinflussten “Bab Al On” einerseits die logische Weiterentwicklung des Vorgängers, andererseits eine hörbare Neuausrichtung. In beiden Fällen bedeutet das verkopften Black Metal mit selbst auferlegtem intellektuellen Anspruch, der gerne mal mit Konventionen stereotyper Erwartungshaltungen bricht.

“Bab Al On” – Hypnotisch und rituell

Zwar wird der Ansatz reduzierter, minimalistischer Kompositionen im gemäßigten Tempo beibehalten; im Gegensatz zum schmutzig-verwaschenen Sound von “Interequinox” inszeniert sich “Bab Al On” mit einer sehr aufgeräumten, differenzierten Produktion, die räumliche Größe ausstrahlt und von einigen älteren Classic-Rock-Produktionen beeinflusst scheint. Auf Raserei und Ekstase wird zumeist verzichtet, stattdessen kommen viele Songs erneut in geradezu doomigem Schreiten daher. Gemeinsam mit den schon immer markanten, aber höllisch kranken Vocals von Kark und den stolzen 75 Minuten Spielzeit scheint es, als ob die Platte das Publikum mit voller Absicht vor eine Geduldsprobe stellen wöllte.

Der Schlüssel ist wohl Offenheit. Lässt man sich auf die Widerhaken der Musik und den philosophischen Überbau der Texte ein, weiß “Bab Al On” zu begeistern. Wenn DØDSENGEL im höheren Drehzahlbereich agieren, wie in “Bursting As Boils From The Backs Of Slaves” oder “Hour Of Contempt”, strahlen sie pure Macht aus. Die hypnotischen Tracks der Marke “Waters Of Unravelling” oder “The Lamb Speaks” können hingegen eine dichte Stimmung aufbauen und passen tatsächlich zum rituellen Feeling des Albums. Ja, auch wenn wir natürlich wissen, dass die Erwähnung von “Ritualen” im Kontext Black Metal in den letzten Jahren mehr als nur prätentiös überstrapaziert wurde. Geschmackssache bleiben wiederum Spielereien mit sakralen Elementen (“Agnus Dei”) oder Ambient-Einsprengsel, wie sie den Opener “In The Beginning” nach weniger als der Hälfte merkwürdig zerstückeln. Da gibt es gegenwärtig hinglänglich Bands, die beweisen, wie es souveräner geht.

DØDSENGEL bleiben hermetisch

Verschwenden wir gar nicht erst Zeit, uns zu fragen, ob wir vielleicht auch nur zu doof sind, um Teile der Platte intellektuell zu erfassen und ob diese Irritationen einen tieferen Sinn verfolgen, der nur Eingeweihten zur Verfügung steht. Auch das würde zu “Bab Al On” und einer Band wie DØDSENGEL passen. Im Großen und Ganzen funktioniert “Bab Al On” wirklich gut als Metal-Abum. Es wäre nur schön, wenn sich wieder mehr Bands – insbesondere im Black Metal – bewusst werden würden, dass sie genau das erschaffen sollten und keinen neuen esoterischen Geheimorden.

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11.12.2022

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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