Dodecahedron - kwintessens

Review

„Mein Black Metal hat zwölf Flächen“, nein das ist nicht sonderlich eingängig, ebensowenig sind DODECAHEDRON was für zwischendurch. Die Niederländer lassen ihren unbarmherzigen, düsteren Black-Metal-Strudel einmal mehr über sämtliche Hörer hereinbrechen. Ominöse Orgelklänge, albernes Hexengelächter und was der Fundus an Horrorklischees noch so hergibt, das alles ist Kindergeburtstag im Gegensatz zur vertonten Dunkelheit, die das Quintett auf ihrem zweiten Full-Length-Album „kwintessens“ entfesselt.

DODECAHEDRON beschwören ein geordnetes Chaos herauf

Die Niederländer leisten dem Befehl zum Chaos Folge, den 2007 MAYHEM gegeben haben, und das zum zweiten Mal in voller Länger und zum zweiten Mal beängstigend effektiv. DODECAHEDRON haben scheinbar großen Wert darauf gelegt, das Anti-Album aufzunehmen. Die Atmosphäre kommt hier vor allem durch das kontrollierte Chaos zustande, das die Band mit dissonanten Math-Riffs, gespenstischen Synthesizern und auch Behelfs des Sounds hervor beschwören. Der lässt die Konturen der Gitarren gekonnt verschwimmen. So wirken die Riffs fast so, als wären sie eine unheimliche Monstrosität aus dem Lovecraft-Kosmos, die man nicht erblicken kann, ohne den Verstand zu verlieren. Gleich das dem Intro folgende „Tetrahedron – The Culling Of The Unwanted From The Earth“ ist ein schönes Beispiel hierfür. Die Gitarren steigen sämtliche, chromatische Skalen herab, als wollten sie eine Abwärtsspirale in Richtung Wahnsinn darstellen. Nur gegen Ende zeigt sich ein fahler Hoffnungsschimmer, der natürlich im folgenden Track gleich wieder relativiert wird.

Die Band hält sich auch nicht gerade zurück, sondern schlägt ihre Haken mit einer enormen Aggressivität in das Fleisch des Hörers hinein. Diese zwingende Präsenz des Sounds zeigt sich natürlich einerseits in der tadellosen, straffen Spielweise der Musiker, die auf einem wahnsinnigen Niveau zocken. Die Grooves sitzen teilweise derart tight, sodass sie das Album gelegentlich Tech-Death-Luft schnuppern lassen. Doch auch in den geradlinigen Passagen, etwa gegen Ende von „Hexahedron – Tilling The Human Soil“, drücken die zermürbenden Gitarren gnadenlos nach vorne. Atmosphärische Verschnaufpausen sind geschickt alle drei Tracks eingestreut. Doch sie spielen der düsteren Untergangsstimmung eher in die Karten, anstatt erlösende Erholung zu versprechen. Auch „Dodecahedron – An Ill-Defined Air Of Otherness“ lockt den Hörer mit pulsierenden, geradezu eufonischen Synthesizern. Dann aber brechen die schwarzen Gitarren-Wogen über die vermeintliche Idylle herein. Und in der Folge prallen diese beiden Stimmungen kompromisslos aufeinander, begleitet von M. Eikenaars krankhaftem Gesang.

Vertonte Finsternis, nichts für Romantiker

Und überhaupt quetscht M. Eikenaar auch das letzte Quäntchen Hoffnung aus dem Hörer heraus. Abgesehen von ominösen Chören, die etwa bei „Octahedron – Harbinger“ auf- und abtauchen, liefert er passend zur Musik eine höchst aggressive Darbietung. Bei „Dodecahedron – An Ill-Defined Air“ überschlägt sich seine Stimme gar. Das klingt dann schon sehr nach dem oben erwähnten MAYHEM-Album.

Was dieses hier vorliegende Album noch besser gemacht hätte, wären fließende Übergänge zwischen den Tracks. Dadurch wäre „kwintessens“ noch zwingender geworden, als es ohnehin schon ist. Dennoch haben DODECAHEDRON ein beachtliches Folgewerk zu ihrem Debüt kreiert. Denn das hier ist der konsequente Gegenentwurf zu all den Horror-Klischees, mit denen manch andere Bands um sich schmeißen und damit eher einer schrulligen Geisterbahn gleichkommen. „kwintessens“ ist vertonte Dunkelheit, nichts für Romantiker und ein geradezu beängstigendes Werk geworden, das die Eldritch Horrors lieber durch Musik darstellt, anstatt nur über sie zu reden/singen. Show, don’t tell. Quod erat demonstrandum.

Mehr darüber, wie das Album entstanden ist und weshalb der Dodekaeder jenseits des Bandnamens so eine wichtige Rolle spielt, erzählten uns M. Eikenaar und M. Nienhuis im ausführlichen Interview.

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09.03.2017

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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2 Kommentare zu Dodecahedron - kwintessens

  1. Herr Schobel sagt:

    ja und ja….das ist ein ‚enormes‘ Album….ich kann mich nicht erinnern in fern letzten Jahren etwas so abgedreht düsteres gehört zu haben…richtig krass und richtig richtig gut

    9/10
  2. Schraluk sagt:

    Hell Yeah. Ebenfalls mit das Beste was im Jahr 2017 rauskam. Rasendes, chaotisches und wirklich abgedrehtes Album, was das schon sehr gute Debut noch einmal überrundet. Welch ein düsteren Bastard diese durch und durch sympathischen Holländer kreierten. Und was für fantastische Musiker. Nicht umsonst steht neben DODECAHEDRON auch ULSECT in meinen Top-Ten des letzten Jahres. Anspieltips sind „Tetrahedron“ und „Hexahedron“. Quatsch – gibt keinen Anspieltip, gibt nämlich keinen einzigen Aussetzer. Und welches Album bringt sowas schon noch?

    10/10