Disillusion - Ayam
Review
DISILLUSION haben ihre Versprechen tatsächlich wahr gemacht. Die Angst war groß, die Leipziger konnten nach dem famosen Comeback-Werk „The Liberation“ vor drei Jahren erneut wieder einfach jahrelang verschwinden und nichts von sich hören lassen. Aber hier sind wir nun, „Ayam“ ist aufgenommen und hier vorliegend und natürlich machen es sich ein paar Schweißperlen auf der Stirn bequem. Schafft es die Band, die mit „Back To Times Of Splendor“ vor nunmehr 18 Jahren ein übermächtiges Debüt veröffentlicht hat, auch auf ihrem vierten Langspieler wieder diese spezielle Magie heraufzubeschwören?
DISILLUSION führen ihr Vermächtnis konsequent fort
Mit dem bereits im Vorfeld veröffentlichten Longtrack „Am Abgrund“ beginnt unsere Reise in „Ayam“. Der deutsche Titel sollte hierbei nicht in die Irre führen, DISILLUSION singen weiterhin ausschließlich auf Englisch. Musikalisch wird der Stil, der mit „The Liberation“ aufgenommen wurde, konsequent fortgeführt, das Oberthema des progressiven Metals wird mit den für die Band typischen Versatzstücken aus Epic-, Death- und Thrash-Metal garniert.
Bereits auf dem eröffnenden Elfminüter verbrät die Leipziger Band mehr Top-Riffs und -Soli als manch andere Gruppe vergleichbaren Genres auf ihrem ganzen Album hinbekommt. Die seit „Alea“ mehr Raum bekommenden, orchestralen Elemente fügen dem Sound eine Komponente hinzu, von der wir bisher nicht wussten, dass wir sie brauchen. „Am Abgrund“ liefert direkt zu Beginn ein hartes, stürmisches Meisterwerk und dickes Ausrufezeichen ab.
Keine halben Sachen bei DISILLUSION
„Ayam“ besteht aber nicht nur aus seinem Opener. Ebenfalls im Vorfeld als Musikvideo veröffentlicht folgt auf „Am Abgrund“ der fast schon knackig-kurze Track „Tormento“, der in seinen ruhigen Passagen schon ein bisschen an „Gloria“-Zeiten erinnert, dann aber zu einer brutal-death-doomigen Höchstleistung mutiert und ein paar der bösesten Growls Andy Schmidts, die es bisher bei DISILLUSION zu hören gab, auf die Hörer:innen loslässt. Zwischendrin gibt es dann noch ein wunderbar tänzelnd-proggyeskes Solo.
Das melancholische, über weite Teile akustische „Driftwood“ gibt uns Zeit zum Durchatmen. Hier zeigt sich wieder einmal die besondere Stärke DISILLUSIONs, ihre Songtitel perfekt auszuwählen. Das Stück überträgt sofort die Atmosphäre eines Stück Treibholzes, das durch ein nicht zu wildes Flussbett schwimmt. Zwischenzeitlich nimmt die Strömung etwas an Fahrt auf, aber auch nicht zu stark, bevor es wieder in ruhigere Gewässer driftet.
Spannend ist auch „Abide The Storm“, welches abgesehen von einem kurzen Part am Anfang recht lange mit einem Stimmungsaufbau samt atmosphärischer Blasinstrumente spielt. Erst ab der achten Minute mischt sich ein langsam empor steigendes Tempo unter die trügerische Ruhe des knapp zwölfminütigen Werkes, die Ruhe vor dem Sturm sozusagen. Das Kopfkino ist jedenfalls durgehend aktiv.
„Ayam“ bietet acht Songs mit eigener Identität
Wenn du nicht weißt, welche Highlights du dir raussuchen sollst, weil das Album keinen Song hat, der nicht im Spotlight stehen sollte, dann hast du sowohl als Musikkonsument viel Spaß als auch als Produzent derselbigen alles erreicht. „Longhope“ verläuft anfangs schon fast unauffällig, doch mit jedem Durchlauf finden sich in den ruhigen Parts immer mehr Facetten, die beleuchtet werden soll und das üppige Finale ist melodietechnisch zum Niederknien.
„Nine Days“ bietet ebenfalls reduzierte Härte aber große Atmosphäre. Generell, nicht nur bei diesem Song, sollte auch die fantastische Gesangsleistung Schmidts erwähnt werden, der auf keinem DISILLUSION-Album bisher so facettenreich mit seiner Stimme umgegangen ist. Von tief-düsteren Growls bis zum sphärischen Säuseln ist alles dabei, fieses Gekeife und gar thrashige Schreie, all das kann „Ayam“ einem während der Laufzeit bieten.
„Ayam“ – Ein Finale mit Licht
Nachdem auf „Ayam“ auch viel Dunkelheit geherrscht hat, folgt mit „From The Embers“ als vorletzter Song ein Stück mit beschwingtem Refrain, der eine deutlich hellere, optimistischere Atmosphäre ausstrahlt. Nachdem man also quasi durch Sturm und Dunkelheit geschritten ist, ist nun am Horizont schon das Licht des neuen Tages zu erkennen.
„The Brook“ schließt das Album schließlich ebenso positiv ab, die Chöre gegen Ende vermitteln das Bild eines Urschreis von einem gigantischen Felsmassiv bei Sonnenaufgang. Ja, solche eine Bildsprache muss bei DISILLUSION sein.
Vier Alben, vier Treffer ins Schwarze – DISILLUSION
DISILLUSION haben es wieder getan! „Ayam“ muss sich nicht vielen Kritikpunkten stellen. Es ist, wie alle Alben der Band, ein Grower und lässt von Durchlauf zu Durchlauf neue Facetten erkennen. Damit ist auch das vierte Album der Gruppe ein absolutes Freudenfeuer für Fans progressiver Gitarrenmusik!
Disillusion - Ayam
Band | |
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Wertung | |
User-Wertung | |
Stile | Progressive Metal |
Anzahl Songs | 8 |
Spieldauer | 59:22 |
Release | 04.11.2022 |
Label | Prophecy Productions |
Trackliste | 1. Am Abgrund 2. Tormento 3. Driftwood 4. Abide The Storm 5. Longhope 6. Nine Days 7. From The Embers 8. The Brook |