Disharmonic Orchestra - Ahead

Review

Im Jahre 1994 erschien mit „Pleasuredome“ die letzte musikalische Verrücktheit von DISHARMONIC ORCHESTRA. Dann war es erstmal ruhig um die Österreicher, bevor anno 2000 die Wiederveröffentlichung ihres „Expositionsprophylaxe“-Albums neues Leben in das Bandumfeld hauchte. Jetzt, zwei Jahre später, liegt mit „Ahead“ die neue Langrille der musikalischen Weirdos vor, die in den Frühneunzigern eine der abgedrehtesten und innovativsten Formationen der Metallandschaft waren. Daran hat sich auch bis heute nichts geändert, denn das mittlerweile vierte reguläre Studioalbumvon Sänger/Gitarrist Patrick Klopf und Co. ist einmal mehr ein harter, schwer verdaulicher Brocken geworden, der alles andere macht, nur nicht schnell ins Ohr geht. Den Death Metal-Gefilden früherer Tage hat man fast komplett den Rücken zugekehrt. Einzig die beiden 18-sekündigen Riffgewitter „r.u.s.m.t.s.i.m.“ und „i.m.s.m.t.s.u.r.“, das auch recht kurze geratene „If This Is It, It Isn’t It, Is It?“ und das thrashig-groovende „Pain Of Existence“ gehen als kleine Reminiszenzen an vergangene Taten durch. Der Rest des Materials ist schwer zu fassen und zu beschreiben, zu groß ist die Zahl der miteinander mehr oder weniger verwobenen Stilelemente. Finden sich in manchen Stücken Riffs, die auch diversen Neo Thrash-Bands gut zu Gesicht stehen würden („Supervision“), werden diese im nächsten Moment von fast zärtlich-chilligen, Trip Hop/Ambient-mäßigen Klängen („Nine9nine“) neutralisiert, um kurz darauf in belanglos rockendes, seicht-poppig angehauchtes Fahrwasser zu schwimmen („Grit Your Teeth“). Dieses versiegt jedoch alsbald und lässt sattere Gitarrenarbeit wieder den Ton angeben. Hinzu kommen noch diverse elektronische Arrangements, was dazu führt, dass z.B. in einem Stück wie „Dual Peepholes“ die Klampfen zugunsten von Drum n‘ Bass-artigen Beats und kleinen Elektrospielereien in den Hintergrund treten. Wenn dann bei „Idiosyncrated“ die Saiteninstrumente zueinander noch so dissonant ausfallen, ist das Orchester seinem Anspruch, ein disharmonisches sein zu wollen, einmal mehr gerecht geworden. Musikalisch ist „Ahead“ keinesfalls etwas für engstirnige Scheuklappenträger oder welche, die es werden wollen. Es ist in der Gesamtheit gesehen ein äußerst anstrengendes Album. Dies wird vor allem noch durch den zeitweise etwas nervigen Gesang unterstützt. Patrick Klopf legt in seiner Stimme meist mehr Wert auf Aggression als auf Melodie, was sich teilweise recht stark mit dem instrumentalen Background beißt, denn dieser ist eher weniger „auf die Fresse“ ausgefallen. Ein absolutes Highlight, wenn auch mit einem Augenzwinkern, gibt es ganz am Ende dennoch: den Hidden Track. Entweder sind mit den Jungs alle Pferde durchgegangen oder sie waren total auf Drogen, denn anders kann ich mir diesen Song („Sunday Night hab‘ ich Zeit für die Liebe…“), der im Schlagerstil der Gardasee-Heimatfilme der 50er/60er Jahre und mit waschechtem Gejodel daherkommt, wirklich nicht erklären. Verdammt, was habe ich gelacht!

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18.09.2002

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