Beim Blick auf das CD-Cover von „Wings Of Lead Over Dormant Seas“ der französischen Band DIRGE wusste ich noch nicht so recht, welche Musik mich erwarten sollte. Ich hatte mich schon innerlich auf Progressive Rock eingestellt, bis die ersten Töne von „Meridians“ erklingen. Psychedelisch programmierte Sounds läuten den grundlegend depressiven Sound von DIRGE ein. Der einsetzende Bass wird während der wenigen Akkorde von den Programmings umspielt und dann steigt Sänger Christophe (Zomb) D. ein! Was für eine Stimme! Tief, verzweifelnd und lechzend gibt er dem Einsatz von Gitarre und Schlagzeug den letzten Schliff. Beim näheren Hinhören erinnert er mich sehr an den PRIMORDIAL-Sänger A.A. Nemtheanga. Obwohl das Tempo dem schleichend, düsterem Doom entspricht, packt mich doch eine Art Energie. Man treibt vorwärts und wird dann beim leisen Abklang des ersten Teils von „Meridians“ wieder zurückgeholt. Durch den wenig vorhandenen, aber gezielt eingesetzten Gesang, treten nun auch die Programmings mehr in den Vordergrund. Doch trotz der elektronischen Unterstützung wirkt die Musik natürlich und in sich stimmig. Die Instrumente werden zurückgesetzt und nur die sanften Anschläge des Schlagzeugers Alain B. finden neben den Gitarren noch Platz. Ein schleichender Prozess, der mit einem Knall aufhört zu brodeln und seine gesamte Energie auf mich auslädt. Harmonische, aber doch auch irgendwie dissonante, Gitarren runden den Song ab und geben ihm die massive Härte.
„End, Infinite“ ist der einzige kurze Track mit noch nicht mal drei Minuten Spiellänge. Man kann es als romantisches Zwischenspiel beschreiben. Es kommt kein Gesang zum Einsatz. Hauptaugenmerk liegt hier bei den Programmings, die mich an die Töne eines EKGs erinnern. Dies unterstützt noch mehr die Melancholie und depressive Stimmung, die von DIRGE ausgeht.
Leise beginnt nun Gitarrist Stepháne L. den dritten Song des Albums „Epicentre“. Hier kommt man in den Genuss der Vielfältigkeit des Sängers, aus dem tief growlende Schreie ausbrechen und der auch zeitweise wie Herr Morbid (FORGOTTEN TOMB) auf „Negative Megalomania“ klingt. Schrammelnde Gitarrensounds treten nach den anfänglichen, sanften Klängen ein und geben „Epicentre“ die energische Härte wie bei „Meridians“ zurück.
„Lotus Continent“ ist ein eher durchschnittlicher Song, der aber nicht langweilig klingt und mit seiner drängenden Intensität gut in das Gesamtbild des Albums passt.
Von Synthesizern und clean vocals á la ANATHEMA ist „Nulle Part“ geprägt und schließt das Netz mit eingesetzten Samples, das sich um „Wings Of Lead Over Dormant Seas“ gewebt hat.
Zusammenfassend bleibt zu sagen, das es sich bei „Wings Of Lead Over Dormant Seas“ um kein gewöhnliches Doom-Album handelt. Ich bin erstaunt, dass es mir trotz seiner Vielfältigkeit und Schwere so schnell ins Ohr ging. Auch sollten sich die Liebhaber schnell konsumierbarer Musik von DIRGE zurückhalten. Man muss sich einfühlen in die Musik, um sie ganz genießen zu können. Es passiert viel im Kopf des Zuhörers, obwohl die Grundstimmung des Albums gleich bleibt und wenig Tempo- und Harmoniewechsel eintreten.
DIRGE ist Musik für den Kopf und bestens für diese Jahreszeit geeignet!
Ganz großes Kino diese Scheibe. Kein schneller Snack sondern ein ausgewachsenes Gelage. Hättest ruhig ein Pünktchen mehr vergeben können.