Die altgedienten, Pariser Post-Metaller DIRGE kehren mit ihrem neuen Album „Lost Empyrean“ zurück. Und wer die Band kennt, weiß, was das bedeutet: Monumentale Song-Bollwerke werden sich wieder monolithisch und bedrohlich vor dem geistigen Auge des Hörers aufbauen, dabei gleichermaßen eine gewaltige Macht demonstrieren, wie auch eine charakteristische Melancholie an den Tag legen. Zwischen den großen, undurchdringlich anmutenden Riffs scheinen sich immerzu klagende, gar zerbrechliche Melodien durchzukämpfen, die das Bild des traurigen Riesen vervollständigen, der gewaltig und doch eben verletzlich vor sich hin stapft.
DIRGE bedienen die Klischees
Ja ja, die Wortwolke, mit der sich der Sound der Franzosen anno 2018 beschreiben lässt, klingt vertraut. Zu vertraut, vor allem, wenn man schon mal das ein oder andere Post-Metal-Album gehört hat. Unsereins bekommt zum Beispiel dank des heiseren Gebrülls von Marc T. vereinzelte Flashbacks an die frühen CULT OF LUNA, speziell meinem persönlichen Erstkontakt „The Beyond“, und auch sonst scheint es, als würden DIRGE ihre Einflüsse offen mit sich herumtragen.
In Interviews zeigen sich die Franzosen oftmals sehr genervt durch diese Vergleiche, speziell mit den Hochkarätern der Marke NEUROSIS, aber man kommt eben schwer drum herum, diese abgedroschenen Vergleiche zu bemühen, zumindest noch aktuell im Bezug auf „Lost Empyrean“: Die Platte klingt nach Post-Metal-Blaupause und obwohl man sich vor dem Wort „austauschbar“ hüten sollte – über zwanzig Jahre Erfahrung hört man „Lost Empyrean“ definitiv an – so wachsen DIRGE nicht wirklich über sich hinaus.
„Lost Empyrean“ macht seine Sache dennoch gut genug
Zumindest kann man „Lost Empyrean“ aber die durch und durch kompetente Umsetzung attestieren, sodass der Hörgenuss keineswegs vergeudete Lebensmüh‘ ist – wie gesagt: über zwanzig Jahre Erfahrung verschwinden nicht einfach im Siphon der Zeit. Die langsamen, schürfenden Riffs im Opener „Wingless Multitudes“ fördern ordentlich Erde zu Tage und die aufjaulenden Melodien zusammen mit den Glockenschlägen haben etwas mystisches, majestätisches für sich. Mystisch kommt auch „Algid Troy“ daher mit seinen transzendentalen Chören. Der Klargesang bei „The Sea Of Light“ verleiht dem Song hymnischen Charakter, auch wenn man sich hier definitiv etwas mehr Volumen wünsche könnte.
Das ist eben alles sehr routiniert dargeboten, aber es fehlt einfach etwas, mit dem sich DIRGE abheben könnten oder zumindest versäumen sie es, ein einschlägiges Ausrufezeichen zu setzen. Die Atmosphäre ist da, aber sie nimmt den kompletten Fokus des Songwritings ein, sodass es richtig schwer wird, den Tracks eigene Charakteristika anzumerken. Die repetitiven Songaufbauten, die Monumentalriffs, die Melodien, das alles kennt man. Der Eklektizismus ist in der Musik natürlich in sich selbst ein effizientes Stilmittel und kann Großes bewirken, aber DIRGE kochen mir dann doch zu sehr im altbewährten, altbekannten Post-Metal-Saft.
Ein selbst auferlegtes Korsett?
Wie bereits mehrfach erwähnt verhindert die langjährige Erfahrung der Band ein Desaster und der Sound trifft den Post-Metal-Nagel auf den Kopf. Notwendige Bedingung erfüllt, die Atmosphäre stimmt auch, aber so richtig zu neuen Höhen schwingt sich „Lost Empyrean“ nicht herauf. Vielleicht zwängen sich die Herren aber auch selbst durch diese Fixierung auf Länge in dieses Korsett hinein? Immerhin verweigern sich DIRGE kurzen Songs vehement, aber möglicherweise ist es genau diese Art von Scheuklappen, die bei den Franzosen einfach mal abgelegt werden muss …
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