Dimmu Borgir - Puritanical Euphoric Misanthropia Re-Release

Review

Ein Schulhof inmitten Deutschlands kurz nach der Jahrtausendwende. Wie beinahe täglich kommen drei in der Selbstfindung befindliche Teenager zusammen, um über die aktuellen Playlists in den heimischen Kassettenrekordern zu diskutieren. IRON MAIDEN, METALLICA und SLAYER fallen als Stichworte prinzipiell immer. Black- und Death Metal, deren Ergüsse man hin und wieder schonmal bei Geschwistern gelauscht hat, ist schreckliche Antimusik.Bis zu dem einen Tag, als einer des Trios mit einem Song des neuen Albums von DIMMU BORGIR um die Ecke kommt: „Puritanical Euphoric Misanthropia“.

Dass man mit dieser neuen Errungenschaft in Form von der Single „Puritania“, die im Kontext des Albums wie eine überzeichnete Karikatur ihrer selbst daherkommt, von den großen Geschwistern erstmal auf Toilettentauchgang nach der D-Mark-Münze geschickt wird – geschenkt! Denn irgendwie ist man doch jetzt Black Metaller. Oder nicht?

Black Metal für Teenager?

Nun, 20 Jahre später bleibt von „Purtianical Euphoric Misanthropia“ eher das zurück, was es vermutlich auch wirklich ist. Und dass ist einerseits der endgültige Schritt fort vom Black Metal und auf der anderen Seite einfach ein starkes Dark-Metal-Album einer Band im Wandel. Denn klammert man einmal den Vorzeigesong für Konfirmationsposer „Puritania“ aus, dann zeigen DIMMU BORGIR insbesondere in der ersten Hälfte der Platte eine bemerkenswerte Durchschlagskraft.

Mit Neuankömmling Galder an den Gitarren wird der Sound der Norweger im Riff-Bereich zunehmend durch Melodic Death Metal und teilweise gar thrasigen Anleihen dominiert, während die nordische Kälte gänzlich von der Bildfläche verschwindet. Daneben sitzt nun Nicholas Barker (u.a. ex-CRADLE OF FILTH, aktuell SHINING) hinter den Kesseln, der schon im High-Speed-Opener „Blessings Upon The Throne Of Tyranny“ zeigt, was er drauf hat. Zu guter Letzt geht man hinsichtlich der Keyboarduntermalung einen weiteren Schritt hinsichtlich Ganzheitlichkeit und verleiht dem neuen Album durch das Göteborger Orchester einen teilweise fast schon filmischen Touch.

„Puritanical Euphoric Misanthropia“ hat einen filmischen Touch

Böse Zungen werden sicherlich nicht ganz unrechtmäßig behaupten, dass Stücke wie „Sympozium“ in überschäumendem Pathos auch eine Szene im Kampf gegen den Bösewicht eines Disney-Streifens untermalen könnten, doch insgesamt gehen die orchestralen Klangteppiche Hand in Hand mit den teils rasiermesserscharfen Riffgewittern. Besonders bemerkenswert klappt das zum Beispiel bei „Hybrid Stigmata – The Apostasy“ oder „Kings of Carnival Creation“, in denen die klassische Musikarchitektur zur Intensivierung des Gesamtbildes beiträgt.

Letztendlich sind auch die Klargesänge von Bassist Vortex auf „Puritanical Euphoric Misanthropia“ quantitativ etwas häufiger geworden und auch im Sinn der Qualität legt der Frontmann von BORKNAGAR auf diesem Album eine Schippe drauf und klingt teilweise schon fast theatralisch. Dass dann gerade im zweiten Teil der Platte auch ein paar Füller auf dem Rundling gelandet sind, ist gerade durch die tolle erste Hälfte zu verschmerzen und trübt den Eindruck eines wirklich guten Albums nicht. Von daher kann man auch im Jahr 2022 mit der einst hier auf metal.de vergebenen Gesamtnote d’accord gehen.

Starke erste Hälfte setzt Maßstäbe

Zum Re-Release an sich reicht an dieser Stelle ein kurzer Absatz, denn sonderlich viel hat sich nicht getan. Das ohnehin schon mit einem guten Sound gesäumte Ausgangsalbum ist nochmals durch einen frischen Mix und Master aufpoliert worden und hat damit noch einen Ticken mehr Dampf hinter der Trompete. Inkludiert sind dabei auch der einstige rockige Bonus Track „Burn In Hell“ sowie „Devils Path“ von der gleichnamigen EP aus dem Jahr 1996. Dazu gibt es praktisch alle Songs nochmals in einem Rohmix ohne Gesang, den man aber inhaltlich getrost vergessen darf.

15.10.2022
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