Kein Cover

Die Toten Hosen - Laune der Natur

Review

Galerie mit 23 Bildern: Die Toten Hosen - Laune der Natour 2017 - TUI Arena Hannover

Ja, DIE TOTEN HOSEN zeigen sich auf ihre alten Tage wesentlich aktiver als die Berliner Kollegen um Farin Urlaub. Und alle, die über das gar nicht mal so punkige Gezanke ums „Böhmermann’sche Zeitgeist-Geplapper“ möglicherweise schon mit Recht vergessen hatten, dass „Ballast der Republik“ mal abgesehen vom unsäglichen „Tage wie diese“ ein durchaus bekömmliches Stadion-Punk-Album war, dürften sich verwundert die Augen gerieben haben, als der Nachfolger mit dem Titel „Laune der Natur“ nach recht kurzfristiger Ankündigung dann Ende vergangener Woche tatsächlich in den Läden stand. Das nostalgische „Ballast“-Cover hatte ein Ed-Hardy-Update erhalten, und die erste Single „Unter den Wolken“ war eine, nennen wir es Verbeugung, vor Reinhard Mey, gekoppelt mit der zweitverwerteten Gesangsmelodie aus dem Vers von „Altes Fieber“. Die Vorzeichen für das sechzehnte Studioalbum der Düsseldorfer Urgesteine hätten durchaus besser stehen können.

Erstaunlich wenig Politik

Zunächst fällt auf, dass „Laune der Natur“ das wahrscheinlich unpolitischste Album ist, das eine politische Band wie DIE TOTEN HOSEN in derart hochpolitischen Zeiten guten Gewissens veröffentlichen konnte. Am Ende war das vermutlich die richtige Entscheidung. Politisch sein aus Trotz hat bisher nur selten die Zwischentöne zu Tage gefördert, derer es bedarf, um das Unaushaltbare unpeinlich anzuprangern.

Stattdessen gibt es Nostalgie auf die ruppigere („Urknall“) und auf die gediegenere Art („Alles mit nach Hause“) und mit „Wannsee“ einen Mitgröhl-Nachfolger für „Schade, wie kann das passieren“. Bis zum textlichen Plottwist am Ende scheint Campino hier einige unendlich lange Minuten tatsächlich an die Hauptstadt verloren. Aber auf manche Dinge kann man sich glücklicherweise auch in postfaktischen Zeiten verlassen. Am Ende geht’s mit dem „ICE nach Düsseldorf“, zur Not halt im Sarg.

Ohnehin ist der Gevatter auf „Laune der Natur“ ziemlich omnipräsent. In „Die Schöne und das Biest“ kommt er im musikalischen Western-Gewand, in der Trauerballade „Eine Handvoll Erde“ nimmt er still eine(n) Liebste(n) mit sich. Erfrischender gelingt da allerdings „Wie viele Jahre (Hasta la Muerte)“, das die Lebensjahre von Michael „Breiti“ Breitkopf augenzwinkernd den sich (gezwungenermaßen) verändernden Konsumgewohnheiten gegenüberstellt. Ob man den Ausflug ins Spanische als anerkennendes Nicken in Richtung BROILERS werten darf? Die ehrlichste Annäherung an Tod und Nostalgie stellt schließlich „Kein Grund zur Traurigkeit“ dar, für das DIE TOTEN HOSEN sich ihren verstorbenen Ex-Drummer und Weggefährten „Wölli“ Rohde posthum auf die Tonspur geholt haben. Das ist ehrlich, bewegend und erinnert in seiner intensiven Fragilität an „Hurt“ in der JOHNNY-CASH-Version.

Ein Album, das DIE TOTEN HOSEN 2017 würdevoll zu verkörpern weiß

Die Jungs von der Vocal-Gang kennen ihre Qualitäten nach über 30 Jahren Bandgeschichte mittlerweile zu Genüge und so fällt auch diesmal der eine oder andere Hit ab. Zu nennen wären hier neben dem intensiven Opener vor allem noch „Pop & Politik“, der Titeltrack sowie „Lass Los“. Für jeden richtig packenden Song findet sich auf „Laune der Natur“ allerdings auch ein kleiner Durchhänger. Das Bierzelt-„babababaaa“ von „Energie“ nervt nach eineinhalb Durchgängen enorm und „Alles passiert“ haben die Herren auch schon mehrmals besser geschrieben. Am Ende vermeidet „Laune der Natur“ aber bei allem Pathos die ganz großen Peinlichkeiten und verkörpert würdevoll das, was DIE TOTEN HOSEN 2017 nun einmal sind. Selbst-Demontage klingt anders.

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16 Kommentare zu Die Toten Hosen - Laune der Natur

  1. Er do sagt:

    Hi,

    der Autor der Rezenssion beschreibt das Album wirklich sehr passend und entsprechend meiner Meinung, vor allem was die Tops und „Flops“ des Albums angeht genau auf meiner Wellenlänge. „Alles passiert“ hört sich an wie Silbermond auf Vakuum, während „Lass los“ eins der besten Hosen-Knaller ist. Als Gänsehaut-Moment (im positiven Sinne) hätte man noch „Geisterhaus“ erwähnen können.

    Gute Rezenssion.

    PS: Wann gibts endlich ein Review von Fjoergyns „Lucifer Es“?

    7/10
  2. scythya sagt:

    METAL.de berichtet über seichten Charts-Pop-Punk. Wieder eine Seite weniger in meiner Sammlung, der ich folgen muss. Reviews hier (nicht nur dieses) sind eh meist ein Witz. Tschüß!

    1. Doktor von Pain sagt:

      Etwas cheese zum whine?

      1. scythya sagt:

        Käse verträgt sich mit meiner Mainstreamintoleranz leider überhaupt nicht!

    2. Zott sagt:

      Reisende soll man nicht aufhalten …

    3. Doktor von Pain sagt:

      Wolltest du nicht gehen?

    4. TRVE-ALTHERREN-PVNK sagt:

      Ui, da wird zwischen Rumpelrülps-Black-Metal mit 10-Punkte-Wertungrn, Prog und jeder erdenklichen anderen Metal-Spielart EIN Album einer heute nicht mehr ganz so wilden Altherrenband (über die manch ein heutiger Metalhead sicherlich auch in grauer Vorzeit auf härtere Pfade gelangt ist) rezensiert und schon ist man im Mainstream. Na denn, ich denke die Seite wird ohne dich überleben. Frohes Echauffieren noch :P.

      Zum Album: Definitiv wieder etwas besser als die letzten paar Alben, weniger schunkelig als zuletzt, der Mangel an aktuellen Bezügen wundert aber auch mich ein wenig.

      7/10
  3. Michaaa sagt:

    Die HOSEN höre ich heute (teilweise) noch ganz gerne. Daher danke für die Rezension! Ich habe mit der Band als Prä-Tennie meine musikalische Schiene legen können. Die über Black Metal, Metalcore und Blackgaze an vielen Genres in den Jahren Halt gemacht hat. Darf also gerne härter klingen, aber Grenzen engen nur ein und blockieren Kunst. Daher grenze ich meinen Musikgeschmack immer weniger ein – solange die Künstler*innen musikalisch was auf der Pfanne haben und ehrliche Musik machen, ist in meine Augen oder besser gesagt Ohren alles gut (Rechtsrock und NSBM ausgenommen).

    Ballast der Republik hatte auch echt klasse Lieder. Nich alle, gewiss, aber einige waren doch sehr groovig. ‚Einen Sommer lang‘ meldet sich da umgehend.

    Interessant, dass grade jetzt so ein unpolitsches Album kommt. Ich denke da an ‚Europa‘, was schon damals hochaktuell war. Ist also schon merkwürdig, dass sie die ein oder anderen Ereignisse oder Thematiken nicht verarbeiten.

    Ich werde definitiv mal reinhören 🙂

    1. Der totale Erdogan sagt:

      „Künstler*innen“

      Leute, die solche Sprachungetüme verwenden, dürfte jedes Album dieser Hausband der Friedrich Ebert-Stiftung auf Anhieb gefallen. Das mit dem Rechtsrock und NSBM hättest du gar nicht mehr erwähnen müssen, das steht bereits im obigen Sternchen. Die Gegenkultur der Hosen wirkt aufgesetzt und ist unsinnig, ein Kostümspiel alter quasi-Funktionäre. Was sie fordern, kann man so in der ZEIT, Bento oder bei den Tagesthemen und vom Bundespräsidenten lesen respektive hören. Was mich wirklich stört, ist dass früher Politagitation gratis war, und heute soll man für die Werke so einer Gruppe Geld ausgeben. Es riecht so komisch, und ist dabei nichteinmal Punk. Danke, aber nein danke.

      1. Michaaa sagt:

        Wusste ich doch, dass sich ein Scheuklappenmensch an dem Gendersternchen stößt. Hat sich also gelohnt. Der Nickname kommt noch als Bonus obendrauf. Geil!

      2. Der totale Erdogan sagt:

        „Scheuklappenmensch“. So sieht Naturwissenschaft wohl für Gender-Ideologen aus. Die totalitäre Murksideologie passt aber zur bräsigen taz-Tanzkappelle aus Düsseldorf, welche immer noch Franz Josef Strauß zu bekämpfen meint, und dabei schon seit Jahren Sprachrohr der Obrigkeit ist. Immerhin, das Virtue Signalling funktioniert noch, darauf eine Lichterkette um die Humbold-Universität!

  4. zerteiler sagt:

    Undundund? Wird schon wieder herumheult, dass das hier kein Metal sei?

    1. Sane sagt:

      Kannst du nicht lesen oder bist du nur streitgeil?
      Die Hosen sind kein metal, das haben sie auch nie behauptet.
      Grundsätzlich würde ich sagen haben sie derart hohe Rock Anteile in den Punk gemischt dass man die hier getrost ohne unkenrufe besprechen können müsste.
      Leider hat sich diese Band spätestens mit dieser unsäglichen kommerzfickerei „an Tagen wie diesem“ völlig ad absurdum geführt.da sind sie für mich zum FC Bayern gegangen 😉
      Reviewt doch mal die alten Sachen von denen, da waren ein paar gute songs dabei..

      1. Er do sagt:

        Was kann die Band dafür, dass der Song sich derart verselbstständigt? Das hätte auch mit alten Songs schon passieren können…

  5. Micl sagt:

    Habe das Review gerne gelesen. Kaufe zwar nix mehr, seitdem die Hosen Omnipräsent auf allen Kanälen sind, weils mich einfach langweilt. Aber ich guck doch jedesmal, ob sie noch an ihre alte Relevanz anknüpfen können. Das scheint, wie auch bei den anderen Kollegen, zB den Onkelz ;), laut Review nicht der Fall zu sein.
    Vielsagend, wenn angeblicher (Pop-)Punk überhaupt keine Aussage mehr hat. Klar kann man auch mal einen Jägermeister dazwischen machen, aber Punk verliert jede Relevanz und wird zu Schlager, sobald er keine Stellung mehr bezieht.
    Aber wie sollte man auch, wenn man neben Merkel auf der Couch sitzt, bei WettenDass im Namen der 70-jährigen Zuschauer gefragt wird „Campino, erzähl doch mal wie das früher war, als Ihr noch dachtet der Punk wär noch nicht Tod und wie Ihr kurz nach dem Krieg Chaos im Keller des Bundespräsidenten veranstaltet habt“.
    Und genauso wie die Onkelz eigentlich gegen die Flutung Deutschlands mit Flüchtlingen ansingen müssten oder so, müssten die Hosen auch ihren – natürlich zeitgemäßen und dem Alter entsprechenden – Standpunkt einnehmen.
    Da beide es nicht mehr tun ist es nur noch Schunkelmusik für gealterte, fett gewordene Muttis und Papis. Nostalgischer Rotz für in der Zeit hängen gebliebene.

    1. Er do sagt:

      Bullshit ohne Zusammenhang ins Internet gerotzt. Schade um den schönen Datenspeicher…