Nun sind sie völlig durchgedreht! DIE APOKALYPTISCHEN REITER waren ja schon immer ein Garant dafür, dass man nie wusste, was einen beim Einlegen eines neuen Albums erwartet. Vom beinharten Death-Metal-Brett bis zur Reggae-Hymne hat die Band schon so ziemlich alles vertont, auch gerne auf dem selben Album. Mit „The Divine Horsemen“ legen sie zur Vierteljahrhundertfeier ein Werk vor, das komplett aus der Improvisation entstand und so, wie es nun auf Band gepresst wurde, auch nicht mehr reproduziert werden kann. Das passt zur Band, keine Frage, doch was ist dabei herausgekommen?
DIE APOKALYPTISCHEN REITER – einmal alles zum Mitnehmen, bitte (mit extra scharf!)
Nur zwei Tage, keine Proben und 500 Minuten Musik, von denen wir die besten 80 nun genießen dürfen. Wobei genießen den Leuten, die von der Band nur „Die Sonne scheint“ kennen und feiern, wohl eher schwierig wird. „Tiki“ klingt wie ein ungezügeltes SEPULTURA-Stück, „Salus“ hingegen könnte eins zu eins auch auf dem Debüt „Soft & Stronger“ zu finden sein und lässt die vergangenen Death-Metal-Tage der Band Revue passieren.
Nachdem die ersten drei Rasereien zusammengerechnet keine sieben Minuten dauern, erwartet uns mit „Inka“ auf einmal ein Neunminüter, der mit spärlicher Instrumentierung und Drumming beginnt – und dabei bleibt. Abgesehen vom kleinen Klimax am Ende, wo Fuchs uns einen erstaunlich schlüssigen Text präsentiert, könnte das Stück auch gut zum Lagergesang am südamerikanischen Feuer passen.
Tatsächlich macht sich doch ein Muster erkennbar. Sind die kürzeren Stücke eher in brutaleren Gefilden angesiedelt, lassen die langen Stücke wie „Duir“ vollends die Ambient-Schlagseite durchscheinen. Darauf muss man sich erst einmal zwölf Minuten lang einlassen. Die Gitarren und verspielten Klaviertöne erzeugen eine verträumt-spannende Atmosphäre und das Stück klingt härter aus als es der Beginn vermuten lassen würde.
„The Divine Horsemen“ – Zwischen Rumpelkammer und Ambient
„Uelewa“ ist der dritte, überlange Track, der nicht mehr ganz so zaghaft daherkommt. „Haka“ klingt, auf eigenartige Weise, noch am ehesten nach einem normalen REITER-Track, sofern es denn so etwas gibt. Durch das ganze Album zieht sich die sehr rohe Produktion, durch die das Drumming etwas dumpf wirkt. Das unterstreicht den Impro-Charakter der Platte.
Divers ist „The Divine Horsemen“ definitiv, einzigartig auch. Ein Experiment war es sowieso. Es ist aber auch anstrengend, den APOKALYPTISCHEN REITERN fast 80 Minuten lang beim Improvisieren zuzuhören. Eine Hitsingle bleibt aus. Das Jubiläumsalbum ist eine Reise durch den musikalischen Kosmos, den die Band bereist, allerdings sollten Fans des klassischen Materials der Band vorher reinhören, ob es ihnen nicht zu abgedreht ist.
Nachdem ich mit sämtlichen Reiterplatten nach „Have a nice Trip“ zusehends weniger anfangen konnte aber der Band in stiller Sympathie stets verbunden geblieben bin muss und nur gelegentlich ohne Erwartungen in neue Werke reinhöre muss ich überrascht feststellen … HELLLL YEAAA ich liebe diese Scheibe.