Manchmal hilft es unheimlich, eine Band nicht zu kennen. Bei Szenegrößen einigermaßen unvoreingenommen und ohne Erwartungen an ein neues Album heranzugehen, gestaltet sich manchmal auch bei größtem objektiven Vorsatz schwer. Dies mag betreffend einer Rezension für ein derart „großes“ Album gewagt erscheinen, aber um ehrlich zu sein war mein erster Berührungspunkt mit DEVIN TOWNSEND PROJECT vor gar nicht allzu langer Zeit – mit eben dem Album, um welches es sich bei diesem Text hier handelt: „Z²“. Klar doch, hatte ich von dem Herrn hinter der Band schon einmal gehört und ja, es befinden sich auch STRAPPING YOUNG LAD-CDs in meinem Besitz, aber irgendwie haben sich die Wege von DEVIN TOWNSEND PROJECT und mir bisher einfach nie gekreuzt. Im Nachhinein betrachtet bin ich froh darum – nicht deshalb, weil „Z²“ nicht gefällt, sondern weil ich während des ersten Durchlaufs der Platte leicht „überfordert“ da saß und nach CD 1 einigermaßen verschreckt feststellen musste, dass ich keine Ahnung hatte, was ich dazu schreiben soll. Wortlosigkeit ist beileibe keine gute Grundlage für eine Rezension, aber „Sky Blue“ hinterließ mich schlicht unschlüssig.
Aber um das Allgemeinwissen ähnlich situierter Musikhörer Abhilfe zu leisten: Da ist nun dieses „Z²“, geteilt in zwei CDs mit den Namen „Sky Blue“ und „Dark Matters“, wobei „Sky Blue“ das eigentliche Album des DEVIN TOWNSEND PROJECT ist, und „Dark Matters“ Devins Fortführung der Ziltoid-Geschichte „Ziltoid – The Omniscient“ darstellt. So weit, so gut.
„Sky Blue“ hinterließ mich wie gesagt sprachlos. Warum dies der Fall ist, ist ganz einfach zu erklären: Es ist dermaßen „groß“, dass es kaum zu umschreiben ist. „Sky Blue“ ist eine positive, leicht melancholische, melodische und unbegreiflich tiefe Klangwand. Das Album ist abwechslungsreich und hat, obgleich es einem Musical entsprungen sein könnte, viele ruhige Stellen („Midnight Sun“, „A New Reign“, „Rain City“, „Forever“ und „The Ones We Love“), was jedoch in keiner Weise zu Langeweile führt, da viele der Songs auf eine Art starten und sich bis zum Ende hin zu etwas Andersartigem entwickeln. Was „Sky Blue“ jedoch von vorn bis hinten nachzusagen ist: Man verspürt während des gesamten Durchlaufs den Drang, sich ein Mikro / eine Haarbürste zu schnappen und lauthals johlend mitzusingen. Dieser Drang wurde passenderweise auch genutzt, denn DEVIN TOWNSEND PROJECT riefen im Vorfeld zu einem „Universal Choir“ auf, bei dem Fans bei drei Songs des Albums sozusagen mitsingen konnten – und dieser Aufwand kann sich hören lassen: „Before We Die“ ist nicht nur stimmenvoll, sondern auch stimmungsvoll. Neben den knapp zweitausend Stimmen sticht neben Devin, wie auch beim Vorgänger, ANNEKE VAN GIERSBERGEN heraus, deren Klang dem Sound unheimlich schmeichelt und der Opener „Rejoice“ und „Fallout“ entpuppen sich schnell zu Mitsing-Favoriten, aber das Gesamtkonstrukt weiß auch am Stück zu bestechen.
„Dark Matters“ ist die Weiterführung des intergalaktischen Metal-Musical-Hörspiels rund um Ziltoid, das kaffeegeile gewitzte Alien. Zur Geschichte will ich natürlich nichts verraten, wohl aber sind neben der Erzählerstimme, Ziltoid (Devin Townsend), die „War Princess“ (Dominique Lenore Persi, STOLEN BABIES), „Captain Spectacular“ (Chris Jericho, FOZZY) und weitere Komparsen zu vernehmen, die das Stück sehr unterhaltend gestalten. Aus musikalischer Sicht ist „Dark Matters“, wie der Name schon vermuten lässt, düsterer und aktiver, bzw. komplexer aufgebaut, was im Hinblick auf die Erzählung jedoch außerordentlich gut wirkt.
Um nun ein Fazit zu ziehen: Wäre „Sky Blue“ allein unterwegs, wäre die Bewertung vermutlich niedriger ausgefallen, da die Arrangements zwar riesig, jedoch (vielleicht wegen der fehlenden Vorkenntnisse) gefährlich nah an „überladen“ wirken; „Dark Matters“ aber boxt „Z²“ nach oben. In jedem Fall ist dieses Stück ein fantastisches Erlebnis! Und ich kenne DEVIN TOWNSEND PROJECT nun endlich auch – wurde aber auch Zeit.
Die Schwierigkeit dieses Werk zu bewerten kann ich gut nachvollziehen. Auch die 7 Punkte gehen meiner Meinung nach in Ordnung. Aber die Rezension ließt sich sehr positiv. Warum also „nur“ 7 Punkte?
Ich muss zugeben, dass ich die Nachfrage verstehen kann und im Vorfeld auch darüber nachgedacht hatte, im Sinne „Dark Matters“ keine Bewertung zu geben, da dies ohnehin außer „Konkurrenz“ steht. Aber das wird „Sky Blue“ meiner Meinung nach nicht gerecht.
Es ist im Wesentlichen positiv formuliert, weil es auch wirklich toll klingt: Die Arrangements sind ausgeklügelt und bei aller Überladenheit bis zum seitlichsten Ton stimmig, aber irgendwie geht durch eben diese „Wand“ der Teil verloren, an welchem ich sagen könnte: „Da sind aber wirklich viele gute Songs dabei!“ Das Album ist mehr als solide, DEVIN TOWNSEND ist ein Vollprofi, aber die in diesem Fall für die Bewertung sorgende „Schwachstelle“ ist das fehlende „WOW!“ – welches hier vielmehr durch die Größe/ die Klangwand, als durch die herausstechenden Songs erreicht wird.
Außer der „Hilflosigkeit“ aufgrund dieser enormen Menge an Eindrücken, bleibt leider auch nach mehrmaligem Anhören nur ein Bruchteil hängen, was nicht nur auf die (für „Unerfahrene“) Sperrigkeit zurückzuführen ist, sondern den Eindruck hinterlässt, dass die wirklich guten Tracks „Mangelware“ sind. Es ist sozusagen eine Sieben, weil es gehört werden soll, aber anraten, es zu kaufen, würde ich nicht.
Puh, das wurde ein langer Text. 🙂
Ist meine Antwort und Bewertung somit nachvollziehbar(er)?
Danke 😉
Das album ist eine grauenvolle Materialschlacht. Vollkommen überladen, unausgegoren und leider kaum zu ertragen. Ich sollte langsam einfach aufhören Devins zunehmend katastrophal ausfallenden Maßlosigkeitsorgien zu kaufen, ich ärgere mich ja doch nur darüber. Und Dark Matters ist so ein Schund, dass einem echt alles hochkommt. Devin kann einfach nicht mehr nuanciert, sondern immer nur volle Pulle übertreiben. Und dieses ewige „alles ist gut, alles ist eins, alles ist Liebe“ wird langsam langweilig. Es ist wie mit einem guten Freund, der nicht anruft und keine Zeit hat, wann immer man vorbei schaut. Da bleibt man halt irgendwann weg. Ich mag Metal der extremen Sorte. Pop der extremen Sorte mag ich, wenn er nicht so tut, als sei er etwas anderes. Genau das bringt mich von ihm weg. Leider haben seine tollen Alben dadurch eine faden Beigeschmack erhalten. Und übrigens, ich erwarte seit dem Ende von SYL auch kein SYL mehr.
Die Kritik kann ich durchaus nachvollziehen. Das Album kann man durchaus als vollkommen überladen sehen. Mich persönlich stört das irgendwie aber gar nicht, grade „Sky Blue“ trifft bei mir offensichtlich genau den richtigen Nerv und hat sich schon beim ersten Hördurchgang so unglaublich gut angefühlt und mir so viel Freude bereitet, dass ich davon aktuell nimmer los komme. „Dark Matters“ kommt da imho nicht so ganz ran, unter dem Strich zählt das Doppelalbum aber definitiv zu meinen lohnenderen Investitionen der letzten Zeit. 🙂
Ich verfolge Devin ja nun schon seit einer halben Ewigkeit, schon seit seiner Zeit mit Steve Vai, wo ich mich fragte: Wer ist das denn nun? Und spätestens seit der ersten SYL-Scheibe bin ich seiner Klangkunst verfallen, mag aber die Sachen, die er unter seinen Klarnamenbannern veröffentlicht, aber lieber. Bei „Sky Blue“ muss man wirklich sagen, herrje, ist das cheesy geworden, so poppig und klebrig – aber es trägt trotz all der großen Melodien und der Epik auch einen ziemlich ironischen Anstrich in sich. Ich sag nur „Universal Flame“. 🙂 Und na ja, das Ziltoid reloades-Album zeigt eigentlich nur, wie schön bekloppt Devin unterwegs sein kann. Und klar schlägt er über die Stränge. Braucht der Mann wohl einfach. Ich hab daran meinen Spaß.