Devianz - À Corps Interrompus

Review

Mit „À Corps Interrompus“ entlassen DEVIANZ ihr zweites Album in die Welt, das sich durchaus sehen lassen kann: Auf 14 Tracks demonstrieren die Jungs viel musikalisches Können und Gefühl, wie auch schon auf dem Vorgängeralbum „Una Duna In Mezzo All’Oceano“ und den bisherigen EPs „Les Lèvres Assassines“ und „Trouble Amante“.

Man fühlt sich etwas an das Ende der 90er zurückversetzt, als noch an jeder Ecke die „Make Yourself“ von INCUBUS und die „White Pony“ der DEFTONES abwechselnd mit CHEVELLE und den FOO FIGHTERS liefen, also alles, was grob in die Ecke Post-Grunge gesteckt werden kann. Nachdenklich, starke Gitarren, experimentell, kraftvoller Gesang, genau das sind die Attribute, die auch DEVIANZ auszeichnen – plus die an den richtigen Stellen eingesetzten Streicher und Piano.  Besonders Tracks wie „Soleil D´Encre“ laden zum Schwelgen ein, schöne tragende Songs mit dynamischen Melodien, die Gitarren noch eine Stufe tiefer und dazu die angenehm klare, kräftige und eindringliche Stimme von Sänger Guyom Pavesi, der seine Texte ausschließlich auf französisch vorträgt und besonders positiv hervorzuheben ist. Dass sie auch sehr einfühlsam sein kann und die Jungs auch eine emotionale Seite haben, zeigt sich in „L´Alchimie Des Sens“. Der Song beginnt mit einem verträumten Intro und wird sehr emotional weiter aufgebaut, man wird mitgerissen von den ausdrucksstarken, harten Alternative Rock-Passagen und nach diesem Gefühlsausbruch wieder sanft abgesetzt. Dieses Muster kehrt in einigen Stücken wieder und ist doch jedes Mal auf verschiedene Weise umgesetzt, was von ausgereiftem Konzeptdenken und einer konsequenten Umsetzung zeugt. Oft finden abrupte Stimmungs- und Genrewechsel innerhalb der Songs statt, in der Bandbreite von Rock, Alternative, Post-Rock, Indie und Härterem, wo auch Schreien und Toben erlaubt ist, ist alles vertreten, was das Zuhören sehr spannend gestaltet. Schließlich noch ein Highlight: Ein Song mit Vincent Cavanagh von ANATHEMA, „Tons Corps N´est Qu´atome“. Schon am ersten Akkord erkennt man, wer hier die Gitarre in der Hand hat, typische ANATHEMA-Chords, die an Songs wie etwa „Flying“ erinnern und auch die später eingesetzten Streicher übertragen viel von der Melancholie, die ANATHEMA auszeichnet, ein sehr schöner Song. Mit „Lames De Sel“ am Ende des Albums bekommt man dann wohl den Song serviert, weshalb die Jungs PORTISHEAD in ihrer Soundbeschreibung haben: Ein langsames Stück, sanfter Gesang, ein dominantes Piano, elekronische Elemente und wieder viel Melancholie, auch das ist ihnen gelungen.

Verspielte Intros, schöne Brüche, viel Dynamik und ein eigener durchwachsener Sound, der einfach nicht mehr zum Mainstream gehört und so wieder zu etwas Besonderem wird. Am Anfang etwas ungewohnt sind die französischen Lyrics, deren Klangfarbe sich aber nach kurzem Einhören schön in den Gesamtkontext einfügt und daher die Scheibe noch einmal mehr von der Masse abhebt.

01.06.2012

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