Sie kommen aus Stockholm und klingen doch so gar nicht nach klassisch-rabiatem Stockholm-Todesmetall mit charakteristisch sägendem Sunlight-Studio-Gitarrenklang à la frühe ENTOMBED oder DISMEMBER. Vielmehr erinnern DESCEND auf ihrem zweiten Langeisen „Wither“ frappierend an eine andere sehr bekannte Formation aus den Vororten der schwedischen Hauptstadt: OPETH.
Wenngleich die frühe und mittlere Phase der populären Schweden um Mikael Åkerfeldt den auffälligsten Einfluss für den melodischen Progressive Death Metal DESCENDs darstellt, kann man sicherlich auch GOJIRA und späte DEATH mit in den Topf werfen: Neben einem kurzen, wehmütigen Instrumental stellt man sich dem Wettbewerb mit sieben größtenteils überlangen Liedern mit teils komplexen, polyrhythmischen Strukturen („The Rancorous Paradigm“), garniert mit einer zwischen höheren Keif- und tieferen Knurrlauten variierenden Stimme. Während der beiden zwingendsten Kostproben sorgt Sänger Nima Farhadian L. mit einer Prise klarer Phrasierung („In Hours Of Despair“) und zwei, drei gedrückt gesprochenen Wortfetzen („Diabolic“) für zusätzliche Farbtupfer. Über die annähernd volle Stunde Spielzeit tanzen akustische, melancholisch-melodische Passagen mit relativ heftigen, mitunter hektischen Eruptionen – ein Muster, das im finalen Zwölfminüter „Sundown“ kulminiert. Doch längst – im Begriff „Muster“ schwingt es mit – ist dieses Sanft-heftig-sanft-heftig-Schema hier aufgrund vorangegangener mehrfacher Wiederholung arg vorhersehbar geworden.
Betrachtet man „Wither“ in Detail, schaut auf einzelne Stücke, so macht das Zweitwerk des schwedischen Quintetts mit abwechslungsreichem und dennoch harmonisch fließendem Material einen sehr gefälligen Eindruck. Selbst die stellenweise zappelig-mehrschichtige Rhythmusarbeit stellt für den Fluss kein wirkliches Hindernis dar, sondern wird sanft umspült. Lehnt man sich jedoch für einen umfassenderen Blick etwas zurück, dann fällt auf, dass über weite Strecken doch zu starr mit der oben genannten Sanft-heftig-Schablone gearbeitet wurde. Die zwei vorherrschenden Stimmungen, die melancholische und die unschlüssig-aggressive, finden sich in stetem Wechsel in jeder Komposition und so wirkt die Platte als Ganzes zu wiederkäuend. Man glaubt sich auf einer Endlos-Achterbahn, die nur über Aufzugshügel und eine Abfahrt verfügt. Richtig, das wird relativ schnell langweilig – und man fragt sich, wo das wohl enden soll.
Dennoch, wer nach einem neuen „My Arms, Your Hearse“ oder „Blackwater Park“ sucht oder Alben generell gerne Anschlag für Anschlag seziert, der mag hier fündig werden. Und ein stimmiges Coverartwork gibt es auch noch obendrauf.
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