Der W - Autonomie!

Review

Musiker müssen ihren eigenen Visionen folgen und sich verwirklichen, ohne auf das zu hören was Fans wollen, denn die wollen doch meistens nur dieses eine Album, und das am besten zwanzig mal in nur leicht modifierter Art und Weise aufgewärmt. Behaupte ich jedenfalls und nehme damit in Kauf, bei einigen von euch bereits jetzt verschissen zu haben. Überraschend also, dass Stephan Weidner, DER W, nach seinem fulminanten Solo-Einstand mit „Höher, Schneller, Weidner“, dem man die ONKELZ-Vergangenheit noch sehr deutlich anhört, Abstand nimmt und mit seinem zweiten Album seinen musikalischen Horizont erweitert. „Autonomie!“ ist der letzte Schritt, der noch fehlte, um aus dem Schatten der ONKELZ herauszutreten und auf eigenen Beinen zu stehen.

Courage, Kalkulation oder schlichtweg Kreativität? Vielleicht von allem ein bischen, denn genau so klingt „Autonomie!“ – von jedem ein bischen, experimentell, nur selten gibt es etwas, das (musikalisch) leicht verdaulich ist, wie zum Beispiel der straighter Rocker „Machsmaulauf“: Die meisten Songs benötigen ihre Zeit um ins Ohr zu gehen. So lebt „Urlaub mit Stalin“ von an POLICE erinnernde Reggae-Gitarren, „Sekte oder Selters“ glänzt mit Synthie-Effekten und „Furor“ klingt wie eine RAMMSTEIN-Nummer, während Songs wie das treibende „Fleisch“, das mit einem wunderbaren Refrain ausgestattete „Lei(d)figuren“ und „Ihr habt Recht“ wie gewohnt drauflos rocken und mit gewohnt ehrlichen Texten zu überzeugen wissen.

„Autonomie!“ ist kein gewöhnliches Rock-Album und wird nicht jedem gefallen. Wenn man sich jedoch darauf einlässt und sich Zeit nimmt auch die Texte zu verstehen, dem winken einige Stunden gute Unterhaltung. Und wer mit „Autonomie!“ trotzdem nichts anfangen kann, der kann sich als Alternative dem WIRTZ zuwenden, denn der hat mit seinem aktuellen Album „Akustik Voodoo“ ein Ass im Ärmel.

14.10.2012
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