Der Blutharsch And The Infinite Church Of The Leading Hand - Joyride

Review

Dräuende Minimalgitarren und elektronische Effekte eröffnen „Joyride“, und als Frau Marthynnas Sprechgesang einsetzt, klingt es wie SOAP&SKIN auf Fliegenpilz. Danach wird es dichter und lauter. Auch dieses Album wummert, bratzt und gniedelt mal wieder, dass es eine Art hat. Besonders der Bass kann einem bei hinreichender Lautstärke die Tapete von der Wand pellen. Aus den schweren Bassfrequenzen ragen halbmelodische Gitarrenleads und die lebhafte Perkussion heraus, während die Synthesizer kleine Leuchtpunkte setzen. Dabei bleiben die Stücke ordentlich rhythmisiert, pulsieren mitunter geradezu, während sie zumeist im unteren Midtempo vorwärtswalzen. Auch aufgeschlossene Sludge-Hörer sollten hier mal reinlauschen und mit dem letzten und langsamsten Stück „Immolate My Dreams“ anfangen.

Die Band führt ihre Interpretation psychedelischer Rockmusik fort und erinnert nur noch entfernt an die kinky marches (Selbstbeschreibung), die sie bis Mitte der Nullerjahre fabriziert hat. Gleichzeitig sorgen die gewohnt abgedämpfte Produktion und die aufgetürmten Klänge von geschätzt drei Dutzend Instrumenten auch diesmal dafür, dass dieses Album unverwechselbar nach dem BLUTHARSCH klingt. Wer also die letzten drei, vier Alben der Band mochte, wird wohl auch „Joyride“ mögen. Nur ein Bandklassiker wird dieses Album eher nicht werden. Für mich machte immer die Mischung aus Gewummere und Eingängigkeit einen Teil des Charms dieser Band aus, und auf „Joyride“ fehlt mir etwas das Mitpfeifpotential. Ansatzweise gibt es das zwar auch hier, nur eben nicht so stark. Die Melodie etwa von „Mighty Might“ würde auch zu so einer halbironischen 80er-Krimiserie wie „Simon & Simon“ passen. Das meine ich ganz anerkennend.

Weil das die erste BLUTHARSCH-Rezension auf metal.de ist, will ich ein anderes Thema nicht aussparen. Der Band wurde oft vorgeworfen, faschistoides Gedankengut zu verbreiten, und in der Vergangenheit gab sie oft genug Anlass dazu. Im 1999er Livevideo „Gold gab ich für Eisen“ etwa tritt sie in schwarzen Uniformen auf, singt SS-Lyrik und verabschiedet sich mit dem Ruf „Freiheit für Pinochet!“ von der Bühne. „Provokation“ sagt Bandchef Albin Julius dazu, wie hier nachzulesen ist, und auf den letzten Alben der Band ist nichts dergleichen mehr vorhanden. Der DARKTHRONE-Effekt, sozusagen, auch was den musikalischen Wandel angeht. Übrigens wurden beide Bands schon vor Jahren u.a. vom Rock Hard rehabilitiert, und das meines Erachtens zu Recht. Mir war DER BLUTHARSCH immer zu ulkig, als dass der Nazikram ernst gemeint sein konnte. Wer’s anders sieht: Unten ist das Kommentarfeld.

22.07.2015

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