Defuse My Hate - The Diary

Review

Ich komme ich am Montagabend nichts ahnend nach Hause, um beim Feierabendtee mal kurz in die neuen Promos reinzuhören. Da kurvt doch plötzlich eine mir gänzlich unbekannte Formation aus dem beschaulichen Bad Kissingen mit dem Allerweltsnamen DEFUSE MY HATE um die Ecke und zeigt mir mit ihrem komplett in Eigenregie aufgenommenen Debüt „The Diary“ mal eben, wo der Modern-Metal-Hammer des deutschen Nachwuchses zu hängen hat. Und nachdem ich gute 37 Minuten quasi sprachlos auf meinem Sessel sitze und mir das Spektakel reinziehe, muss ich das dann doch einmal aufrollen.

DEFUSE MY HATE bestehen seit 2008, haben hier und da schon Tour-Erfahrung gesammelt. Nach einer kleinen EP haben die vier Jungs beschlossen, gleich ein Album aufzunehmen. Gute Entscheidung, wie sich herausstellte. Gestartet wird ganz verhalten mit dem Intro, bevor mit „The Diary“ dann ein waschechter Melo-Death-Kracher losprescht. Doppelläufige Riffs, schnelle Drums und ein wütender Schreihals spielen ihr Ding runter, als wären Sie schon zwanzig Jahre im Geschäft, aber mit einer offensichtlichen Freude und Lust am Spiel, wie man Sie in letzter Zeit bei vielen alten Hasen vermisst. Zeit zum Verschnaufen gibt es keine, „Machine Of Hate“ bläst mit einem Shotgun-Intro zum Angriff, und gerade als ich denke, ich durchschaue die Song-Strukturen, taucht ein Wahnsinnssolo in bester JUDAS PRIEST-Manier auf und lässt keine Zweifel daran, dass die Herren ihre Instrumente mehr als gut beherrschen. Was die Band über die gesamte Spielzeit hinweg aber interessant macht, ist ihre unglaubliche Wandlungsfähigkeit: Man kann anscheinend nach Belieben zwischen Core-Nummern à la „Over The Edge“, bösen Death Metal-Tracks wie „Fight“ oder einfach gestrickten, aber mit Hammer-Refrain versehenen Titeln wie „Eyes Of Fire“ springen und dabei trotzdem nie die eigene Linie verlieren. Immer wieder sind es die Feinheiten wie die ausgezeichneten Soli, die gezielt eingesetzten und ohrwurmtauglichen cleanen Refrains sowie der Verzicht auf unnötige Breakdowns oder elektronische Spielereien, die das ganze Album so hörenswert machen.

Drei Punkte bis zur Perfektion fehlen deshalb, weil sich der Sänger in den cleanen Momenten hier und da mal eine Unsicherheit und „Kermit der Frosch“-ähnliches Gequake leistet, was aber auf Grund der Seltenheit dieser störenden Faktoren dem Gesamteindruck keinen großen Abbruch tut. Löblich hingegen ist der für eine Eigenproduktion durchgehend klare und druckvolle Sound. Es gehört auf jeden Fall einiges dazu, ein 10-Track-Album, vom Cover bis zur Aufnahme in Eigenarbeit auf die Beine zu stellen und sich das nicht mal groß anmerken zu lassen. Ich hoffe, dass ein Label in Zukunft auf die Jungs aufmerksam wird, dann wird man sicherlich noch einiges hören.

15.12.2011

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