Deftones - Ohms

Review

Die DEFTONES haben gute vier Jahre ins Land ziehen lassen, um den Nachfolger von „Gore“ in die Ladenregale segeln zu lassen. „Ohms“ segelt nun aber endlich und lässt die Frage stellen, ob, und wenn ja: wohin sich Chino Moreno und Co. mit ihrem ikonischen Sound bewegen werden. Die Frage ist gar nicht mal so unspannend, denn die US-Amerikaner erschienen auf ihren vergangenen Veröffentlichung in den Ohren kritischerer Betrachter als zunehmend leidenschaftslos, weit entfernt von ihren rohen Ursprüngen, weit entfernt von der Klasse, die „White Pony“ bis zum heutigen Tag sicher nicht ganz ohne Grund zugesprochen wird.

„Ohms“ lässt seine Muskeln spielen

2020 bestechen DEFTONES weiterhin mehr mit Sounddesign denn mit Songwriting, wobei sie ihren Sound wiedererkennbar halten. Das heißt nicht, dass sie auf „Ohms“ keine ansprechenden Spitzen setzen. Vor allem sind es die erfreulich zahlreichen, aggressiveren Momente, die sich unmittelbar in die Hirnwindungen fräsen. Als erstes springt den Hörern in dieser Hinsicht gleich der Opener „Genesis“ an mit seinem schweren Midtempo-Groove, unterlegt mit einem simpeleffektiven Alt-Metal-Riff, das zugegeben ohne die atmosphärisch-elektronische Klangkulisse ziemlich tumb vor sich hin marschieren würde.

Ebenfalls zu den Highlights darf man „Error“ zählen, das mit reichlich Dampf und einer richtig schmutzig riffenden Gitarre groovt, in seine fette Hook dennoch eine schicke, subtile Synth-Melodie eingeschmuggelt bekommt. „The Spell Of Mathematics“ bringt eine geradezu ätherische Hook sowie eine dank Clap-Sounds geradezu unbeschwert klingende Bridge in einen an sich sonst relativ zünftig zupackenden Stampfer unter. Das aggressive Doppelpack „This Link Is Dead“ und „Radiant City“ lässt ebenfalls aufhorchen, vor allem dank Morenos Geschrei, das hier so unverbraucht wie zu „Around The Fur“-Zeiten klingt. Und zum Ende des Titeltracks hin werfen die Kalifornier dann doch noch mal einen einschlägigen Taktwechsel ins Rund.

Dennoch schwächeln DEFTONES (wieder) etwas beim Songwriting

Dennoch ist es wieder das Songwriting, das „Ohms“ zu einem kurzweiligen, aber nicht langfristigen Vergnügen macht. Das Songwriting fordert einfach nicht oft genug die Aufmerksamkeit der Hörer ein. Die kommandierende Präsenz der aggressiveren Cuts schafft das zwar allein durch den Nachdruck, mit dem sie präsentiert werden, geraten stellenweise aber auch zu langatmig. Und um diese Highlights herum, zum Beispiel bei „Pompeji“, verkommt der Sound von Moreno und Co. einmal mehr zu Hintergrundmusik. Das ist in dem Falle glücklicherweise keine Vollkatastrophe, denn wie eingangs erwähnt gefällt die Instrumentierung und atmosphärische Klangkulisse praktisch durchweg.

„Ohms“ ist also ein wenn auch im oberen Mittelfeld angesiedelter, üblicher Verdächtiger im neueren DEFTONES-Backkatalog. Wer die Band beispielsweise aufgrund von Morenos Stimme nichts abgewinnen kann, für den wird auch „Ohms“ keine Offenbarung darstellen, denn seine  klagende Cleans sind immer noch gewöhnungsbedürftig. Für diejenigen, für welche die Kalifornier jedoch im weiteren, klanglichen Interessenradius verkehren, ist „Ohms“ mindestens mal den ein oder anderen Hör wert.

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25.09.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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4 Kommentare zu Deftones - Ohms

  1. nili68 sagt:

    Musikalisch fand ich die schon immer ganz gut, auch dieses Lied hier, aber die im Review angesprochenen klagenden Cleans stellen für mich ein unüberwindbares Hindernis dar. Klingt mir einfach zu.. ihr wisst schon.

  2. Watutinki sagt:

    Mir gefällts, auch gesanglich, ist aber musikalisch nichts, was ich häufig reinlegen würde.

  3. poshmit sagt:

    Hier sehen wir wieder das Phänomen einer Band, die (ihre) Messlatte in den vorangegangenen Werken sehr hoch gelegt hat und natürlich daran gemessen wird.
    Blendet man diese selbstdefinierte Hürde aus und versucht das musikalische Geschehen im Gesamten zu überblicken, so weit es eben möglich ist, ist dieses Album nicht nur für Diejenigen interessant, die sich an die klagenden Vocals gewöhnt haben.
    Übrigens ein Merkmal und Wiedererkennungswert, der seinesgleichen sucht.
    Eventuell haben 36 Crazyfists ähnlich klagende Vocals, vor allen Dingen in den ersten Veröffentlichungen. 😉

    Aber auch hier: der Eine mag’s, der Andere scheut’s.

    7/10
  4. elLargo sagt:

    Ich bin Deftones Fan seit den Anfangstagen und bin mit dem Album sehr zufrieden. Ich würde es mit Diamond Eyes und Koi no Yokan auf eine Ebene stellen.

    Gerade diese wuchtigen Gitarrenwände und das jugendliche Screaming, abwechselnd mit dem verträumten Sounds und den schmachtenden Clean Vocals ist doch das, was den Deftones Sound seit Chi‘s Unfall ausmacht.

    Ich kann voll verstehen das nicht jeder mit Chinos Gesang klar kommt da er oft sehr dissonant ist. Dann gibt es Leute denen das gefällt, ich bin damit aufgewachsen. Ohms klingt so wie ich mir Eros vorgestellt habe 👌🏻

    9/10