Eine der brutalsten Death Metal-Bands meldet sich endlich mit einem neuen Album zurück. Wie schon in unserem Soundcheck (und auch im letzten zu „The Sanguinary Impetus“) zu hören war, ist die Musik so hart, dass die Band nie den Mainstream erreichen wird, was sie aber nicht daran hindert, um die ganze Welt zu touren.
Zurück zum Wesentlichen: „Chronicles Of Lunacy“ ist das siebte Album der Band und kann quasi als verspätetes Geburtstagsgeschenk zum 30-jährigen Bandjubiläum betrachtet werden, denn der Vorgänger „The Sanguinary Impetus“ liegt bereits vier Jahre zurück und die Band wurde im vergangenen Jahr 30 Jahre alt.
Das brutalste Geburtstagsgeschenk
Auch wenn es schwierig erscheint, eine Band wie DEFEATED SANITY in ihrem Spektrum im Detail zu analysieren, so gibt es doch auf den meisten Alben ein paar wiederkehrende Trademarks, die mehr oder weniger aufgegriffen werden, und so kann man den Sound des neuen Albums durchaus als eine gute Mischung aus den letzten beiden Alben bezeichnen, Denn dem fast schon cleanen Charakter eines Albums wie „Passages Into Deformity“, das mit einer für Bandverhältnisse fast schon zu schönen Soundlodge-Produktion aufwartete, steht auf „Chronicles Of Lunacy“ ein roher, dreckiger Gitarrensound gegenüber, der die Brutalität des Vorgängers sogar noch leicht übertrifft.
Vom Songwriting her kommen „Chronicles Of Lunacy wieder organischer und weniger kopflastig daher als „The Sanguinary Impetus“ in all ihren Blasts. Trotz ausreichender Tempowechsel und technischer Kniffe gibt es viele direkte Parts mit Slam-Charakter, die so in aller Einfachheit stampfen und direkt zum Moshen animieren. Wir alle wissen, dass Bandkopf Gruber nichts dem Zufall überlässt und so scheint es fast schon Kalkül zu sein, dass einige Tracks bewusst auf Spielereien verzichten und in bester DEVOURMENT-Manier einfach straight ballern. Frontmann Welshman, der die Band seit 2016 mit seinen Growls bereichert, darf als brutale Konstante der Band auch auf diesem Album nicht unerwähnt bleiben, denn sein charakteristischer Gesang ist nicht unwesentlich für die Brutalität der Scheibe.
Im Vergleich zum Vorgänger ist „Chronicles Of Lunacy“ sicherlich ein wenig ausgewogener und oldschooliger, was die US-Brutal-Death-Affinität mit all ihrer Moshbarkeit und durch die Fans von den Bands verlangt. Die Produktion ist um einiges fetter und brachialer, aber auch im Songwriting spürt man die deutliche Veränderung, die sich vor allem im Verzicht auf durchgeknallte, schnelle Parts wie auf „Conceived Through Savagery“ oder „Propelled Into Sacrilege“ auf dem neuen Werk so eher selten zeigt, auch wenn zum Beispiel ein Track wie „Accelerating The Rot“ ordentlich bläst, aber bei aller Geschwindigkeit und technischer Finesse einen guten Ausgleich mit stampfenden Parts findet.
Rückbesinnung zur Moshability
„Chronicles Of Lunacy“ ist definitiv der nächste logische Schritt für DEFEATED SANITY und die Rückbesinnung auf Moshbarkeit ist vor allem als klares Zeichen für die Livetauglichkeit des neuen Materials zu werten.
DEFEATED SANITY zeigen sich brutal, mosh- und wie immer unberechenbar. Das Album ist lyrisch nicht gerade zimperlich und auch wenn sich die Band nicht in szenetypischen Misogynie- und Nekrophiliefantasien verstrickt, gibt es bei Songs wie „Amputationsdrang“ oder „A Patriarchy Perverse“ wenig zu lachen. Die Band bleibt auch mit diesem Album eine der brutalsten Kombos auf diesem Planeten, und auch wenn man den neuen Anspruch der Band mit gedrosseltem Tempo und mehr Moshability im direkten Vergleich zum Vorgänger vielleicht kritisch hinterfragen mag, darf man sich von der Urgewalt der Platte auch einfach mal mitreißen lassen.
Wieder mal große Klasse aus dem Hause Defeated Sanity! Der verstärkte Fokus auf Fusion/Prog seit der Selfsplit gibt der Mukke einfach nochmal mehr Tiefe auf der 2. Ebene und es gibt einfach kaum eine Band, die es schafft Fusion und Brutalität auf so natürliche Weise zu verbinden und in ihren Sound zu integrieren, ohne dass es experimentell klingt. Dazu trägt auch wieder der Mix von Colin Marston bei, der es wieder schafft das ganze fett und brutal klingen zu lassen, aber auch genug Raum lässt dass die ganzen musikalischen Feinheiten rauskommen und scheinen können. Die Performance der Musiker spottet ohnehin wieder jeder Bewertung, speziell Lilles Leistung mal wieder. Man nehme nur mal einen Song wie „A Patriarchy Perverse“ und versuche in den Slam-Parts die Snare-Schläge vorherzusagen. Unmöglich.
Obs den Karrierehochpunkt „The Sanguinary Impetus“ (den Selfsplit mal ausgeklammert) toppt, wird erst die Zeit zeigen, aber fest steht, dass man einmal mehr bewiesen hat, dass man zur absoluten Elite gehört. 9,5
Genau.
Sophisticated Slam bleibt summa summarum immer noch Slam. Ich bin damit raus und genieße nochmal die letzte Disentomb.