Def Leppard - Def Leppard

Review

Galerie mit 26 Bildern: Def Leppard - Tons Of Rock 2019

DEF LEPPARD schauen in den Spiegel, sehen die Falten der „musikalischen Weiterentwicklung“, die Furchen des „künstlerischen Reifens“, die Runzeln der „soundtechnischen Modernisierung“. Das Bild verschwimmt, der Raum wankt, da schlägt einer zu. Und aus den Scherben steigt er glorreich empor, der 80er-Superhelden-Phönix, er heißt: „Def Leppard“.

Das Comeback der Briten hält sich mit Förmlichkeiten nicht lange auf: Joe Elliot raunzt zu Beginn von „Let’s Go!“ ein aufreizendes „Do you really wanna do this now?“ und während du nach einem verschämten Blick nach links und rechts mit diesem metallenen Geschmack im trockenen Mund und steigendem Puls gerade deine (falsch verstandene) Coolness in der erhobenen Rockerfaust zerknüllst, nimmt „Let’s Go“ auch schon Fahrt auf und dein Hymnen-Herz endgültig ein: Ein wuchtiges Simpel-Riff, verstärkt durch ebensolches Drumming mit ordentlich Hall für die Over-the-Top-Stadion-Atmo kündigt ein „Let’s Get Rocked“ in besser an – und hält die Versprechung mit einem grandiosen Ohohoho-Refrain, der gekommen ist, um zu bleiben. Geilomat: DEF LEPPARD klingen wie vor 30 Jahren! „Welcome to the carnival, welcome to the party!“ Und dann „Dangerous“, das sich auf Anhieb anfühlt wie ein alter Kumpel: Phil Collen gibt mit Vivian Campbell im Rücken VAN HALENs Eddie in simpel-effektiv, wie fast nur er es kann, bevor sich DEF LEPPARD melodietechnisch nonchalant selbst huldigen: „Dangerous“ klingt in seiner glänzenden Mitte doch allerbest nach „Photograph“.

Und auch die etwas smootheren „Invincible“ und „Energized“ sowie „Sea Of Love“ mit seinem mehrstimmigen Chor, der tatsächlich an MIDNIGHT OIL in Spandex (absurde Vorstellung!) denken lässt, bringen das Smartpho… das Feuerzeug flugs in die Stadion-Welle. Das ebenfalls hymnische „All Time High“ wird neben seinem typisch harmonischen Chor durch ein Solo veredelt, das zwischen aufgedreht und lässig, also Angus und Slash, hin und her gleitet. Der Rest des ersten LEPPARD-Albums seit sieben Jahren ist überwiegend mindestens solide. Lediglich die leisere Seite von „Def Leppard“ kann eher wenig: „We Belong“ und vor allem „Last Chance“ sind recht konturlose Powerballaden, das nachdenkliche „Blind Faith“ mit seinen Streichern und der Flöte zum Abschluss des Albums hat allerdings mehr Niveau.

Nun gut, das ganze Cheesy-Eighties-Ding muss man (und frau) schon wollen: Wer mit den variableren, insgesamt irgendwie „erwachseneren“ DEF LEPPARD der letzten Dekaden gut klarkam, wird den vollkommen schmerzbefreiten Breitband-Rock von „Def Leppard“ eventuell als plumpen, mit Selbstzitaten gespickten Versuch älterer Herren hören, die eigene juvenile Hochphase erneut zu durchleben. Wer allerdings cool ist, dem wird es mit „Def Leppard“ wie mit den ähnlich rückwärtig konzipierten letzten Werken von VAN HALEN oder BRYAN ADAMS gehen: Hirn aus, Hormone bzw. besser: Emotions an und ab dafür! Leider geil.

Und ein Wort abschließend noch zu „Man Enough“, einem erneut simplen, leicht funkigen, vom Bass dominierten Groover, dessen zentrale Frage lautet: „Are you man enough to be my girl?“ DEF LEPPARD sind ja nicht erst seit „Pour Some Sugar On Me“ als die Philosophen des an großen Geistern nicht eben armen Genres bekannt – wird hier tatsächlich die Gender-Frage lässig im Rock (!) untergebracht? Zweifel bleiben…

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26.10.2015

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