Deep Purple - Fireball

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

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Was soll nach einer Scheibe wie „Deep Purple In Rock“ folgen? Vor dieser Frage stehen DEEP PURPLE 1971. Das Management möchte auf der einen Seite, dass die Band möglichst viele Live-Konzerte spielt, aber auch ein neuer Longplayer soll her. Im September 1971 ist es dann soweit. Mit „Fireball“ steht das zweite Album der MK II Besetzung von DEEP PURPLE in den Plattenläden.

Was soll nach „Deep Purple In Rock“ folgen?

Vorab zu den Besonderheiten der Veröffentlichung. Wie in den 70ern nicht unüblich, ist „Strange Kind Of Woman“ nicht auf der Scheibe, welche in England veröffentlicht wird, sondern nur als Single erhältlich. Bei der US-Variante wird „Demon’s Eye“ durch „Strange Kind Of Woman“ ersetzt. „Fireball“ gilt als einer der progressivsten Hard-Rock-Longplayer und wird als ein Wegbereiter für den Heavy Metal angesehen.

Der Titeltrack steht am Anfang der Scheibe und erinnert an „Speed King“, den Opener auf „Deep Purple In Rock“. Der Song basiert auf realen Lebenserfahrungen von Ian Gillan. Geräusche einer eingeschalteten Klimaanlage sorgen zum Anfang für einen sehr speziellen Touch und es stellt sich die Frage, ob DEEP PURPLE noch Hard Rock sind, oder sich bereits im Heavy Metal oder Speed Metal befinden.

Mit „No No No” geht es zum klassischen Hard Rock, allerdings progressiv und ausufernd, wo Ritchie Blackmore seine Fähigkeiten zeigen kann. Je nach Version folgt entweder die bekannte Single „Strange Kind Of Woman“ oder „Demon’s Eye“. „Strange Kind Of Woman“ ist ein typischer MK II-Track von DEEP PURPLE und erzählt die Geschichte einer Prostituierten, in die sich ein Freund von Gillan verliebt hatte. Dagegen sortiert sich „Demon’s Eye“ eher in die progressive Schublade ein und knüpft an „No No No“ an. Die Hammond-Orgel von Jon Lord ist omnipräsent und drückt der Nummer seinen Stempel auf.

Fast vollkommen aus dem MK II-Rahmen fällt das Ende der A-Seite mit “Anyone’s Daughter”. Das Ding erinnert eher an Blues Rock von THE ROLLING STONES, als das der Track die Trademarks von DEEP PURPLE der frühen 70er Jahre beinhaltet. Gillan sagte später dazu, dass die Aufnahme von „Anyone’s Daughter“ auf dem Album „ein gutes Stück Spaß, aber ein Fehler“ sei.

Das Maultier eröffnet die B-Seite von „Fireball“

Die B-Seite eröffnet das Maultier oder „The Mule“. Nach dem eher faden Ende der A-Seite klingt der Start in die B-Seite wieder nach DEEP PURPLE. Allerdings setzen die Protagonisten mehr auf ihre Instrumente und „The Mule“ kommt in Teilen im Kraut-Rock-Gewand der frühen 70er Jahre daher. Auf diesen musikalischen Ausflug setzen DEEP PURPLE mit dem achtminütigen „Fools“ mehr als ein Achtungszeichen. Ausufernd, aber nicht ins unendliche gehend, bringt „Fools“ alles mit, was DEEP PURPLE in den frühen 70ern stark macht. Gillan hinterlässt mit seinem markanten Organ genauso seinen Stempel wie die Instrumentalisten Blackmore und Lord. Der mittlere Teil, mit dem an klassische Kompositionen erinnernde Intermezzo, welches mit dem Gesang von Gillan beendet wird, zeigt ein weiteres Mal die herausragenden Fähigkeiten der MK II Besetzung.

Der Schlusspunkt nennt sich „No One Came“ und rückt Jon Lord mit der Hammond-Orgel in den Vordergrund. Es ist keine schlechte Nummer, aber gegenüber „Fools“ abfallend und von der Saitenarbeit für MK II Verhältnisse zu einfach gestrickt.

„Fireball“ in der Retrospektive

Die Protagonisten selbst waren nur bedingt zufrieden, mit dem was auf „Fireball“ zu hören ist. Blackmore erklärte wie folgt: „Das war eine Katastrophe, weil die Platte im Studio zusammengewürfelt wurde. Unter dem Druck des Managements hatten wir keine Zeit. Du musst hier, hier, dort spielen, dann musst du eine LP machen. Ich sagte ihnen: Wenn ihr eine LP wollt, müsst ihr uns Zeit geben, was sie nicht getan haben. Ich habe einfach Ideen den anderen Bandmitgliedern zugeworfen, die ich mir spontan ausgedacht habe.“

Trotzdem gilt die Scheibe als Einflussreich für den Heavy Metal und Hard Rock. YNGWIE MALMSTEEN erhielt „Fireball“ als Geschenk von seiner älteren Schwester als er acht Jahre alt war. Die Scheibe hat alles verändert für ihn. In ähnlicher Weise ergänzt METALLICA-Schlagzeuger Lars Ulrich, dass er innerhalb von zwölf Stunden, nachdem sein Vater ihn 1973 zu einem DEEP PURPLE-Konzert in Kopenhagen mitgenommen hatte, eine Kopie von „Fireball“ gekauft habe und verbindet mit dem Konzert und dem Album den Startpunkt für sein Interesse an Hard-Rock-Musik.

Bei der Betrachtung der Scheibe in der englischen Veröffentlichung bleiben mit „Fireball“, „Fools“ und in Teilen „The Mule“ nur drei Songs, welche hervorstechen. Dagegen steht „Anyone’s Daughter“, welcher als Ausfall zu betrachten ist. Die restlichen Tracks wie „No No No” oder “Demon’s Eye” sind nicht schlecht, haben aber nicht die hohe Qualität, welche auf „Deep Purple In Rock“ oder später „Machine Head“ zu finden ist. „Fireball“ steht im Schatten der beiden Meisterwerke, ist aber trotzdem eine interessante LP für Menschen mit Vorliebe für die Gitarrenmusik der frühen 70er Jahre.

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