Deep Purple - =1

Review

Im Winter 2022 SAXON, URIAH HEEP und die ROLLING STONES im Jahr 2023 und SAXON schon wieder 2024. Die Altmeister aus UK melden sich nach wie vor mit relevanten Werken zu Wort. Im Sommer 2024 folgt nun DEEP PURPLE mit „=1“, oder in Worten ausgedrückt „gleich eins“. Moment: solche mathematischen Symbole und Zeichen aus England für Plattentitel sind nichts neues. ED SHEERAN lieferte „+“, „x“, „=“ oder „–“. Sind DEEP PURPLE auf dem Trip von ED SHEERAN?

Was bedeutet der mathematische Begriff „=1“

Im Vorfeld sickerten diverse Informationen zum neuen Werk von DEEP PURPLE durch. Eigentlich wollen die Herren nach der aktuell laufenden Tour endgültig ihr Altersdomizil aufschlagen. Ian Gillan wird in wenigen Tagen 79, Roger Glover im November. Ian Paice und Don Airey feierten gerade ihren 76. Geburtstag. Die Nachwuchskraft ist der ehemalige SWEET SAVAGE-Gitarrist Simon McBride mit gerade einmal 45 Jahren. Er ersetzt Steve Morse, der sich um seine schwer erkrankte Frau kümmert.

Was soll das mathematische „=1“ bedeuten? Eine detaillierte Aufklärung gibt es bisher nicht. Der Ansatz, dass DEEP PURPLE mit „=1“ den ersten Platz der Charts holen möchte, klingt einfach, aber auch nicht grundlegend verkehrt. Oder nummerieren DEEP PURPLE die Alben mit McBride durch? Nach „Whoosh!“ (2020) und dem Coveralbum „Turning To Crime“ gibt es 13 Stücke aus der Feder der Mitbegründer harter Gitarrenmusik. Was kann die seit 2022 bestehende Mk IX-Bandbesetzung, was nicht bereits die acht anderen Formationen auf Vinyl oder Silberling gepresst haben?

Will „=1“ den ersten Platz der Charts?

Im Gegensatz zu anderen Altersgenossen verzichten DEEP PURPLE zu großen Teilen auf technische Schönfärberei. Gillan hat nicht mehr das Gesangsvolumen wie vor 50 Jahren, seine Vocals kommen aber gut rüber. Auf große Variabilität und Experimente wird verzichtet. Es gibt einfach erdige Rockmusik. Gleiches gilt für die Drums – andere Bands nutzen KI oder Drum Computer. DEEP PURPLE haben einen personifizierten Drum Computer mit Namen Ian Paice. Das gibt den Liedern einen organischen Sound und DEEP PURPLE klingen vor der ersten Sekunde nach DEEP PURPLE, voluminös, schnörkellos und gradlinig. Der Nachwuchs an der Gitarre macht seine Sache ebenfalls gut, sodass das Bandgefüge Mk IX an die Mk VIII-Formation nahtlos anknüpft.

„Show Me“ eröffnet den Dreher zunächst mit verspielten Tönen. Nach dem Intro gibt es genau die Musik, die sich die Fanbase von DEEP PURPLE wünscht. Gillan und seine Mitstreiter grooven sich zum Refrain, vom Keyboard in bester Jon-Lord-Manier begleitet. Nachschlag? „A Bit On The Side“ erinnert an Sachen wie „Perfect Strangers“ und die Mk II-Reunion in den 80er Jahren. Die Brücke zu den großen Werken schlagen der „Sharp Shooter“ oder auch die bereits ausgekoppelte Single „Portable Door“. Die Dinger könnten mit einem jungen Gillan auch auf zum Beispiel „Fireball“ zu finden sein. „Machine Head“ und „In Rock“ sind außen vor. Die beiden Alben sind perfekt und besser als perfekt ist nicht möglich.

Im Riffgewitter anderer Tracks gehen das bluesige “If I Were You” und das balladeske “I’ll Catch You” etwas unter. “Pictures Of You”, “I’m Saying Nothin’” oder “Bleeding Obvious” sind starke Classic-Rock-Tracks, die die DEEP-PURPLE-Trademarks der vergangenen Jahrzehnte transportieren. Die Brücke zwischen der ersten Mk II-Phase und der jetzigen Mk IX-Besetzung kommt immer wieder zum Vorschein.

„Strange Kind Of Women“ kennt jeder, oder? Der Anfang und der Groove von „Lazy Sod“ erinnern an den Klassiker. Im weiteren Verlauf gibt es einen exzellenten Hard-Rocker, wo der „Strange Kind Of Women“-Groove immer mal wieder durchblinzelt, sodass „Lazy Sod“ das 70er Jahre Gen tief eingepflanzt bekommt. Das nächste Highlight folgt mit „Now You’re Talkin’“, wo Gillan sogar kurzfristig richtig keift. Der Rhythmus, die Saitenarbeit, die Keys – wer den Song an das Ende von „Machine Head“ packt, kann „Now You’re Talkin’“ als Bonustrack verkaufen.

DEEP PURPLE sind auch anno 2024 relevant

In einer Vorabinformation erklärt Neuzugang Simon McBride, dass viele Lieder in fünf oder zehn Minuten im Proberaum entstanden sind. Hier spielen fünf Vollblutmusiker und liefern auch im sechsten Jahrzehnt der Bandgeschichte ein hochklassiges Heavy-Rock-Album. Es gelingt mit vielen Nummern die Klammer zur Mk II-Besetzung zu bilden. Als Beispiel wären „Now You’re Talkin’“, „Lazy Sod“ oder „Sharp Shooter“ zu nennen.

Insgesamt klingt „=1“ fast wie aus einem Guss. Das balladeske „I’ll Catch You“ fällt etwas ab, ist aber weit von einem Ausfall entfernt. DEEP PURPLE anno 2024 sind eine Empfehlung für die Anhängerschaft von rockiger Gitarrenmusik, egal ob das Genre in den 70ern, 80ern oder über die Retro-Rock-Schiene im vergangenen Jahrzehnt entdeckt wurde. Gillan und Co. klingen zeitlos und sollten jeden Fan begeistern.

16.07.2024

Ein Leben ohne Musik ist möglich, jedoch sinnlos

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