Wer hätte vor zwei Jahren einen derartigen Entwicklungsschritt dieser kalifornischen Gruppierung erwartet? “…And Time Begins“ konnte zwar bereits bei Knüppelpuristen ordentlich punkten, über diesen Hörerkreis hinaus blieb der Name DECREPIT BIRTH allerdings weitgehend blass. Mit “Diminishing Between Worlds“ sollte sich dies schlagartig ändern, so trat das Trio mit diesem Album fast schon eine Melodic-Brutal-Death-Welle los, der sich im Laufe der Zeit etwa auch DEEDS OF FLESH anschlossen. Mittlerweile sind die Amis bei Massacre Records untergekommen und veröffentlichen mit “Polarity“ ihren dritten Langspieler. Stilistisch tritt das Teil, wie sich höchstwahrscheinlich sehr viele erhofft haben, genau zwischen die beiden Vorgänger und versucht positive Elemente zu fusionieren.
Schon der Opener beweist in idealem Maße wie die Trennlinien zwischen den beiden Vorgängerwerken verschwimmen und zu einem neuen und doch irgendwie alten Ölgemälde verlaufen. Die verträumten Akustikparts und die vertrackten Melodielinien repräsentieren “Diminishing Between Worlds“ nahezu optimal, wohingegen die stets präsenten Gewaltausbrüche einen deutlichen Strich unter das Debütwerk von DECREPIT BIRTH ziehen. Technische Präzision von wahrlich allerhöchster Güteklasse braucht man der Band schon längst nicht mehr bescheinigen, denn das gehört schon länger zur absoluten Selbstverständlichkeit.
“Polarity“ wurde dazu endlich mal in annehmbarer Lautstärke abgemischt, sodass die technisch enorm komplexen Arrangements so richtig bis in die letzte Hirnwindung vordringen können. Sei es das charakteristische Gebelle von Sänger Bill Robinson, die wahnsinnigen Drum-Salven oder die kompromisslose instrumentale Perfektion an den Saiten – das sind alles kleine Bausteine, die DECREPIT BIRTH aus der Masse herausheben. Im Hinblick auf die aktuelle Scheiblette kann man dahingehend glücklicherweise im Präsens sprechen, denn “Polarity“ ist aus einem derartigen Guss, sodass es qualitativ zweifelsfrei an den genialen Vorgänger anknüpfen kann. Bezogen auf die einzelnen Stücke ist das Songmaterial diesmal alles in allem ein wenig kürzer geraten, die musikalische Vollbedienung gibt es trotzdem, von daher: Daumen hoch, Kinnlade runter!
"…Daumen hoch, Kinnlade runter …", dem kann ich mich nur anschliessen. Schnell, heftig, technisch brilliant – einfach ein Spitzenalbum.