Decline Of The I - Johannes

Review

Mastermind A.K. (MERRIMACK) beendete mit dem letzten Album „Escape“ eine Trilogie seines Post-Black Metal-Projekts DECLINE OF THE I und suchte danach offenbar nicht nur nach einem neuen Thema, sondern auch neue Mitmusiker. Mit den 2019 dazu gekommenen SI (Vocals), AD (Bass/Vocals) und SK (Drums) geht es zwar thematisch anspruchsvoll weiter, zugrunde liegt aber nicht mehr das Werk des französischen Chirurgen und Neurologen Henri Laborit, sondern des dänischen Philosophen Søren Kierkegaard. Und natürlich stecken sich die Franzosen wieder hohe Ziele: Album Nummer vier markiert direkt den Start einer neuen Trilogie.

DECLINE OF THE I – Finsterer Tritt in den Allerwertesten

Wer postiges, flirrendes Gitarrengedudel erwartet, dem treten DECLINE OF THE I – nach kurzem, stimmungsvollen Intro – direkt mit „A Selfish Star“ ordentlich in den Allerwertesten. Der Opener überrollt den Hörer mit seiner puren Kraft, die sich nicht durch brutale Höchstgeschwindigkeit, sondern die unglaubliche Macht der Riffs und den Aufbau einer extrem dichten Atmosphäre auszeichnet. Auch die Chöre und Kinderstimmen tragen dazu viel bei, erzeugen erst einmal Gänsehaut, völlig ohne auch nur ansatzweise in Richtung Kitsch zu gehen. Ganz im Gegenteil, dieser schwere Brocken eines Songs erzeugt eher den Gedanken: „Boah, ist das finster“.

„The Veil Of Splendid Lies“ liegt im Anschluss weniger schwer im Magen, ist mit Abstand der zugänglichste Song auf dem Album und erinnert atmosphärisch stellenweise ein klein wenig an die letzte Platte von ROTTING CHRIST, ohne natürlich annähernd so bombastisch daherzukommen oder verstärkt im Death Metal zu wildern. Die Wucht und die beeindruckende Intensität des Openers kann dennoch beibehalten werden, wird sogar noch ein wenig gesteigert.

Nach so einem starken Beginn ist fast absehbar, dass es schwierig wird, das hohe Niveau dauerhaft zu halten. DECLINE OF THE I knicken hier in Form von „Act Of Faith“ ein wenig ein. Nicht nur der durchaus variable Gesang präsentiert sich irgendwie weniger mitreißend, ohne dass dies wirklich in Worte zu fassen ist. Zwar ist das Gerüst aus Chören und dramatischer Inszenierung weiter vorhanden, schafft es in diesem Song aber am wenigsten einzelne Versatzstücke zusammenzuhalten. Ist die Nummer daher schlecht? Mitnichten. Aber so ist das eben, wenn man selbst die Messlatte hoch angesetzt hat.

Das abschließende Duo aus „Tethering The Transient“ und „Dieu Vide“ bekommt allerdings die Kurve und zeigt noch einmal, wie auch eine sehr reduzierte Gitarrenmelodie in der Lage sein kann, einen komplexen, ausladenden Song zu tragen, während sich die immer wieder eingestreuten Sludge-Parts gerade in erstgenanntem Song besser in das Gesamtkonzept einfügen und das häufig variierende Tempo die Band noch einmal von einer anderen Seite zeigt.

Schlüssig, atmosphärisch dicht, fesselnd – „Johannes“

Einer der größten Kritikpunkte am Vorgänger „Escape“ war für den Kollegen Wolfsbrunn das Fehlen eines roten Fadens. Die Veröffentlichung eines Konzeptalbums ist da erst einmal ein guter Ansatz, muss aber nicht automatisch auch musikalisch ein stringentes, stets nachvollziehbares Fundament bedeuten. Doch auch dies gelingt DECLINE OF THE I auf „Johannes“ weitgehend, lediglich mit Ausnahme des bereits angesprochenen „Act Of Faith“.

Dennoch ist „Johannes“ ein ambitioniertes, über weite Strecken schlüssiges, atmosphärisch dichtes und vor allem fesselndes Werk geworden, das trotz nach wie vor auftauchender Versatzstücke durch seinen klerikalen Ansatz zusammen gehalten wird. Dadurch, dass den klanglichen Experimenten immer auch packende Riffs und sogar simple, aber eben auch effektive Melodien zur Seite gestellt werden, können Längen weitestgehend elegant umschifft werden. Die Franzosen machen mit dieser Scheibe einen deutlichen Schritt in die richtige Richtung und können bis auf wenige Schwächen in den meisten Punkten voll überzeugen.

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05.04.2021

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1 Kommentar zu Decline Of The I - Johannes

  1. nili68 sagt:

    Grundsätzlich gut wie immer, so vom Feeling her, der Gesang ist auch gut, aber das Konzept des ewig langen Geknödels, bis mal die kurz Post abgeht und man dann schnell wieder in Tiefschlaf fällt, um ja nur zu vermeiden, dass der Song richtig gut wird.. nun ja, bin ich nicht immer in Stimmung für. Vielleicht bin ich ja ein Kunstbanause, aber ich bin kein Freund ständiger Tempowechsel. Ich bin eher für einen konstanten Flow, damit ich gefühlsmäßig reinkomme (und bleibe).. ausser ich bin gerade in artsy Stimmung, so voll sophisticated und so. Wenn ich’s aber bin, dann ist das hier richtig gut. Für den Song 7,5. Bisschen mehr Speed bitte, auch wenn man durch Corona jetzt viel Zeit hat. Die können das ja..