Deathtiny - Descending

Review

Der Schwarzwald ist bekannt für Kuckucksuhren, Kirschtorten und Bollenhüte. Zur Pilgerstätte für Gothic-Metal-Jünger, wird sich das badische Mittelgebirge wohl trotz seines szenekompatiblen Namens so bald nicht entwickeln. Zumindest nicht, wenn man der Beurteilung die „Descending“-EP der Sulzer Nachwuchs-Düsterheimer DEATHTINY zugrunde legt.

Wirklich schlecht ist das, was die 2001 gegründete Formation auf diesen Silberling gepresst hat, zwar nicht, aber unter dem Strich leider auch bei weitem nicht zwingend genug. Das Wechselspiel zwischen weiblichem Klargesang und männlichem Death-Metal-Gegrunze bleibt weit hinter dem von Bands wie AFTER FOREVER gesetzten Standard zurück. Stellenweise wirkt die Stimme von Frontfrau Seraina Kyria zu dünn und unsicher, während ihr Kollege Dennis Buffing ein wenig den nötigen Biss vermissen lässt. Konzentriert sich das letzte verbliebene Gründungsmitglied hingegen auf sein Gitarrenspiel, bringt er deutlich hörenswertere Klänge hervor. Die Riffs sind sauber gespielt und ohne lästige Effekthaschereien arrangiert.

Mitgröhl-kompatible Refrain-Melodien machen besonders den Titeltrack absolut hörenswert. Störend ist da nur der arg nach Plastik klingende Keyboard-Sound, der den Kitschfaktor ins unermessliche steigert. Wenn Tastenmann Axel Greiner sein Instrument hingegen – wie in „My Paradisguise“ – mehr nach einem Piano klingen lässt, zeigt sich, wie wichtig sein Spiel für den Bandsound ist. Ohne alles mit flächigen Waber-Teppichen zuzukleistern, ergänzt und kontrapunktiert er die Gesangsmelodien und bringt ein wenig Licht in die ansonsten textlich wie musikalisch reichlich finsteren Stücke.

Unter dem Strich lässt „Descending“ noch zu viele Fragen offen. Können sich die Schwarzwälder musikalisch und kompositorisch noch steigern? Kann Sängerin Seraina Kyria mehr stimmliche Selbstsicherheit gewinnen und vermitteln? Wird jemand Dennis Buffing mal hinreichend auf den Sack gehen, dass er seine Growls mit der nötigen Angepisstheit interpretieren kann? wird Axel Greiner natürlichere Klänge für sich entdecken? Wird die derzeit noch andauernde Suche nach einem neuen Bassisten und einem zweiten Gitarristen von Erfolg gekrönt sein? Wenn ja, dann befinden sich DEATHTINY auf einem guten Weg. Andernfalls sollte das Quartett in Zukunft wohl lieber Kuckucksuhren basteln, Bollenhüte nähen oder Kirschtorten backen.

10.06.2009

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