Deathspell Omega - Paracletus

Review

Die Geschichte der französischen Ausnahmeerscheinung DEATHSPELL OMEGA beginnt weit nach ihrem ersten Album, dem unspektakulären 2000er „Infernal Battles“. Erst vier Jahre später startet eine Kariere, die wohl als einigermaßen beispiellos in der Black-Metal-Szene gelten kann: Mit „Si Monumentum Requires, Circumspice“ veröffentlicht die Band ein stilistisch wie ästhetisch vollkommen überformtes Album, dass sowohl durch den Anschein absoluter satanisch-religiöser Authentizität jene Maulhelden und Aufschneider besticht, die stets auf der suche nach dem noch elitäreren die Kataloge des Undergrounds durchforsten, als auch in seinen polyrhythmischen Strukturen und dissonantem bis atonalem Riffing tatsächlich musikalisch, gar: künstlerisch, anspruchs- und gehaltvoll ist.

Gleichzeitig stellte das Album die Eröffnung einer Trilogie dar, die über den noch anstrengenderen Nachfolger „Fas – Ite, Maledicti, in Ignem Aeternum“ (2007) reicht und heute mit „Paracletus“ ihre Erfüllung findet. Vom bewährten Rezept weichen sie auch im letzten Drittel so wenig ab, dass sich bei unaufmerksamem Hören beinahe der Eindruck einschleicht, sie würden ihre krude Herangehensweise an das Genre durch Selbstzitate und Repetition entzaubern und sich somit die einzige Daseinsberechtigung nehmen. In Wirklichkeit allerdings verhält es sich ganz anders. DEATHSPELL OMEGA gehen den Weg von „Fas…“ konsequent nicht weiter, sondern bewegen sich in entgegengesetzte Richtung. So lässt sich bei großzügiger Auslegung des Wortes sogar von Eingängigkeit sprechen: Die bestechenden Postrock-Motive in „Wings Of Predation“ und „Abscission“, oder der knackige Auftakt von „Have You Behold The Fevers?“ legen nicht als einzige Momente davon Zeugnis ab.

Zumeist leise und atmosphärische Momente („Phosphene“) kontrastieren stets die impulsiven, unmöglich nachvollziehbaren Tempo- und Technikexplosionen, die neben kehligen Vocals die einzigen verbleibenden Referenzen auf traditionellen BM bilden. Zwar laufen gerade die rasenden, dissonanten und somit wirklich fordernden Passagen des Albums konstant Gefahr, als Stichwortgeber der harmonisch gefälligen Momente zu verkommen. Allerdings gibt es für ungeschulte Ohren auf „Paracletus“ so wenig Halt, dass DSO zu keiner Zeit wirklich Gefahr laufen, ihre Karten falsch auszuspielen.

In Wirklichkeit ist auch das dritte Album der Trilogie kein Schritt vor- oder rückwärts, sondern schließt den Kreis von „Si Monumentum..“ zu „Fas…“ auf sehr intensive Weise. DEATHSPELL OMEGA sind nach wie vor technisch und ästhetisch brillant, undurchschaubar und mysteriös. Dichte, schwer zu fassende Musik, die sich selbst in ihrer eigenen Logik nicht genügt, auch über viele Veröffentlichungen (zwischen den Kernalben entstanden unzählige EPs und Splits) keinen Schritt auf den Hörer zugeht und trotzdem nicht auf der Stelle tritt.

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26.11.2010

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1 Kommentar zu Deathspell Omega - Paracletus

  1. Anonymous sagt:

    Cooles Review, Timm, muss die Narrenkappe ziehen;-) Es ist das Review, das ich gern geschrieben hätte, wenn ich denn die entsprechende Inspiration gehabt hätte. "Kein Schritt zur Seite, kein Tritt nach Links oder Rechts… Ein Kreis." Kann man so sagen. Manchmal gefällt mir diese Art Musik sehr, dann wieder könnte ich das Ding nehmen und frisbeelike auf die Spieler von Werder zielen… Aber ich tendiere auch zum Gut; ob 7, 8 oder was weiß ich, wird die Zeit zeigen. Hab in meiner morgen erscheinenden Rezension "nur" 7 verteilt.

    7/10