Deaf Havana - All These Countless Nights

Review

DEAF HAVANA liefern mit ihrem vierten Album „All These Countless Nights“ die passende Symbiose zwischen Rock und Pop? Könnte man meinen, leider leistet sich die Alternative Rock-Band aus England einige grobe Schnitzer, die in Summe zu einer massiven Abwertung führen. Zwölf Songs verteilt auf 45 Minuten Spieldauer, das klingt eigentlich gut abgestimmt. Trotzdem zieht sich „All These Countless Nights“ wie Kaugummi, dabei wäre mit etwas mehr Kante einiges mehr möglich gewesen.

Mainstream, wir kommen!

Der Opener „Ashes To Ashes“ eröffnet erwartungsgemäß sanft – zu hören sind akustische Gitarren, erweiterndes Klaviergeklimper, James Veck-Gilodi kratzig-poppige Stimme und obendrauf noch massentaugliche Oho-Chöre. DEAF HAVANA sind sofort auf Betriebstemperatur, ziehen umgehend alle stadiontauglichen Register – Mainstream, wir kommen! „All These Countless Night“ befindet sich quasi auf dem Höhepunkt, bevor es richtig begonnen hat. Im weiteren Verlauf entfernen sich die fünf Musiker immer mal wieder von 08/15 Stangenware, schaffen aber leider auf „All These Countless Night“ nicht einen Song lang, ohne mindestens einen Moment, der äußerst kalkuliert und konstruiert wirkt. Dabei klingen DEAF HAVANA leider deutlich mehr nach Amerika, als nach England („Seattle“).

Ersetze Drama durch Dynamik

Der Einstieg von „L.O.V.E.“ hat Klasse und subtrahiert man das Drama aus dem folgenden Midtempo-Song, liegt hier einer der besten Songs auf „All These Countless Nights“ vor. Leider zerhaut sich einer der Vorzeigesongs zum Ende hin selbst, beraubt sich durch ein Fahrstuhlmusik-Outro jeglicher sowieso schon begrenzten Dynamik. „Fever“ startet den nächsten Versuch. Mit Bassdominanz, starker Rhythmusbetonung und einem klebrigen Refrain, der aber durchaus seine Berechtigung hat, liefern DEAF HAVANA hier einen passablen Song ab. „Like A Ghost“ zaubert zumindest waschechte Boygroup-Atmosphäre, so richtig aus den Puschen kommen DEAF HAVANA hier aber auch nicht – alles weiterhin ziemlich abgeschmackt und lieblos.

„England“ haucht der Platte erstmals etwas Leben ein, zumindest ist die Basskurbelei tanzbar, auch wenn man befürchtet, dass STEVIE B gleich zum 5-Stunden-Megamix ansetzt. Erst beim Rausschmeißer „Sing“ finden DEAF HAVANA in die Form und zeigen, dass auf ihren Gitarren wirklich Strom ist. Für einen Ausgleich reicht das allerdings nicht, es unterstreicht aber, welche Möglichkeiten diese Band eigentlich hat. Den dezenten THE SMITHS Riff-Klau von „How Soon Is Now?“ haben wir natürlich bemerkt, da kam eben doch die DNA durch.

Je tiefer und emotionaler das Album dringen soll, umso belangloser klingt es – DEAF HAVANA können mit „All These Countless Nights“ den Sprung ins Radio schaffen. Durch gute Festivalslots und passable Supportshows hat die, sowieso schon immer sehr ambitionierte Band, weiter Blut lecken lassen. Wenn sie es jetzt nicht schaffen, dann wohl nie mehr.

28.01.2017
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