Die Erwartungen an das zweite Album von DEAD KOSMONAUT könnten wohl, nach der fantastischen EP „Rekviem“ aus dem vergangenen Jahr, kaum höher sein. Schneller als erwartet, gerade mal vier Monate später, erscheint nun der zweite Longplayer „Gravitas“, der ausschließlich neues Material enthält. Genug Zeit für Mastermind und Bassist Mattias Reinholdsson, um erneut auf ganzer Linie überzeugen zu können?
DEAD KOSMONAUT kommen nicht richtig in Fahrt
Die Mid-Tempo-Nummer „Black Tongue Tar“ beginnt verhalten und will nicht so richtig in Fahrt kommen, obwohl Sänger Per Gustavsson (NIFELHEIM) bereits alles gibt. Trotz des stimmigen Hammond-Einsatzes kommt der Song nicht zum Punkt und entpuppt sich somit als etwas unglücklicher Start. Einen deutlich stärkeren NWOBHM-Spirit, den die Band ohnehin bestens beherrscht, versprüht „Iscariot’s Dream“, das neben den offensichtlichen IRON MAIDEN-Einflüssen stellenweise auch an alte SAXON erinnert. Ein wenig mehr Tempo hätte dem Song allerdings gut zu Gesicht gestanden, da er sich erneut im Mid-Tempo bewegt und ein wenig kraftlos wirkt. Auch wenn „Iscariot’s Dream“ eine leichte Steigerung gegenüber dem Opener darstellt, lässt sich auch hier noch kein Highlight ausmachen.
Auch „Vanitatis Profeta“ und „The Spirit Divide“ ändern daran wenig, irgendwie wartet man ständig auf den ersten richtigen Höhepunkt. Letztgenannter kann aber immerhin durch die knackigen Strophen punkten, in denen Gustavsson erneut eine großartige Gesangsleistung abliefert.
Im ersten Elfminüter der Scheibe, „Hell / Heaven“, driften DEAD KOSMONAUT ins Epische und auch ins Balladeske ab, was ihnen einfach verdammt gut steht. Schon zu Beginn, als Gustavsson gefühlvoll die traurige Hölle unserer heutigen Gesellschaft besingt, ist sie endlich da: Die erste Gänsehaut. Trotz aller Traurigkeit und Verzweiflung schwingt im Song aber auch immer Hoffnung mit, die im weiteren Verlauf immer größer wird. Lassen wir die Hölle hinter uns und bewegen uns in Richtung unseres Himmels! „Hell / Heaven“ ist definitiv das erste richtige Album-Highlight, das manchmal ein wenig an die MAIDEN-Longtracks der jüngeren Zeit, wie beispielsweise „Empire Of The Clouds“ erinnert.
Die beiden kurzen Interludes bzw. Intros „Gravitas“ und „Dead Kosmonaut – Part I“ wurden unglücklicherweise direkt hintereinander platziert und stoppen den Fluss des Albums ein wenig. „Dead Kosmonaut – Part II“ entschädigt dafür aber vollends, denn hier liefern Reinholdsson und Co. noch einmal das, was sie mit am besten können: Epische Longstracks. Schon die wuchtigen Kirchenorgeln ziehen den Hörer in ihren Bann. Musikalisch geht es ansonsten ein wenig in Richtung der etwas mehr im Epic Doom verankerten Nummern der „Rekviem“-EP, was nun wahrlich nichts schlechtes ist. Pelle Gustavsson kann seine bislang ohnehin bereits hervorragende Gesangsleistung noch einmal toppen. Auch wenn im Verlauf des Songs gar nicht so viel passiert, greifen alle Teile einfach perfekt ineinander und können auf voller Länge fesseln.
Trotz hohem Niveau eine leichte Enttäuschung – „Gravitas“
Auch nach mehreren Durchläufen kann „Gravitas“ nur in einigen Momenten an das Niveau der letzten EP anknüpfen, vor allem in den beiden überlangen Kompositionen. Besonders die erste Albumhälfte besteht fast ausschließlich aus eher durchschnittlicher Ware. Das klingt vielleicht negativer, als das Material eigentlich ist, aber wenn man bedenkt, zu was DEAD KOSMONAUT fähig sind, muss man hier ehrlich sagen: Das geht besser. Während die Musiker natürlich nicht schlechter spielen bzw. singen, ist es klar das Songwriting, das dieses Mal abfällt.
Was ist nun die mögliche Ursache für die zumindest leichte Enttäuschung, die „Gravitas“ letztlich darstellt? Vielleicht war die Zeit für die Entwicklung, die behutsame Ausarbeitung, dieses Mal zu kurz? Irgendwie wünscht man sich jedenfalls, die Band hätte auf die EP verzichtet und deren Songs einfach zusammen mit „Hell / Heaven“ und „Dead Kosmonaut“ – vielleicht mit „The Spirit Divide“ als Bonus – als Album veröffentlicht. Eine deutlich höhere Wertung wäre dann definitiv fällig gewesen.
Eins muss aber auch klar gesagt werden: „Gravitas“ ist trotz der genannten Schwächen ein tolles, klassisches, abwechslungsreiches Heavy-Metal-Album geworden, dass sich respektvoll vor den Klassikern, besonders der frühen Achtziger, verbeugt und das Genrefans unbedingt antesten sollten.
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