DE PROFUNDIS bedeutet aus den Tiefen. Möglich, dass die gleichnamige Kombo irgendwo aus den Tiefen Großbritanniens kommt. Viel wichtiger ist allerdings: sie gehen in die Tiefe, ihre Musik unter die Haut. Mit „A Bleak Reflection“ präsentiert die Band ein zeitgenössisches Doom-Death-Machwerk, das zeigt, wie derlei Musik mit dem Spirit der Neunziger 2010 zu klingen hat.
Ich hatte zuvor noch keinen Kontakt mit der Band und war daher umso überraschter von der Qualität des Materials. Kurzum: „A Bleak Reflection“ ist ein fantastischer Beginn für den Doom im Jahr 2010. Wie schon erwähnt, spielt die Band deathlastigen Doom, sodass die Grundzutaten auch ohne weiteres zu erraten sind: tiefe, hoffnungslose Growls und wuchtige Gitarrenriffs, die den Hörer niederringen. Inwiefern also ist das Album als zeitgenössisch, ja, als modern zu bezeichnen? Der erste Faktor, das ist klar, ist die Produktion: „A Bleak Reflection“ produziert sehr von einem mächtigen, druckvollen Sound, ohne dass das Album in Gefahr geriete, steril zu wirken. Auch musikalisch beweisen die Briten Kreativität und Innovation. Die Band beschränkt sich nicht darauf, altbekanntes aufzuwärmen, sondern erweitert die Grenzen des Genres mit Feingefühl und Spielwitz. Seien es schnelle, melodische Soli, die die Atmosphäre zum Höhepunkt treiben, seien es blackmetallastige Passagen, in denen die Band die Finger nicht vom Gas und die Füße nicht vom Doublebasspedal lässt.
Bei der Musik, die DE PROFUNDIS bieten, handelt es sich grundsätzlich eher um Doom der schnelleren Gangart. Das ist gewagt, weil die Musik grundsätzlich einen großen Teil ihrer fragilen, melancholischen Atmosphäre aus eben dieser gewinnt, funktioniert auf „A Bleak Reflection“ allerdings makellos.
Nachdem das mit zweieinhalb Minuten noch recht kurze Intro den Hörer mit Piano- und Celloklängen in den Bann gezogen hat, lassen die folgenden sieben Songs ihn nicht mehr los, bis er, abermals mit Celloklängen, von „The Mourner“ aus dem Album entlassen wird. Dazwischen steckt knapp eine Stunde Spannung mit sechs überlangen Songs, die, vom Instrumental „Longing“ abgesehen, fast alle die Zehnminutenmarke überspringen.
Seien es die wahrlich singenden Gitarren, seien es die abgrundtief hoffnungslosen Vocals, seien es die ungewohnten, fast progressiven Passagen – „A Bleak Reflection“ gibt dem Doomfan fast alles, was er sich wünschen kann. Einzig die Stimme ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig und nur sehr wenige Passagen wirken dann doch leicht schief.
Jeder der sich für interessante, abwechslungsreiche und unheimlich atmosphärische Musik mit Fokus auf dem Emotionalen begeistern kann, sollte „A Bleak Reflection“ eine Chance geben.
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