England hat in den letzten Jahren sehr an Qualität aufgeholt, wenn es um Black Metal geht. CRADLE OF FILTH sind längst nicht mehr das einzige Aushängeschild der Insel. Dort hat sich eine neue Generation an Bands hervorgetan, die traditionelles Liedgut, die angelsächsische Historie oder die eigene Mythologie auf eine sehr folkige und atmosphärische Weise mit melodischem Black Metal der skandinavischen Schule verknüpft. So haben beispielsweise Bands wie WINTERFYLLETH oder die leider schon aufgelösten WODENSTHRONE einige Achtungserfolge in der internationalen Szene erzielen können. Die 2015 gegründeten DAWN RAY’D aus Liverpool verfolgen einen ähnlichen Ansatz und wollen mit ihrem Debüt-Album „The Unlawful Assembly“ ebenfalls ein erstes Ausrufezeichen setzen.
Das Besondere bei DAWN RAY’D ist der Einsatz der Violine. Neben dem größtenteils schnell gespielten, melodischen Black Metal sorgt die Violine für die nötige Abwechslung in den insgesamt zehn Liedern. Zudem bringt ihr ganz eigener Sound eine melancholische Note mit in das Album ein und ergänzt wunderbar den ansonsten meist harschen Sound.
DAWN RAY’D verbinden gekonnt rasenden Black Metal mit ruhigen Momenten
So zeigt schon der Opener „Fire Sermon“ viele Elemente auf, die einem auf „The Unlawful Assembly“ immer wieder begegnen werden. Sehr schnell und harsch beginnend, mit einem sehr knüppelnden Schlagzeug, bricht das Lied dann mit einer sehr ruhigen Passage, die allein von der Violine getragen wird. Anschließend schwenkt man wieder auf das eingangs erwähnte Geknüppel, nur um am Ende wieder mit einem durch leichtes Drumming ergänzten Violinen-Part zu glänzen. Es mag beim Lesen vielleicht sehr zerfahren klingen, doch der Kontrast aus rasend schnell und ruhig melancholisch passt wunderbar zusammen.
Das nachfolgende „The Abyssal Plain“ verbindet ebenfalls beide Elemente, aber auf eine andere Art und Weise. Hier fügt sich die Violine immer mal wieder mit in die rasenden Black Metal Parts ein. Das passt zwar ebenfalls wunderbar, wird nur leider nicht konsequent durchgezogen und so verbleibt der Song leider größtenteils „nur“ in reinem melodischen Schwarzmetall.
In diesen beiden Stilen wechseln sich die folgenden acht Lieder immer wieder ab. Wirklich auffällig sind nur noch die beiden reinen Akustiksongs „Litany To Cowards“ und der Rausschmeißer „A Thought, Ablaze“. Hier verzichtet man auf verzerrte Gitarren und donnernde Drums. Stattdessen gibt es eine Mischung aus Akustikgitarre, Violine und dem sehr schönen Klargesang von Sänger Simon. Beide Lieder lockern das Album genau zum richtigen Zeitpunkt auf und sorgen für die nötige Entspannung im Albumkontext.
Die Abwechslung fehlt
Die restlichen Lieder zu erwähnen ist leider nicht mehr nötig, denn die oben genannten drei Arten von Songwriting ziehen sich konsequent durch den Rest des Albums. Entweder wechseln sich ruhige Passagen mit Geknüppel ab oder die Violine ergänzt den schnellen, melodischen Black Metal. Wo wir auch zum nächsten Problem kommen: Das Tempo variiert fast gar nicht. Die Lieder sind stets rasend schnell, vom Gaspedal geht man nur selten und wirklich langsam wird es eben nur in den Akustikliedern oder -passagen. Das ist sehr schade, denn so verliert das Album schnell an Wirkung. Diesbezüglich haben Bands wie WINTERFYLLETH oder FEN noch deutlich die Nase vorn.
Insgesamt lässt sich das Album aber schon ganz gut hören und ist in sich sehr stimmig. Die Violine bringt auch die nötige Eigenständigkeit mit in den Sound, um sich von der „Konkurrenz“ abzuheben. Leider, so scheint es mir, verlässt man sich dabei jedoch zu sehr auf dieses alleinige Merkmal. So gut sich das Streichinstrument auch in die überwiegend sehr schnellen und melodischen Black Metal-Stücke einfügt, so abwechslungsarm ist leider das Songwriting am Ende. Etwas mehr Mut zur Variation würde der Band sehr gut zu Gesicht stehen. Denn Potenzial ist ganz klar da und die Scheibe ist weiß Gott nicht schlecht, aber für die Spitzenklasse reicht es (noch) nicht.
Ähnlich wie Winterfylleth, aber ohne dämliches Nationalismusgeschwurbel. Mag ich!