Dawn of Ouroboros - Velvet Incandescence

Review

Eine der Underground-Überraschungen bescherten uns DAWN OF OUROBOROS mit ihrem Debüt „The Art Of Morphology“, das im Jahre 2020 ohne große Ankündigung aus dem Nichts erschien und den Sektor Progressive Death/Black Metal gewaltig aufmischte.

Mit Härte, Vielfalt und einer ungemeinen Dosis an Individualität konnten die Amerikaner ihren Ausnahmestatus erfolgreich aufbauen und sind inzwischen dem Untergrund entwachsen. Mit neuem Label, Prosthetic Records, zeigt sich die Truppe um Ausnahmesängerin Chelsea Murphy gereift und dem schlichten Death Black Metal mit leichtem Prog-Einschlag der Anfangstage entwachsen.

DAWN OF OUROBOROS – die schwere Geburt des zweiten Albums

Wo beim ersten Album bereits in den ersten Noten der Atem stockte, gehen DAWN OF OUROBOROS die Sache dieses Mal vielschichtiger und auch deutlich seichter an: poppige Intros und Refrains, viel cleaner Gesang und komplexe Parts folgen einem anderen Pfad als das ungestüme Debüt.

So startet der Opener „Healing Grounds“ säuselig und lässt den gespannten Hörer direkt hinterfragen, ob er wirklich die richtige Schallplatte aufgelegt hat. Die Zweifel zerstreuen sich erst, als nach dem Intro kräftig losgebrettert wird. Im Verlauf des Albums verhärtet sich der Eindruck, dass es nicht die gleichen DAWN OF OUROBOROS wie noch auf dem Debüt sind.

„Velvet Incandescence“ ist für die Band ein großer Schritt nach vorn, denn das musikalische Spektrum wird in alle Richtungen ausgelotet. Was auf „The Art Of Morphology“ an Härte durchgeknüppelt wurde, wird mit dem aktuellen Release subtil neu aufgerollt und man entwickelt die Musik in jede erdenkliche Richtung weiter. Für Fans des ersten Albums sicher ein großer Bruch, denn DAWN OF OUROBOROS verstricken sich im Verlauf der Songs häufig in frickeligen Extremen, die nicht zum Punkt kommen und auch die poppigen Passagen mit Klargesang nehmen inzwischen großen Raum im musikalischen Universum ein.

Mainstream-tauglich ist das keineswegs, dafür sind die Songs noch immer zu hart und die zahlreich gestreuten Midtempo-Passagen mit ihren verspielten Nuancen bilden durchaus eine stimmige Zwischenmaterie.

Entgegen aller Gleichförmigkeit

Beim Songwriting bemühen sich die Kalifornier, nicht in Gleichförmigkeit zu verfallen und so klingt auf „Velvet Incandescence“ wirklich kein Track wie der andere. Beginnt der bereits erwähnte Opener kuschelig, lullt das achtminütige „Leviathing Pacifis“ die Hörerschaft dezent ein, ehe man ins Midtempo-Meer eintaucht. „Iron Whispers“ peitscht fast stumpf mit eingängigem Riffing, während „Rise From Disillusion“ noch am ehesten ans erste Album erinnert und direkt losbricht.

Was hier an Innovativität aufgefahren wird, ist beeindruckend, tut aber dem Gesamtbild des Albums nicht immer gut. Der Sinn der Veränderung erschließt sich ohne Zweifel, denn ein Album, welches im Härtefaktor „The Art Of Morphology“ gleichgekommen wäre oder noch übertroffen hätte, wäre womöglich an die Grenzen des Erträglichen gestoßen.

Ob DAWN OF OUROBOROS mit diesem Schritt nicht zu viel wagen, bleibt abzuwarten, denn die Konsumenten-Schnittmenge ist schwierig. Für ein breiteres Publikum ist die Musik weiterhin zu extrem und technisch, für die Die-Hards hingegen gibt es zu viele Death-Metal-untypische Parts.

Velvet Incandescence – Überambitioniert und am Limit

Die größte Schwäche von „Velvet Incandescence“ ist seine Überambition: Die Band versucht aus jedem Song das Extrem herauszukitzeln und die Wechsel von Death-Metal zu eingängigen Pop-Refrains wirken oft verkrampft und gekünstelt. Die Spannungsbögen sind überspannt und der Platte fehlt bei aller Diversität einfach der rote Faden. Der breite Grat zwischen Kitsch und Härte kann einfach nicht mit einem Schmiedehammer in Form gebracht werden.

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16.07.2023

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