Was lange währt, wird endlich gut. Nach jahrelanger Abstinenz vom Musikgeschäft hat DAVID GALAS nun sein erstes Soloalbum veröffentlicht. Vielen wird er vor allem durch sein Mitwirken in solch faszinierenden Bands wie BLEAK und LYCIA bekannt sein.
Nach der Verabschiedung LYCIAs aus dem aktiven Musikleben 1999 begannen auch für David neue Zeiten. Zeiten der Umorientierung, des Wechsels, in denen er auch zeitweise darüber nachdachte, das ganze Ding mit der Musik an den Nagel zu hängen und sein Studioequipment zu verschleudern.
Dennoch hat er in diesen ganzen Jahren ständig an neuen Songs geschrieben, sie reifen lassen wie guten Wein, und es wurden immer mehr… bis eines Tages der Chef von Vendlus Records anklopfte, und ihm einen Deal anbot. Das war kurz vor Ende 2004, und nach einigen Schwierigkeiten, dem finalen Mastering der CD und noch einigen Verzögerungen mehr steht nun endlich sein Debüt „The Cataclysm“ in den Regalen – ja wenn es wirklich so wäre! Zur Zeit ist das Album nämlich nur über Vendlus Records erhältlich, und es ist zu hoffen, dass sich bald ein fähiger Vertrieb findet, der dieses Meisterwerk über die ganze Welt verteilt.
„The Cataclysm“ vereint diesen einmaligen Sound, den LYCIA einst kreiert haben, mit Folk, Ambient, Rock und sogar orientalischen Elementen. Songs wie „Capsized“ könnten auch auf einem LYCIA Album erscheinen, mit ihrer melancholischen Stimmung, der ewigen Tiefe und schon fast post-apokalyptischen Atmosphäre, die trotz aller Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit immer noch einen Schimmer des Lichts hindurch lassen. Dagegen erinnern Songs wie der Opener „The Harvest“ und „The Cataclysm Pt. 2“ an die späten SWANS – subtile Melodien, durch akustische Gitarren hypnotisch in Szene gesetzt; das schwere, charakteristische Drumming; der betonte, dunkle Gesang, der manchmal wie Michael Gira persönlich klingt.
Doch „The Cataclysm“ ist weder LYCIA, noch SWANS, noch irgendetwas anderes – es ist DAVID GALAS, der trotz der Nähe zu seiner ursprünglichen Band etwas völlig Eigenes geschaffen hat (schließlich war er auch bei LYCIA aktiv am Songwriting beteiligt, und nicht nur ein ‚einfaches‘, zum Nachspielen verdammtes Mitglied).
Das Album ist nicht nur eine lose Sammlung von Songs, die sich einfach so angehäuft haben, sondern ein gigantisches, zusammenhängendes Werk – aus der Ewigkeit, für die Ewigkeit. Minimalistische Inszenierungen treffen auf epische, monumentale Passagen, die vor allem durch die perfekte Symbiose von Instrumenten und Klängen ihre Wirkung entfalten, der man sich nicht entziehen kann. DAVID GALAS hat hier in einem Jahre andauernden Schaffensprozeß im völligen Alleingang das erreicht, woran die meisten Bands scheitern: Ein Album zu kreieren, das wirkliche Tiefe besitzt, in das man vollkommen eintauchen kann, ohne es verlassen zu müssen – eine Welt für sich, ein Abbild trostloser Landschaften, trister Leben und zeitloser Schönheit. Ein Makrokosmos, in dem es mehr zu entdecken gibt, als man auf den ersten Blick erkennen kann. Es sind vor allem die Melodien und der variable Gesang, mal hell und klar, mal obskur und dunkel, mal mit unterschiedlichen Effekten verfremdet, die dieses Album so lebendig und vor allem so einzigartig machen. Es ist das Gesellen- und Meisterstück zugleich, das voll ausgereifte Debüt eines erfahrenen Musikers und Visionärs.
Ein optischer Leckerbissen und i-Tüpfelchen auf diesem Glanzstück ist das Artwork mit seinen beeindruckenden, apokalyptischen Fotografien aus der Todeszone von Tschernobyl. Verlassene, lebensfeindliche Welten, die vor verstecktem Leben nur so blühen.
Nur selten hat man das Glück, auf ein Album wie „The Cataclysm“ zu treffen, und noch viel seltener bin ich von einem Album dermaßen überzeugt, dass ich darüber nachdenke, die Höchstnote zu zücken. Im Fall von „The Cataclysm“ denke ich nicht nur darüber nach – ich tue es, denn es hat diese Höchstnote auch voll verdient. Wer auch nur im Ansatz ein Faible für sphärische, verträumte und melancholische Klänge hat und sich für die genannten Bands begeistern kann, sollte dieses Album unbedingt hören – wenigstens ein einziges Mal. Dieses eine Mal könnte schon genügen, eine neue Welt der Musik zu betreten, die man nicht mehr verlassen möchte. Mir ging es vor Jahren mit LYCIA so, und DAVID GALAS ist der logische nächste Schritt.
"The Cataclysm" verlangt vom Hörer viel Zuneigung, um zu wachsen. Einmal gereift, entführt es einen in eine musikalische Welt, aus der man nicht mehr so schnell herauskommt. Ganz großes Tennis.