Darkthrone - Under A Funeral Moon

Review

Gerade einmal drei Monate nach Veröffentlichung ihres zweiten Albums „A Blaze In The Northern Sky“ befinden sich DARKTHRONE im Juni 1992 schon wieder im Studio, um „Under A Funeral Moon“ aufzunehmen. Die Tatsache, dass die Band nicht live aufgetreten ist und somit keine Zeit für Touren verpulvert hat, mag mit reingespielt haben, dass es diesmal so schnell geht. Auch hat man noch ein paar Ideen aus den „Goatlord“-Sessions übrig, die man ja im Vorfeld der Produktion des zweiten Albums kurzerhand in die Tonne gekloppt hat. Nicht zuletzt halten sich die Bandmitglieder aus den kriminellen Machenschaften des norwegischen Black-Metal-Inner-Circles raus und befinden sich demnach auch nicht gerade in Bergen, um die Fantoft-Stabkirche bis auf das Fundament abzufackeln.

DARKTHRONE gehen nicht nach Bergen

Und so finden sich Nocturno Culto, Fenris und Zephyrous im Juni 1992 wieder in den Creative Studios in Kolbotn im Südosten der norwegischen Hauptstadt Oslo ein, wo sie ja bereits den Vorgänger eingetrümmert haben. Und die drei Musiker kümmern sich um ihre Vision von Black Metal – und die war mit dem Zweitwerk noch lange nicht verwirklicht. DARKTHRONE wollen ihren Sound noch weiter entschlacken, noch weiter vom Death Metal entfernen, noch primitiver ausgestalten. Also etwas, das Euronymous, der Vordenker der norwegischen Black-Metal-Szene, ja bereits vor einiger Zeit postuliert hatte, als er sagte, dass Black Metal den Fokus auf die jeweilige Stimmung legen sollte, auf primitive Riffs und einen unterproduzierten Sound. Nur das sei „echt“.

Eine Maßnahme bei DARKTHRONE: Da nach dem Rausschmiss von Dag Nielsen die Position des Bassisten vakant ist, übernimmt kurzerhand Leadgitarrist Nocturno Culto den Tieftöner. Zephyrous, bislang für die Rhythmus-Gitarre zuständig, behält wiederum seinen Posten – und beackert sein Feld gewohnt souverän, wenngleich nicht besonders virtuos. Ab und zu darf er auch ein Solo einstreuen, das er mehr schaurig als schön spielt.

Und auch sonst ist alles auf Untergründigkeit ausgelegt. „A Blaze In The Northern Sky“ hatte ja schon einen britzeligen Necrosound, aber „Under A Funeral Moon“ klingt dagegen noch primitiver. An einigen Stellen hat man das Gefühl, dass die Songs live im Studio eingespielt sind und eventuelle Spielfehler hinterher nicht großartig ausgebügelt werden. Außerdem rückt das Schlagzeug im Mix deutlich nach hinten. Bass-Drum und Snare sind kaum zu hören, anders als beispielsweise die Becken.

Nur ab und zu erinnern einzelne donnernde Schläge auf der Standtom daran, dass es ja auch noch so etwas wie eine Dynamik gibt – der Sound ist halt extrem bassarm und höhenlastig. Wobei: Eine Sache, die „Under A Funeral Moon“ auszeichnet, ist der deutlich hörbare Bass, der den ansonsten fies verzerrten Gitarren etwas Wärme und Leben entgegenstellt. Dagegen ist auch der durchgehend finster gekrächzte Gesang eisig verhallt.

Fies verzerrt, finster gekrächzt, eisig verhallt

Die Songs sind zumeist im Uptempo gehalten und werden von Fenriz‘ galoppierendem Spiel angetrieben, während Zephyrous finstere Melodien im Tremolostil darüberlegt. Nach diesem Prinzip funktionieren sowohl „Natassja In Eternal Sleep“ als auch „Summer Of The Diabolical Holocaust“ und „The Dance Of Eternal Shadows“. Noch ein Stück weit vehementer und straighter klingt der Mottosong „Unholy Black Metal“, bei dem DARKTHRONE ihre Essenz des Schwarzmetalls auch textlich über sechs Strophen hinweg darlegen:

“When the gates have all been opened
When the funerals never end
When Satans power paint our hearts
and satisfies our souls“

Nur einmal nehmen DARKTHRONE das Tempo raus und verpassen dem fast achtminütigen „To Walk The Infernal Fields“ einen Midtempodrive, bei dem der Kopf unweigerlich mitwippt (selbst wenn das gegen die postulierten Regeln des Black Metals verstoßen sollte). Nach dieser Tempoverminderung klingt der Titeltrack, die CELTIC FROST-Verehrung „Under A Funeral Moon“ allerdings umso roher.

„When Satans power paint our hearts and satisfies our souls“

Und noch einmal zu Kontrasten: „Inn I De Dype Skogers Favn“ verzeichnet kaum Griffbrettverschiebungen, wodurch das abschließende „Crossing The Triangle Of Flames“ – obwohl selbst nicht übermäßig komplex – fast schon chaotisch klingt. Außerdem zeigt hier Fenriz, dass er trotz aller selbst auferlegten Primitivität doch nicht so ganz von seinen Künsten lassen kann, wenn er Triplets spielt. Das Ende des Songs wiederum nimmt etwas anderes vorweg: Das klingt schon ziemlich nach BURZUMs „Dunkelheit“, oder?

„Under A Funeral Moon“ erscheint schließlich am 13. Februar 1993 wie die beiden Vorgängerwerke auf dem britischen Label Peaceville und festigt die Position der Norweger in der Black-Metal-Szene. Nachdem „A Blaze In The Northern Sky“ allerdings ein Aha-Erlebnis sondergleichen war, erreicht „Under A Funeral Moon“ eher ein anerkennendes Nicken und ein listiges Grinsen, vielleicht sogar ein dreckiges Lachen: Jawoll, sie haben den Sound noch sumpfiger hinbekommen.

Davon ab ist die Wirkung des Albums natürlich auch heute noch beeindruckend: Wenn Ihr nachts über den Friedhof stratzen oder winters bei Eiseskälte durch den schneebedeckten Wald wandern möchtet – das hier ist euer Soundtrack. Und wenn etwas pechschwarz ist, dann doch „Under A Funeral Moon“. Und das bezieht sich nicht nur auf das genial primitive Cover, bei dem sich diesmal Nocturno Culto in den nachtschwarzen Tann stellen muss, während die Kamera nicht nur sein bleichgeschminktes Gesicht und den aufgespießten Totenschädel anblitzt, sondern auch das dürre Geäst im Vordergrund.

„Under A Funeral Moon“ ist sumpfig, britzelig, necro

Im Hause DARKTHRONE geht es danach Schlag auf Schlag weiter: Erst sucht Gitarrist Zephyrous das Weite (über die Gründe lässt sich nach wie vor trefflich spekulieren), wodurch er Nocturno Culto und Fenriz als Duo zurück lässt, die sich gar nicht erst um Ersatzmusiker kümmern; sie wollen ja eh nicht live auftreten und können alles auch alleine im Studio einspielen. Stattdessen trümmern sie schon im November und Dezember 1993 den Nachfolger „Transilvanian Hunger“ ein – mit dem sie ihre „unheilige Trinität“ primitiver Black-Metal-Alben komplettieren. Dazu bald mehr in unserer „Blast From The Past“-Reihe.

21.09.2022

- Dreaming in Red -

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