Darkthrone - Goatlord: Original

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Von den norwegischen Black-Metal-Vorreitern DARKTHRONE erscheint dieser Tage das Album „Goatlord: Original“ und damit ein gutes Stück Zeitgeschichte. Die Umstände, warum letztlich „A Blaze In The Northern Sky“ und nicht „Goatlord“ als zweites Album veröffentlicht wurde, sind ja hinlänglich bekannt: Ihr erstes Album „Soulside Journey“ war lupenreiner, technisch nicht unanspruchsvoller Death Metal, und während sie ihr zweites Album, das ganz ähnlich klingende „Goatlord“, vorbereiteten, verschob sich der Fokus der Musiker auf Black Metal – daran hatte das große Vorbild der norwegischen Szene, Euronymous, erheblichen Anteil.

DARKTHRONE und der verschobene Fokus

Ergebnis: Die Aufnahmen verschwanden wieder in der Schublade, und stattdessen komponierten die vier Musiker neue Songs. Nachdem sich DARKTHRONE aber ihre schwarzmetallischen Meriten verdient hatten, kramten sie 1996 die alten instrumentalen Aufnahmen (vermutlich wurden die Songs mit einem Vierspurrecorder aufgenommen, bei dem für den Gesang einfach keine Spur mehr frei war) noch einmal hervor, nahmen dazu Gesang auf mit Texten, die sich teilweise mit denen der nachfolgenden Alben überschneiden, und veröffentlichten die Rutsche als „Goatlord“.

Jetzt kommt also „Goatlord: Original“ in die Läden, und die entscheidende Frage ist, warum man sich das überhaupt antun sollte. Zunächst einmal: Man muss es nicht. Interessant ist es aber trotzdem, und das aus zwei Gründen. Die Neuveröffentlichung enthält dieselben Aufnahmen aus dem Archiv von Drummer Fenriz, diesmal nur mit dem üblichen Proberaumtrubel zwischen den einzelnen Stücken, allerdings ohne Gesang. Der hatte, vor allem die hohen Einwürfe, ja sowieso nicht bei allen Fans Begeisterung hervorgerufen.

Erste Erkenntnis: Enthalten ist diesmal auch eine frühe Version des Tracks „A Blaze In The Northern Sky“. Die Aufnahmen stammen also aus der Zwischenzeit, bevor DARKTHRONE vollends mit ihrem alten Stil brachen. Zweite Erkenntnis: Ist da etwa Lachen zwischen den Songs zu hören? Aber sicher doch, und die Erkenntnis, dass die Musiker gleichermaßen Spaß im Proberaum haben, während sie sich immer mehr in Richtung todernsten Black Metals entwickeln, sollte heute nicht mehr zu Glaubenskrisen führen. Dritte Erkenntnis: Zu diesem Zeitpunkt hatten die Stücke ohne die Texte ganz andere Arbeitstitel. „Rex“ heißt hier „Phantasm“, „Pure Demoniac Blessing“ hört auf den Titel „Hearses“, „Black Daimon“ heißt „Eclipse“ und so fort.

Drei Erkenntnisse

Erstaunlich ist nach wie vor, wie heimtückisch „Goatlord“ eigentlich klingt: Bruch mit Death Metal hin und her, das hier ist ja kein Sound, der in die Fresse geht oder sich mit Jogging-Klamotten und weißen Turnschuhen verträgt. Da wird dem Gehörnten ganz gediegen gehuldigt, und wenn die vier Musiker auf dem Friedhof ein Probeliegen veranstaltet hätten, man würde es ihnen abnehmen. Trotzdem entschieden sich Fenriz, Nocturno Culto, Zephyrous und Dag Nielsen, einen noch deutlicheren Bruch vorzunehmen und fortan nur noch der reinen Black-Metal-Lehre zu huldigen. Wobei: Letzterer ja nicht, denn er war auf „A Blaze In The Northern Sky“ nur noch als Session-Mitglied dabei und suchte danach das Weite (oder wurde gegangen, wer weiß das schon).

Kurzum: „Soulside Journey“ findet hier eine gelungene Fortsetzung mit vertracktem Drumming, merkwürdig verwobenen Gitarren, seltsamen Melodien und ein paar Freiheiten auf dem Bass. Also viel zu technisch, viel zu elaboriert und vielseitig und damit doch eben anders als die primitive Kälte der späteren Platten. Durch den fehlenden Gesang sind gerade im Zusammenspiel der Saiteninstrumente einige Feinheiten zu hören, die bislang verborgen blieben. Und hier sind wir noch beim zweiten Punkt, warum „Goatlord: Original“ gegenüber der 1996 erschienenen Version interessant ist: Der Mix ist diesmal in Stereo, und das bedeutet, dass den durchaus komplexen Kompositionen mehr Raum gegeben wird. Dafür ist der Mix nicht so enervierend direkt.

„Goatlord: Original“ ist mehr als ein Zeitdokument

Über den Wert als Zeitdokument hinaus erhält man hier also ein hörenswertes Stück Musik. Und wer auf den todesmetallischen Vorgänger abfährt, dürfte auch diesmal ganz verzückt sein, also grimmig verzückt natürlich. Einzig der Proberaumsound kann mit der tonnenschweren Sunlight-Produktion von „Soulside Journey“ nicht mithalten. Wer die 1996er Version bereits sein eigen nennt, braucht nicht notwendigerweise zuzuschlagen. Es sei denn, es gilt die Sammlung zu komplettieren.

Wie es mit DARKTHRONE regulär weiterging, findet Ihr in unserer Blast From The Past“-Folge zu ihrem zweiten offiziellen Album „A Blaze In The Northern Sky“.

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15.03.2023

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2 Kommentare zu Darkthrone - Goatlord: Original

  1. Nici67 sagt:

    Ein interessantes Zeitdokument! Darkthrone von einer ganz anderen Seite. Natürlich ist das kein Album zum regelmässig hören, dennnoch ist die Band hier recht tight unterwegs und man kann es sich ruhig mal geben.

    8/10
  2. Watu sagt:

    Ja, die Vocals waren eher immer Darkthrone untypisch gewollt böse, aber eigentlich nicht wirklich gekonnt. Von daher durchaus charmante Veröffentlichung, auch wenn mir das alte Cover deutlich besser gefällt. Muss hier irgendwie eher an ein Anime, z.B. Attack on Titan denken. Muss nicht sein.