Darkthrone - Dark Thrones And Black Flags

Review

DARKTHRONE sind, obwohl sie scheinbar einen großen Teil ihrer Zeit mit dem Besorgen, Hören und Empfehlen von Platten, die man nicht mehr kaufen kann, sowie mit längeren Zeltausflügen verbringen, produktiver denn je. Das liegt wohl daran, dass sich mittlerweile Ted und Gylve das Schreiben der Songs brüderlich 50:50 teilen, was der Qualität hörbar zugute kommt. Der etwas introvertiertere, verschrobenere Teil von „Dark Thrones And Black Flags“ (vermutlich die „Dark Thrones“) stammt von Nocturno Culto, der rotzig-punkige Part hingegen von Fenriz, der damit die schwarzen Flagge des stilübergreifenden Metalbruder-Gefühls hisst.

Die Platte ist glücklicherweise voll mit guten Songs aus beiden Lagern. „Death Of All Oaths (Oath Minus)“, das so oder ähnlich auch auf „The Cult Is Alive“ hätte landen können, auch wenn der Thrashanteil ein Stück höher ist, ist ein Nocturno-Culto-Song. Ähnlich wie in „Blacksmith Of The North“ dominieren allerdings auch hier subtil düstere Stimmungen, abgründige Gitarreneffekte und schleichende Intermezzi. Ein Song wie „Norway In September“, der fast BLACK SABBATH-Vibe transportiert, überrascht mit einem knarzigen Solo und 70s-Effekten. „Grizzly Trade“ schlägt in dieselbe Kerbe und ist eine Kombination aus den altbekannten HELLHAMMER-Reminiszenzen und verschrobenen, fast doomig-rituellen Parts. Diese obskure Weltfremdheit steigert sich im vorletzten Song „Launchpad To Nothingness“ in unerahnte Tiefen – ein Stück, das mit jedem genauen Hinhören enorm wächst und das für DARKTHRONE-Verhältnisse hervorragend ausgearbeitet ist.

Generell fällt auf, dass Nocturnos Stücke auf „Dark Thrones And Black Flags“ auf zwei Ebenen hörbar sind. Auch wenn die Rockattitüde immer im Vordergrund steht, hat jedes Riff ein zweites Gesicht, eine nachtschwarze Fratze, die der Stimmung auf den ersten Alben der Band in nichts nachsteht. Gleiches gilt für den oft absichtlich heillos übersteuerten und zusätzlich verzerrten Gesang, den jeder offenherzige Metalfan extremer finden wird als jedes überzogene Gekreische- weil er so ungeschönt mutig ist.

Dass dieses Album aber auch Spaß macht, dafür sorgt Fenriz. Hörbar vom klassischen Rock und Punk (und mitunter vom Crust) beeinflusst, gehen seine Songs ohne Umschweife nach vorne los, sind unterlegt mit nur auf den ersten Blick einfachen, wirkungsvollen Punkbeats und thematisieren im Wesentlichen ein Thema: Metal. Der straighte Opener „The Winds They Called The Dungeon Shaker“ ist da noch ein harmloses Beispiel, der Smashhit „Hiking Metal Punks“ ist allerdings ein auf drei Riffs und acht Textzeilen reduzierter Drei-Minuten-Kracher, der alles zu verkörpern scheint, was Fenriz wichtig ist – Metal, Natur, Metal und Zelten. Und Metal natürlich, und zwar mit fürchterlichsten Ohrwurmriffs und genial infantilen Refrains. So einfach kann authentische Musik sein. Selbiges gilt für den Rausschmeißer „Witch Ghetto“ und vor allem „Hanging Out In Haiger“, einen meiner persönlichen Favoriten. Vorbei sind die Zeiten von Interviews, in denen Fenriz beteuert, Norwegen niemals verlassen zu wollen, weil er dort alles hat, was sein Herz begehrt. Heute fliegt er zu seinen Kumpels von OLD, um in deren deutschem Heimatdörfchen Haiger im Keller abzuhängen und – wer hätte das gedacht! – Metal zu hören. Und hinterher einen Song drüber zu schreiben, der wie die vertonte Headbanger-Party klingt. Als wenn man das nicht auch in Norwegen könnte! Der Gegenentwurf zu diesem schmackhaften Metal-Junkfood ist das kurze, instrumentale Titelstück, das die beiden besten Riffs des Album enthält und aus seligen „Panzerfaust“-Zeiten stammen könnte.

Ich gestehe, dass ich diese Platte anfangs sehr sehr schlecht fand, und eigentlich jedes Riff nichtssagend. Es ist vermutlich eine Sache der Einstellung, ob man schrägen und sehr vordergründigen Grölgesang zu schrammeligen Riffs ertragen kann. Oder ob man gerne ein Metalalbum hört, das so gut wie nicht produziert ist, dafür aber einen grundehrlichen und ordentlich groovenden Sound mit anständiger Dynamik bietet. Man muss „Dark Thrones And Black Flags“ sozusagen von der „anderen Seite“ betrachten – nicht mit Alben wie „Under A Funeral Moon“ im Hinterkopf. Das funktioniert nicht. Ich denke, mit diesem Album sind DARKTHRONE, nach zwei durchwachsenen Versuchen zu einer Rock’n’Roll-Band zu werden, hörbar an ihrem Ziel angekommen. Sie fühlen sich wohl, nehmen fast nur noch geile Songs auf, ziehen ihr Ding ohne Angst vor Peinlichkeiten durch, und mittlerweile wirken sie damit mehr als überzeugend. Man muss ihnen mit einem wissenden Schmunzeln einfach abnehmen, was sie tun. Und man sollte diese Platte kaufen, wenn man mit modernem Metalunfug nichts anfangen kann.

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04.11.2008

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9 Kommentare zu Darkthrone - Dark Thrones And Black Flags

  1. philip sagt:

    Wat? Noch kein Kommentar?

    Herr A. spricht die Wahrheit, feines Scheibchen der Herren!

    8/10
  2. blackchest sagt:

    Für Herrn A. mag das Review der Wahrheit entsprechen, meine Wahrheit schaut allerdings so ähnlich aus, wie das Review zur letzten Scheiben: die Songs plätschern peinlich berührend nur so vor sich hin und der Gesang ist einfach grausam. Vielleicht möchte das Fenriz als Kunst sehen, vielleicht ist ihm aber auch einfach alles nur egal, aber auf Dauer nervts…zumindest mich.

    2/10
  3. con sagt:

    Verärgert. Zwiegespalten. Verwundert. Überrascht. Begeistert. Erlöst. Es gibt, denke ich, einige Möglichkeiten, wie einen diese 10 kalauernden Manifeste aus Hardcore-Punk, BLACK FLAG und Metal zurücklassen kann. Niemals aber kommt man ungeschoren davon. Musik, die stark polarisiert. Davon sollte es mehr geben!

    8/10
  4. Anonymous sagt:

    Keine große Überraschung das Album. Denn mit FOAD wurde ja schon ausreichend vorgewarnt. Völling langweiliger … ja was eigentlich? Metal? NEIN. Punk auch nich. Irgendwas mit Gitarre und Schlagzeug. Und Gesang, naja, sagen wir lieber Stimme. Man könnte über die musikalische "Qualität" (ganz große "") noch hinwegsehen, falls das Album besonders innovativ, einfallsreich, lustig, ungewöhnlich im positiven Sinne oder was weiß ich wäre, jedoch muss man hier sagen, das passend zum miesen Klang die Stücke durchweg langweilig sind. Man nehme z.B. den "Drei-Minuten-Kracher" (s.o.) Hiking Metal Punks (findet sich auch bei youtube wieder, falls es wen interessiert). Was bitte ist daran "krachend?" Ich weiß es einfach nicht. Von vorne bis hinten schlecht.
    Natürlich wird es genug Hörer geben, die bereit sind, sich einzubilden, das Album wäre in irgendweiner weise gut oder hätte diesen coolen Spirit von damals …. wers glaubt.

    2/10
  5. Anonymous sagt:

    Hmm, mal zu dem Thread "2x volle Breitseite". Das nennt man in der Moderne "Flame-Thread". Die kommen meistens von Kiddy’s, die einfach mal rebellisch sein wollen. Kam mir auch beim Lesen der anderen beiden Reviews so vor. Fast schon peinlich, was die beiden Herren für einen geistigen Dünnschiss von sich geben. Sicher, an der Platte scheiden sich wiedermal die Geister, aber das ist schon seit ihrer Anfangstage so, und das wird sich auch nie ändern. Kein Grund, so einen Müll von sich zu geben. Ich finde die Platte übrigens sehr gut, viel viel besser als FOAD vor allem, welches mir gar nicht so recht gefallen wollte.

    9/10
  6. Anonymous sagt:

    ich denke man sollte sich nich herausnehmen subjektive eindrücke anderer leute zu bewerten.

    schön old school… rotzig produziert… der gesang stört mich etwas…. \"the cult is alive\" hat mir deutlich mehr spaß gemacht. Schlecht ist es nicht… aber auch nicht so, dass ich es übermäßig loben würde. Man kanns zwischendurch mal hören.

    6/10
  7. Anonymous sagt:

    Ich finde das Album gar nicht übel; und sogar lustig. Man kann’s mit Humor nehmen. Und Humor ist etwas, was im Black Metal definitiv viel zu selten vorhanden ist.

    8/10
  8. Erik sagt:

    dass -prophecy- ein stück weiter oben unbedingt recht haben muss, erkennt man schon an der unglaublich kreativen pluralbildung zum wort "kiddy". die beiden "kiddy’s" [sic!], die so frech waren, die neue darkthrone nicht so toll zu finden, sind familienväter jenseits der 30.

    3/10
  9. Anonymous sagt:

    Als ich vor 15 Jahren zum ersten Mal "Where Cold Winds Blow" hörte, habe ich als damaliger Standard-Metal-Hörer mich fast erschrocken und war von der Stimmung, die dieses Lied transportierte, beeindruckt (weniger von der musikalischen Leistung der Verzerrer). Auch wenn Sound etc. von Dark Throne eigentlich heute nicht mehr zu ertragen sind , bleibt der Respekt davor vorhanden. Aber so eine Scheiße wie "Hiking Metal Punks", darüber kann man schon nicht mehr lachen, das tut einfach nur unendlich weh! Im Ohr als auch im Gehirn, es sei denn man zeigt seiner einzig verbliebenen "Old School" Gehirnzelle das Dark Throne Fuck Off. Hat den Vorteil, man spart Geld und kauft nur noch Dark Throne Platten (keine Backkataloge von den Bands bei denen sie klauen), dann bleibt der "Cult" ganz sicher "alive".

    3/10