Die Entwicklung, die DARK SUNS in ihrer vier Alben und eine Demo umfassenden Diskographie hingelegt haben, ist schon erstaunlich. Die Band um Gründerkopf Tobias Gommlich hat in einer überschaubaren Anzahl von Veröffentlichungen gigantische Schritte gemacht und radikale Veränderungen vollzogen, wobei eines immer konstant war: eine gewisse Liebe zum Spiel und zum Unkonventionellen. Dabei scheint es auf den ersten Blick gar nicht so eigenwillig, auf das Prog-Rock-Ross aufzusteigen, schließlich ist das ja eine Strategie, die schon einige andere Bands mit Wurzeln in der härteren Metal-Schiene für sich entdeckt haben. Orgeln und jazzige Spielereien finden sich bei ENSLAVED, OPETH und ganz besonders bei ULVER (wo sie ja mittlerweile zum festen Programm geworden sind), um nur einmal drei besonders prominente Beispiele zu nennen. Mit „Orange“ haben DARK SUNS nun ein Album veröffentlicht, das sich aus dem vollen Prog- und Retro-Programm bedient: Orgel, Klavier, herzerwärmende KING-CRIMSON-Psychedelik, etwas Stoner-Rock hier, etwas FRANK ZAPPA und DEEP PURPLE dort. Dazu noch Funk-Einschübe und einen schier unüberschaubaren Haufen Spielereien.
Was „Orange“ zu einer besonders hörenswerten Veröffentlichung macht, ist die Art, auf die Band es versteht, die nostalgischen Komponenten auf eine ungeheuer dynamische, unerwartete und gewinnende Art und Weise zusammenzufügen. DARK SUNS zeigen sich auf ihrem neuen Album als wirkliche Meister ihres Metiers, die ungewöhnlichen musikalischen Herangehensweisen nicht abgeneigt sind. Ob es nun mächtige Refrains wie in „Elephant“, introvertiertere und verschachtelte Passagen wie in „Ghost“ oder Wechselbäder aus popiger Prägnanz, solidem Rock-Flair und drängelnden Dissonanzen sind („Vespertine“), die Jungs überraschen den Hörer mit einem intelligenten Kunstgriff nach dem anderen. Das Material gewinnt dadurch eine atemberaubende Dichte, Vielfalt und Energie, die sich kaum erschöpfen möchte. Schon alleine davor ziehe ich meinen Hut!
Auch die Produktion von „Orange“ besticht durch ihre genau getroffene Transparenz und den dabei doch durch und durch organischen Klang der einzelnen Instrumente. Die Art, wie die Gitarren- und Schlagzeugspuren in das Gesamtbild eingearbeitet sind, verdient wirklich ein besonderes Lob. Überflüssig zu erwähnen, dass DARK SUNS sich auch instrumentell nicht mit halbgaren Sachen zufriedengeben und hervorragende Arbeit leisten. Jeder Ton sitzt, die Rhythmen sprudeln vor Energie und man merkt ständig, dass die Band optimal aufeinander eingestimmt ist. Gibt es da eigentlich noch irgendetwas Nennenswertes zu kritisieren?
Nicht wirklich. Man könnte, wenn man das Haar in der Suppe unbedingt suchen wollte, behaupten, dass DARK SUNS in ihrem Gesamtauftritt noch etwas homogener werden könnten. Aber wozu? Es ist ja gerade dieses Wilde, Unangepasste und etwas Sprunghafte, das die Musik so einnehmend macht. Reden wir also nicht lange um den heißen Brei herum: „Orange“ ist ein hochoriginelles, farbenfrohes und fabelhaft produziertes Prog-Rock-Album, das ich jedem Freund der Spielart unbedingt ans Herz legen möchte.
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