Dark Sun - The Dark Side

Review

Das ist so eine Melodic-Metal-Platte für Daheimgebliebene. Wir sprechen über die Knaben, die die dreißiger Marke längst überschritten haben und noch im Hotel „Mama“ logieren. Solche Jungs werden am Frühstückstisch meist von der Frau Mutter mit „Marmelade oder Gelee?“, „Butterbrot oder Kuchen von gestern?“, „Willst du lieber Kaffee oder Tee?“, „Große oder kleine Tasse?“, „Soll ich dir Rührei machen?“, „Mit oder ohne Zwiebeln?“, „Willst du vielleicht Schinken rein? Lieber Speck?“ oder gar „Dein grünes Oberhemd kannst du heute nicht anziehen!“ liebevoll zur Weißglut genervt. Dazu liefern DARK SUN den entsprechenden Soundtrack. Der ist auch liebevoll. Und nervt, wenn er über die gesamte Distanz gehört wird.

Beim Anblick des Covers ist man durchaus noch versucht zu sagen: „Aha! So sieht also eine Plakatwerbung für spanischen Stahl aus… da können sich die Solinger Messermanufakturen ja mal ne Scheibe abschneiden!“ Aber so kuschelig sind Schwerter dann doch nicht. Zwar spült der Fünfer seine Songs nicht ganz so weich wie das Gros der Konkurrenz (wir denken mit Grausen an einige der italienischen Vertreter des Genres), aber ein zu geringer Teil fällt dabei ausreichend metallisch aus. Hat also den Anschein, dass die unzureichend bekleidete Dame vom Cover da mit nem Plastikschwert spielt. Die Keyboards erhärten dann den Verdacht, dass hier ganz doll auf nervigste Art und Weise auf die Schnulztube gedrückt wird. Zwar kann der mit einer melodisch-variablen Stimme gesegnete Fronter so Einiges an Zuckerguss vom Tastenmann wettmachen, doch an den unmöglichsten Stellen verklebt die Heimorgel wieder die Gehörgänge. Und dann klaut man noch frech bei MEGADETH und modelt deren „Killing Road“-Riff zum Intro von „Slaves Of Fear“ um und verwurstet es auch im weiteren Songverlauf. Interessanterweise stellt dieses Stück auch gleich einen härtetechnischen Höhepunkt des Albums und gleichzeitig die reifste Songwriter-Leistung dar. „Prisoners Of Hate“, bei dem RAGEs Peavy Wagner Gast-Vocals beisteuert, kann aufgrund der im Vergleich zum übrigen Album größeren Härte auch wieder ein bisschen punkten, kommt aber alles in allem wie eine verseifte STEEL PROPHET-Hommage daher. Die restlichen Songs kranken an nicht sonderlich einprägsamen Chören, dem stellenweise allzu erdrückenden Bombast und den laschen Riffs, die zwischen bemüht und kitschig schwanken. Wäre Eros Ramazotti Spanier, würde er vielleicht Songs für DARK SUN schreiben.

Während Mamas Liebling also mal wieder ein schnuckeliges Frühstückchen vorgesetzt bekommt, verkleistert ihm und Mutti die Platte ganz beiläufig die Murmel mit belanglosem Trallala. Ausziehen, Junge! Das alles kannst du Mama nicht antun…

26.09.2007
Exit mobile version