Dark - Seduction

Review

Das nennt man perfektes Timing: Hatte ich vor wenigen Tagen die Debut-CD von Dark (Endless Dreams of Sadness) verkauft, weil mir die ewig gleichen Keyboardpassagen in jedem Song doch zu sehr auf die Nerven gingen, erreicht mich jetzt die neue CD von Dark: Seduction. Produzierten und vertrieben Dark ihre erste CD im Jahre 1996 noch selbst (sie wurde 1997 von GUN wiederveröffentlicht), entstand Seduction nun vollends unter GUN Records. Innerhalb der zwei Jahre, die zwischen den Alben liegen, hat sich die Band stark weiterentwickelt. Merkmale, die einem sofort ins Ohr stechen, sind die neben der erhöhten Geschwindigkeit und gesteigertem Druck die erweiterten Keyboardpassagen, die nun nicht mehr aus einer ständig wiederholten Passage bestehen, sondern so variieren, daß sie Klangteppiche erschaffen, die noch am ehesten mit Tiamat’s Wildhoney, The Gathering’s Nighttime Birds oder Theatre of Tragedy verglichen werden können. Diverse verspielte Elemente hat man auch noch eingebaut, so daß der Sound erheblich voller wirkt und man den Eindruck hat, daß man bei jedem erneuten Hören Elemente entdeckt, die man zuvor übersehen hat. Die CD dürfte dadurch nicht so schnell langweilig werden, wie Endless Dreams of Sadness. Als weiteres neues Element kamen – was viele von euch sicher mit Schrecken empfangen werden – cleane, leicht kratzige Vocals von Gitarrist Mathias hinzu. Seit dem Erfolg von Sentenced nehmen ja viele Bands diese Art von Gesang in ihre Musik mit auf, manche mit mehr, manche mit weniger Erfolg (oder Können). Etwa 35% der gesamten Vocals sind clean, was schon hart an der Grenze zum nervenden Element hin rangiert. Zusammen mit dem bekannten Grunzen von Michael und den in manchen Songs auftauchenden weiblichen Gesangseinlagen von Lisa Mosinski ergibt das aber dennoch eine interessante und abwechslungsreiche Mischung, die den Sound der Band um ein wertvolles Element bereichert. „Broken Down“, der vierte Song, beweist das eindrucksvoll, denn hier tauchen nacheinander alle drei Vocals auf, was einfach nur gut klingt, wenn Lisa’s Stimme vielleicht auch ein wenig zu kraftvoll für die ansonsten eher melancholisch dahinschwebende Musik ausfällt. Nun zu den negativen Dingen dieses Albums: Dark verlieren sich teilweise zu sehr in Keyboardsounds und das Drumming und eh nicht sonderlich von Energie geprägte Gegrunze treten so sehr in den Hintergrund, daß sie mit dem Keyboard verschmelzen und vollkommen untergehen. Nervten auf dem Debut in solchen Momenten die Keyboards, so sind es auf Seduction die cleanen Vocals. Ist ein Song an sich schon recht ausdruckslos und schwimmt ohne Höhen und Tiefen vor sich hin, so verstärken gleichförmige cleane Vocals das natürlich. Zu diesen bereits nach dem fünften Durchlauf nervenden Songs gehören „Bloodred Sunrise“, „Love and Seduction“, „This Falling Veil“ und „Shadowdancer“, also abzüglich der Intros und Outros knapp die Hälfte der Songs! Das ganze wiegt natürlich nicht so schwer, da man eine CD eher selten 5x oder öfter hintereinander hört, aber es wird sich zeigen, ob Seduction auch nach einem Monat noch überzeugen kann. Die Produktion ist recht gut, teilweise aber zu basslastig. Selbst wenn ich den Sound der CD direkt auf die Boxen lege, also nicht durch Bass, Höhen oder anderen Spielchen verändere und die Lautstärke etwas erhöhe, ertönen aus den Boxen die Frequenzen, die die Wände zum Vibrieren bringen und die Nachbarn erfreut den Klängen lauschen lassen, die aus ihrem Kronleuchter erschallen. Das habe ich bisher nur bei Samael’s „Into the Pentagram“ erleben dürfen und dürfte Freunde der eher günstigen Anlagen nicht erfreuen :). Leider kommen manche Elemente dieser CD erst ab einer gewissen Lautstärke voll zur Geltung, so daß sich der Bass dann als sehr störend entpuppt. Textlich haben Dark zum Glück Abstand genommen von den teils plumpen sozialkritischen Elementen und präsentieren eine kleine, gefühlvolle Reise durch Ängste, Träume, und Wünsche, die allesamt ein traurige und depressive Stimmung hinterlassen. In den Texten geht es unter anderem um Naturereignisse („Dark Clouds Rising“), Zerstörung der Erde („Bloodred Sunrise“), Liebe („My Desire“ und „This Falling Veil“) und Tod („Sands of Time“). Hierbei fällt vor allem negativ auf, daß die Vocals, allen voran die cleanen, von der Atmosphäre her teilweise einfach nicht zu den Lyrics passen. Auch die Keyboards bewegen sich oft in sehr hohen Tonlagen, was insgesamt eine eher positive Stimmung vermittelt und was auch absolut nicht zu traurigen oder nachdenklichen Texten paßt (Song 07, „Sands of Time“!!!). Dieses Album ist irgendwie nicht stimmig. Auf der einen Seite gibt es Songs wie „Broken Down“ oder „Sands of Time“, die auf ganzer Linie überzeugen können. Auf der anderen Seite gibt es einfach viele den Gesamteindruck störende Elemente. Da wären die oft sehr unpassenden cleanen Vocals, Musik, deren Atmosphäre nicht zu den Texten paßt, nervend oft wiederholte Keyboardpassagen, die den Song unnötig in die Länge ziehen und ähnliches. Das alles erschlie&szlig:t sich einem aber erst, wenn man die CD mehrere Male durchgehört hat. Der erste Eindruck ist vollkommen begeisternd! Nur bei längerem Hören treten diese Schwächen immer weiter in den Vordergrund, bis sie die guten Seiten verdecken und die gesamte CD nur noch nervt. Aus diesem Grund nur sieben Punkte statt acht oder neun. Wer aber auf keyboardversetzten Death Metal mit cleanen männlichen und weiblichen Vocals im Stil von Crematory und Theatre of Tragedy steht, sollte auf jeden Fall einmal reinhören! Dark werden das Material dieser CD das erste mal auf den Out of the Dark Festivals im Herbst präsentieren. Man darf gespannt sein, wie ihr Auftritt aussehen wird. Beim letzten OOTD traten Dark als Opener auf, stellten aber ganz klar eine der besten Bands des Abends dar!

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1 Kommentar zu Dark - Seduction

  1. Fenris sagt:

    Eine der Scheiben, die mir heute peinlich sind, die jemals gutgefunden zu haben. Naja, man hat sich halt seinerzeit vom ausufernden Gothic Metal-Hype etwas anstecken lassen. Würde ich auf eine Stufe mit Crematory stellen, was ja wohl niemand als Qualitätsmerkmal versteht, oder?

    3/10