Dark Moor - Tarot

Review

DARK MOOR? Hatten die nicht mal eine Sängerin? Und arbeiten die nicht mit dem Produzenten der Power Metal-Tragödie RHAPSODY zusammen? Und kommen die nicht aus Espagna? Wer hier dreimal begeistert mit lautem „Ja“ antwortet, kann auf eigene Gefahr weiterlesen, der Rest wartet besser gleich auf die neue ManOwaR, soviel vorweg…
„Tarot“ nun nennt sich das neueste Opus dieser seit 1999 existierenden Band. Es beschäftigt sich mit dem Legen von Karten, soll esoterischen Geist atmen, magisch wirken und nicht zuletzt das Leben selbst reflektiert werden, wie uns die Band freudestrahlend erklärt. Da warten wir doch nun erstrecht gespannt auf die musikalische Umsetzung…

Diese beginnt mit einem Intro, das HERR-DER-RINGE-kompatibel ist, schwebend-düstere Klänge, netter Kitsch also schon gleich zu Anfang.
Der folgende Opener „The Chariot“ könnte zunächst durchaus von ABBA sein, und das meine ich ernst, der kurz darauf einsetzende Männergesang erinnert in Pathos und Schwülstigkeit an MEAT LOAF, NIGHTWISH-Sänger Marco und JIM STEINMANN. Die Keys werden schwelgend eingesetzt, bisweilen auch abgehackt, CHILDREN OF BODOM haben das auf der „Hatebreeder“-Scheibe ja bis fast zur Schmerzgrenze ausgereizt, waren dabei aber viel songdienlicher, aggressiver und besser, hier klingt alles wie RONDO VENEZIANO, Mozart-Metal eben. Also nicht gerade umwerfend, dieser Einstieg.
„The Star“ ist ähnlich (um nicht zu sagen genauso) aufgebaut, der Stierkämpfergesang wird inbrünstig intoniert, nicht allzu variable Plastikdrums geben den gleichförmigen Takt vor, die Gitarren bleiben immer butterweich, schwabbelig, die Keys tröten dagegen unbehelligt in den Raum.
„Wheel Of Fortune“ erinnert anfangs erneut an CHILDREN OF BODOM oder die „Enthrone“-Phase von DIMMU BORGIR, allerdings nur solange, bis der jaulende Gesang einsetzt… Hätten die nicht den Vocalist von BREED 77, HEROES DEL SILENCIO oder am besten von BERSERK einbauen können? Soll heißen, so abgeschmackt auf ausgetretenen Pfaden hätte es nun wirklich nicht sein müssen. Manches könnte von DORO oder neueren SCORPIONS sein, so kommerziell anbiedernd werden Musik und Gesang eingesetzt. Es muß alles nett, rund, glattgeschliffen klingen, aufmerksam braucht keiner zu sein, Wellness-Musik halt.

„The Emperor“ soll wohl an „Carmina Burana“ erinnern, längst nervt das Operetten-Gejaule so sehr, das das Durchhören schwerfällt, der „Skip-Reflex“ muss mühsamst bezähmt werden. Tatsächlich gibts ganz kurz das, was DARK MOOR wohl für gruselige Stimmen halten, läppisch das. Und so gehts munter weiter, ohne Sinn und Verstand. In „Devil In The Tower“ zeigt der Vocalist, dass er wie eine Frau intonieren kann, dieser Song klingt wie die Quintessence aus allem Kram davor, fürchterlich. Der Refrain ist absolut unhörbar, Weihnachtsglöckchen runden ihn beschaulich ab. „Death“ beginnt endlich mal mit Speed, so klangen Bombast-Black-Metal-Kapellen gerne um 1998, was allerdings schon damals nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss war. Dann die Vocals, die Laune verfinstert sich nun zusehends, danach muß unbedingt was brutales gehört werden, CANNIBAL CORPSE am besten. Denn diese Musik kann nur für echte Kastraten geeignet sein. Oder für Freunde drittklassiger Musicals, sollte es hier welche davon geben.
Die Besprechung von „Lovers“ (gräßlich, absoluter Tiefpunkt), „The Hanged Man“ und der BEETHOVEN-Adaption „The Moon“ erspar ich mir an dieser Stelle, nur soviel: RAINBOW und ACCEPT haben den Klassiker mal spielerisch und mit viel mehr Liebe zum Detail erheblich besser zitiert.

Diese fast sechzig qualvollen Minuten sind mir viel zu sehr an der Opernphase solch zweifelhafter Vorbilder wie VIRGIN STEELE, SAVATAGE („Streets“), MEAT LOAF und NIGHTWISH orientiert. Eine eigene Linie fehlt völlig. Die Produktion ist auf Pomp getrimmt, scheppernd, RHAPSODY-like. Eigentlich könnte man diese eigenwillige Mischung auch simpel als Pop mit Song-Contest-Charakter bezeichnen. Daher gibts von mir drei Punkte, einen fürs Herzblut des Einspielens der CD, einen dafür, dass sie BEETHOVEN kennen und einen dafür, dass sie theoretisch Gitarre spielen könnten, wenn sie es denn wollten.

23.01.2007
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