Dark Millennium - Midnight In The Void

Review

Auf ein neues Album von BLIND GUARDIAN muss man schon mal fünf Jahre warten, bei METALLICA nimmt man auch mal acht Jahre („Lulu“ zählt nicht!) in Kauf, und bei GUNS N‘ ROSES gingen stolze 17 Jahre ins Land. Das alles wird jetzt aber ganz locker getoppt von DARK MILLENNIUM, denn deren Comeback „Midnight In The Void“ wurde von den Anhängern seit nunmehr 23 (!) Jahren herbeigesehnt. Und nun, als eigentlich keiner mehr damit rechnete, ist es plötzlich da. Hat sich die Warterei wenigstens gelohnt?

Zurück aus dem Nebel

Und ob, auf jeden Fall! Anfang der 90er Jahre galten DARK MILLENNIUM als eine der Hoffnungen der deutschen Death-Metal-Szene, lösten sich aber leider bereits nach zwei Alben wieder auf. (Mehr dazu erfahrt ihr in unserem Interview.) Doch nun sind die Hochsauerländer überraschend wieder am Start und präsentieren endlich ihre dritte Reise in die Tiefen der menschlichen Psyche. Und weil die Band schon immer anders als die anderen war, startet man nach einem unheilvollem Intro gleich mal mit dem sehr interessanten aber sperrigen „Strigoi Moon – Slave To The Void“. Aber etwas anderes, also einfach und geradlinig, durfte man auch nicht ernsthaft erwarten. Der Song hätte auch auf dem Zweitling „Diana Read Peace“ seinen Platz gefunden. Und schon hier merkt man überdeutlich, mit wie viel Liebe zum Detail DARK MILLENNIUM zu Werke gehen, wie viele Ideen in den einzelnen Liedern stecken und wie man immer wieder sehr geschickt das Tempo variiert. Das trifft auch auf das teilweise cool rockende „Insanity Suck System“ zu, ein Track fast wie aus seligen „Ashore The Celestial Burden“-Tagen. Wie nennt man eigentlich diese Art von Musik? Progressive Death, Avantgarde Death, oder eigentlich Gar-nicht-Death? Sehr schwierig zu sagen und einzuordnen. Auch „Midnight In The Void“ bietet erneut größtenteils schwer verdauliche Kost. Probieren wir es einfach mal anders und versuchen Referenz-Bands zu nennen. Da fallen einem recht schnell mal MORGOTH zu „Odium“ – oder „Feel Sorry For The Fanatic“-Zeiten ein, deutlich zu hören bei „Something To Die For“. Wobei dieser Song für DARK MILLENNIUM-Verhältnisse fast schon super eingängig ist. Oder aber man denkt an CYNIC und ATHEIST wie bei „Dressed For Suicide“, der Song ist schon ziemlich jazzig angehaucht.

In der eigenen Nische ist es doch am schönsten

Trotzdem muss man ganz deutlich sagen, dass diese Band auch 2016 ihren ganz eigenen Weg geht. Beispielhaft dafür stehen der geniale ruhig-atmosphärische Beginn von „The Failure“ oder das unverschämt schräg rockende „Looking Good Dead“. Zwischendurch findet man jedoch auch immer wieder eingängige Parts. Die Band fordert ihre Fans nach wie vor. Dennoch hat man nie das Gefühl, das man Schrägheit nur um der Schrägheit willen einsetzt, alles wirkt komischerweise trotzdem verstörend natürlich. Mit „Rats Leading Rats“ geht man nicht nur deutlich zurück in die eigenen Anfangstage sondern präsentiert gleichzeitig auch ein absolutes Highlight des Albums. Natürlich ist dieser Titel deutlich von MORGOTH beeinflusst, aber viel vertrackter und unheimlich zäh, düster und erdrückend. Der knackige Smasher „Love Sucks“ ist hingegen einer der härtesten Songs und kommt live sicher gut rüber.

„Set In Motion“ kehrt dann nicht nur erneut zurück zu Diana-Zeiten sondern überrascht mittendrin mit einem poppig-eingängig-einschmeichelndem Part. Überrascht? Ok, das trifft sicher nur zu, wenn man die Band nicht kennt, denn an irgendwelche Genre-Konventionen hat man sich schließlich schon früher nicht gehalten. DARK MILLENNIUM lassen sich einfach in keine Schublade pressen, auch nicht mit aller Gewalt. Daher können einen auch die Industrial-Einflüsse in „Headache Machine“ kaum ernsthaft verwundern. Für den Abschluss der Scheibe haben sich die Jungs mit „From A Thousand Years Of Yore“ dann noch etwas ganz besonderes aufgespart. Damit ist allerdings nicht gemeint, dass dieser Song gut 17 Minuten lang ist und nochmal nahezu sämtliche Spielwiesen abklappert. Aber nachdem das Werk dann eigentlich schon langsam beendet scheint, kommt die Überraschung: Klargesang, das gab’s bisher so noch nicht. Und nachdem man sich dann damit als durchaus passenden Abschluss arrangiert hat, reißt die Band nochmals das Ruder herum und gibt Gummi, dann ist Feierabend.

Irgendwie vertraut und doch anders

DARK MILLENNIUM hatten im Vorfeld eine Mischung aus ihren bisherigen beiden Scheiben angekündigt und haben Wort gehalten. Dabei ist „Midnight In The Viod“ natürlich etwas mehr „Diane Read Peace“ als „Ashore The Celestial Burden“, aber das war zu erwarten. Und wer vor allem mit der zweiten Scheibe der Bad Fredeburger im Laufe der Zeit warm geworden ist, der wird die neue ganz sicher schnell ins Herz schließen. Da freut man sich jetzt schon auf unzählige Durchläufe, bei denen man todsicher jedes Mal neue Details entdecken wird. Diese Scheibe wird definitiv wieder Zeit brauchen, denn das hier ist genau das Gegenteil von einem schnell mal eben eingezimmerten Comeback. Da steckt unheimlich viel Arbeit und Detailverliebtheit dahinter. Passend dazu setzt man auch auf einen warmen und äußerst klaren Sound. DARK MILLENNIUM waren damals und sind nun zum Glück wieder eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Metal-Landschaft.

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14.10.2016

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4 Kommentare zu Dark Millennium - Midnight In The Void

  1. Weedy Gonzales sagt:

    Puh, das Denglisch des Sängers macht es mir echt schwer…

    1. Christian Popp sagt:

      Mit sowas wurde Klaus Meine immerhin Weltstar…

      1. Weedy Gonzales sagt:

        Ich weiß nicht woran es liegt, aber beim Meine Klaus springt mir das irgendwie nicht so ins Gesicht.
        Liegt auch nicht daran das ich eher der Hardrock-Hörer bin. Ganz im Gegenteil, eigentlich regiert hier der Death.
        Trotzdem hör ich jetzt erstmal World Wide Live…. Danke fürs wieder mal draufbringen 😉

  2. Christian Popp sagt:

    Der gute Klaus wurde jedenfalls (früher) dafür kritisiert, aber egal.
    „World Wide Live“ geht immer, und dann übernimmt wieder DM das Zepter, wie bei mir..!